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Spatz mit Familienanschluß

Spatz mit Familienanschluß

Titel: Spatz mit Familienanschluß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Othmar Franz Lang
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etwas Kompott, sie läßt sich irgendwie alles bezahlen, nur damit sie zu essen hat. Ich sag nur, daß ich nicht mit ihm und meinen Puppen spielen möchte, sondern Belagerung des Forts im Wilden Westen. Da handeln wir immer aus, wer welche Rolle übernimmt. Ich bin meist der Fortkommandant, und er ist der Indianerhäuptling. Als zweites machen wir aus, wieviele Soldaten oder Indianer fallen werden. Markus will immer nur ganz wenig Tote. Und wenn ich sage, es müssen doppelt soviel Indianer sterben als Soldaten, da nimmt er all seine Indianer und läßt mich mit meinem Fort und meinen Soldaten allein,
    Markus will nämlich nicht, daß Indianer sterben.

7

    Mit am schönsten an den Tagen am Meer waren die Abende. Nach dem Abendessen ging man noch ein wenig in der Hauptstraße spazieren, wo die Geschäfte trotz der hereinbrechenden Dunkelheit noch geöffnet waren.
    Obwohl in den Schaufenstern fast immer dasselbe zu finden war, standen sie zu fünft davor und guckten sich die Vasen oder Aschenbecher aus Murano an, die hübschen Korallenketten, die aus Rosenquarz oder Amethyst. Sogar vor dem Supermarkt blieben sie stehen, um die bunten Packungen italienischer Teigwaren zu studieren.
    Manchmal fanden sie sich auch in einer Seitengasse bei einem kleinen Laden ein, um zuzusehen, wie Tortellini oder Ravioli oben als Teigklumpen und Fleischpastete in eine Maschine hineingesteckt wurden und unten als appetitlich gefüllte Pölsterchen oder als lieblich zusammengedrehte und geschlungene Knöpfchen herauskamen.
    Der Altamura, der sie einmal von Platane zu Platane und von Pappel zu Pappel begleitet hatte, erzählte Markus zu den Tortellini eine Geschichte:
    Er sagte: »Siehst du die Tortellini?«
    Markus nickte.
    »Dazu hat mir meine Großmutter folgendes erzählt. Es ist die Geschichte, wie sie erfunden wurden. Da war einmal ein Koch, der all die leckeren Sachen, die hier die Maschine fabriziert, noch mit der Hand machte: Ravioli, Tagliatelle, Spaghetti, Penne und was es da alles so gibt.«
    »Und Tortellini nicht?«
    »Die gab’s damals noch nicht. Das ist doch die Geschichte von der Erfindung der Tortellini.«
    »Ach so.«
    »Ja, und im selben Haus gab es ein Mädchen, in das unser Koch unsterblich verliebt war. Tauchte dieses Mädchen in der Küche auf, war der Koch so verwirrt, daß alles schiefging. Er schüttete statt Zucker Salz in den Kuchenteig. Er gab statt Erdbeeren Tomaten auf die Torte. Er zuckerte den Braten und pfefferte das Kompott. Und bei Spaghetti carbonara vergaß er eines Tages die Eier aufzuklopfen und versprudelte sie mit der Schale.«
    Markus lächelte, während er den Blick nicht von der chromblitzenden Maschine wandte, aus der unten ohne Unterbrechung die frischen Tortellini purzelten. »Wie hieß das Mädchen?« fragte Markus.
    »Welches Mädchen?« fragte Mama.
    »Das, das immer in die Küche kam.«
    »Welches Mädchen kam immer in die Küche?«
    »Ach, Entschuldigung«, sagte Markus, »das weißt du ja nicht.«
    »Das Mädchen hieß Anna, aber ich weiß nur den Vornamen«, verriet Lucas.
    »Wirklich, Anna?«
    »Wenn ich es dir sage. Ja, und eines Tages, der Koch hatte seinen freien Tag, da ging er ans Meer, um zu baden. Es waren die Zeiten, da die Strände noch leer waren, auch im Sommer, leer, und meilenweit war kein Mensch zu sehen. Ja, das sollte ich vielleicht noch sagen, der Koch war kein Hotelkoch, sondern ein Herrschaftskoch, und die schöne Anna, in die er so verliebt war, war Dienstmädchen in dem Palazzo.
    Der Koch badete also, schwamm aus der kleinen Bucht hinaus, und als er wieder an Land ging, da lag Anna im Sand vor ihm. Ihr Bild traf ihn wie ein Blitz. Bevor sie sich mit ihrem Kleid verhüllte, hatte er jedoch ihren Nabel gesehen und der war unvergleichlich schön.«
    »Wieso nur den Nabel?« fragte Markus. »Hatte sie einen Bikini an?«
    »So genau weiß ich das nicht, vielleicht hat er auch anderswo nicht hingesehen. Es heißt jedenfalls, daß er von ihrem Nabel so entzückt war, daß er immerfort daran denken mußte. Als er das nächstemal Ravioli machen wollte, war ihm diese Arbeit zu eintönig und zu langweilig, er füllte die Teigstückchen mit der Fleischfüllung und versuchte immer wieder, den gefüllten Teig so zu formen, daß er dem Nabel seiner angebeteten Anna gleichsah. So entstanden, sagt meine Großmutter, die Tortellini.«
    »Hat er sie geheiratet?«
    »Wer hat wen geheiratet?«
    »Ich meine, ob der Koch die Anna geheiratet hat.«
    »Das hat meine Großmutter nie

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