Spanier zum Frühstück-Hauptsaison (German Edition)
Rajneesh angeschlossen hatte und nach Bombay
gegangen war. Er erzählte mir von seiner Zeit in Indien, von den vielen Drogen
und Exzessen, aber auch von vielen guten Gesprächen und einer
Lebensphilosophie, welcher er seitdem immer noch folgen würde. Markus erklärte
mir auch, dass Bhagwan ihn gelehrt habe, dass man seine sexuellen Gefühle nicht
unterdrücken, sondern dankbar dafür sein sollte. Sie seien ein Geschenk und Sex
wirke befreiend. Nun, ich hatte mich nie mit Bhagwans Lehren
auseinandergesetzt, aber in diesem Punkt konnte ich ihm durchaus zustimmen.
>>Trotzdem hast du mich nicht
angefasst — immerhin haben wir uns zweimal ein Zimmer geteilt<<, bemerkte
Markus daraufhin und warf mir einen Blick von der Seite zu.
>>Mich interessiert, was du zu
sagen hast — nicht, was du in der Hose hast. Was das angeht, bist du einfach zu
alt für mich<<, antworte ich ehrlich.
>>Zu alt?<<, wiederholte
Markus und fragte dann, für wie alt ich ihn denn hielte.
>>Vielleicht Ende vierzig, oder
ein bisschen älter?<<, log ich, denn in Wahrheit schätzte ich ihn auf
mindestens fünfundfünfzig. Markus war empört.
>>Mann! Ich bin 42!<<
Ich wollte ihm das nicht glauben,
denn ich wusste, dass Detlef ebenfalls 42 Jahre alt war und Markus war ja
immerhin der Ältere von beiden.
>>Ja<<, lachte Markus.
>>Ich bin in der Tat der Ältere — genaugenommen 27 Minuten älter!<<
Er sah mein erstauntes Gesicht und
fuhr fort: >>Das hättest du jetzt nicht gedacht — dass Detlef und ich Zwillinge, zweieiige Zwillinge sind?!<<
Ich schüttelte den Kopf.
>>Tja<<, sinnierte Markus
daraufhin. >>Wer hätte gedacht, dass Detlef mal der Kleinere und
Schwächere von uns beiden gewesen ist. Aber wahrscheinlich ist das auch der
Grund, warum unsere Mutter ihn dann so verhätschelt und vertätschelt und
immerzu gefüttert hat! Und wahrscheinlich ist das wiederum der Grund dafür,
warum Detlef als Erwachsener so geworden ist, wie er ist!<<
Ich wusste, dass Markus damit auf
Detlefs Egozentrismus anspielte. Markus war ein komplett anderer Typ als sein
Bruder, nicht nur rein äußerlich. Zwar war Markus ebenfalls sehr groß, genau
wie Detlef, aber keineswegs fettleibig und auch vom Charakter her, hätten die
beiden wohl kaum unterschiedlicher sein können!
Markus erzählte mir auch, dass er
jahrelang drogensüchtig gewesen sei, was wohl auch der Grund dafür wäre, dass er
wesentlich älter aussehen würde, als er war. Die Idee mit den Kaffeefahrten
stammte übrigens von ihm und er hatte schon während seiner Studienzeit damit
angefangen, sich auf diese Weise etwas nebenbei zu verdienen. Nur dass sein
Bruder diese Idee später noch perfektioniert hatte. Ich wollte wissen, was er
in Jugoslawien gemacht habe, denn dort hatte er sich ja aufgehalten, als
Maurice Kontakt zu ihm aufnahm.
>>Nichts<<, meinte Markus
ein wenig gedankenverloren. >>Ich habe einfach nur so in den Tag hineingelebt.<<
Dann fragte er mich, was Natascha
damit gemeint hatte, als sie sagte nachdem was du mit Eduardo Junior
angestellt hast. Doch ich antwortete nicht darauf. Wir fuhren eine Zeitlang
schweigend weiter und nachdem wir die Plätze getauscht hatten und ich wieder
eine Weile fuhr, fragte Markus mich plötzlich, ob meine Eltern noch leben
würden.
>>Ja natürlich leben sie noch.
Das heißt mein richtiger Vater ist tot, aber ich habe einen Stiefvater.<<
Markus nickte und sagte, er habe auch
nur deshalb gefragt, weil ich zwar ständig Briefe an eine Freundin schicken
würde, aber nie an meine Familie. Dann sah er mich wieder abwartend an. Ich
seufzte und lachte gleich darauf.
>>Du hättest gut
Psychoanalytiker werden können!<<, sagte ich dann. Doch ich erklärte ihm auch,
dass ich zu meinen Eltern keinen Kontakt mehr hätte, dies aber ganz OK für mich
sei. Ich hatte schon lange akzeptiert, dass meine Mutter mit einem Kind einfach
überfordert gewesen war und ich trug ihr auch nichts nach. Ändern würde es
sowieso nichts mehr und somit war es in meinen Augen bloß verschwendete Zeit
und verschwendete Energie. So gesehen führte ich schon recht lange ein eigenes
Leben und auch das hatte durchaus seine Vorteile und ich fand, dass ich dies —
abgesehen von ein paar kleinen Fehlentscheidungen — auch ganz gut hin bekam!
Was Markus dann jedoch sagte,
überraschte mich ein wenig. Denn anstatt mir sein Beileid auszudrücken oder mir
zuzureden, den Eltern nochmal eine Chance zu geben, immerhin sind es die
eigenen Eltern und nicht bloß irgendwelche Bekannte ,
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