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Spaghetti in flagranti

Spaghetti in flagranti

Titel: Spaghetti in flagranti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angela Troni
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dieser miese Hund auch diesmal wieder davon. Seine Anwälte haben gegen die vier Jahre Haft Revision eingelegt und werden den Prozess so lange hinauszögern, bis die Straftaten verjährt sind. Wie immer!«, versuchte ich das allzu positive Bild meiner nonna geradezurücken.
    »Monti wird es auch nicht hinbeko…«, setzte babbo unter lautstarkem Protest meiner Mutter an, da verstummte das Geschrei abrupt.
    Das Telefon klingelte. Ein Wunder, dass wir es bei dem Lärm überhaupt gehört hatten, zumal auch noch der Fernseher lief. Da meine Großmutter mitten im Disput aufgestanden war, um Kaffee aufzusetzen, ging babbo ausnahmsweise selbst an den Apparat.
    Normalerweise herrscht bei uns während der Mahlzeiten absolutes Telefonverbot, was die Zwillinge regelmäßig an die Grenzen ihrer Belastbarkeit bringt. Nur zu oft täuschen sie vor, aufs Klo zu müssen, um heimlich SMS verschicken zu können, oder haben das telefonino beim Essen auf dem Schoß liegen, auf stumm geschaltet. Wenn unser Vater es merkt, ist jedes Mal der Teufel los und das Corpus Delicti wird unter lautem Protestgeheul konfisziert.
    Jedenfalls brach babbo an besagtem Samstag seine eigene Regel und lauschte mit versteinerter Miene dem Anrufer, ehe er mir das Telefon reichte.
    »Für dich«, sagte er nur.
    In der Annahme, es sei Vale, ging ich ran und sagte fast schon genervt: »Ciao, was gibt’s? Wieso rufst du mich nicht auf dem Handy an?«
    »Ciao, Angela«, schallte es mir entgegen, und ich wäre vor Schreck fast vom Stuhl gefallen.
    Ich sprang auf und stürmte nach nebenan, gefolgt von fünf Augenpaaren, von denen eines kritisch funkelte, während in den anderen vier in Großbuchstaben geschrieben stand: WER IST DAS ? Im Wohnzimmer ließ ich mich auf die Couch fallen und versuchte erst mal, meine Schnappatmung wieder unter Kontrolle zu bekommen.
    »Otto …«, sagte ich dann.
    Da malte ich mir seit Monaten aus, wie es sein würde, endlich wieder diese Stimme zu hören und dem dazugehörigen Mann all das zu sagen, was ich ihm schon immer hatte sagen wollen, ihm meine Liebe zu gestehen und wie sehr ich ihn vermisste, oder ihn zu fragen, ob er mit mir nach Australien auswandern wolle, und als ich endlich die Möglichkeit dazu hatte, sagte ich genau ein Wort: Otto. Mehr nicht.
    Sehr geistreich!
    Bevor ich mir über meine Zurechnungsfähigkeit Gedanken machen konnte, sagte Otto: »Na, wie geht’s? Alles klar bei dir?«
    Um Himmels willen, da rief dieser Kerl endlich an, und statt mir ohne lange Vorreden einen Heiratsantrag zu machen – eine Liebeserklärung hätte ich fürs Erste natürlich auch akzeptiert –, begann er allen Ernstes Smalltalk zu machen.
    »Was …? Wieso …? Ist was passiert?« Ich war völlig perplex, dass er tatsächlich angerufen hatte, und hatte nur eine Erklärung: Es musste irgendein schreckliches Unglück geschehen sein.
    »Nein, nein, es geht allen gut. Ich soll dich übrigens schön grüßen, von Beate und Isabelle und den drei Jungs aus deiner WG . Sogar von deinem Lieblingsmitbewohner Friedrich, stell dir vor.« Die Ironie in seiner Stimme war nicht zu überhören.
    »Ach!« Ich wedelte hektisch mit der linken Hand, bis meine beiden neugierigen Schwestern, die die Köpfe zur Wohnzimmertür hereingesteckt hatten, wieder verschwanden. Dann sagte ich: »Wieso hast du dich denn so lange nicht gemeldet?«
    Im selben Moment hätte ich mir die Zunge abbeißen können. War ich denn bescheuert? Anstatt vor Freude über den unerwarteten Anruf durchs Zimmer zu tanzen, war ich zickig und verlangte eine Erklärung von ihm.
    Otto blieb gelassen. »Das ist eine lange Geschichte«, sagte er und fing an zu erzählen.
    Er berichtete von seiner Familie, bei der er in den letzten Monaten viel Zeit verbracht hatte, seit seine Großmutter schwer erkrankt war. Seine Eltern hatten die völlig geschwächte Frau irgendwann zu sich nach Hause geholt und sie rund um die Uhr im Wechsel gepflegt. Wann immer es möglich war, war Otto nach Passau gefahren, um seine Eltern und seine Schwester zu unterstützen. Vorletzte Woche war die Vierundachtzigjährige schließlich von ihrem Leiden erlöst worden.
    »Das ist ja schrecklich«, unterbrach ich ihn. »Mein aufrichtiges Beileid.«
    »Danke dir, es war sicher besser so. Sie hat schon sehr leiden müssen am Ende.«
    »Wenn ich das gewusst hätte …«, sagte ich nur.
    »Aber das ist nicht der Grund für meinen Anruf«, sagte Otto, und ich krampfte die Hand um das Telefon, bis sie schmerzte. Er

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