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Spaziergang im Regen

Spaziergang im Regen

Titel: Spaziergang im Regen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Barnard
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obwohl er derjenige war, der fast seit vierundzwanzig Stunden auf den Beinen war.
    Shara starrte ihn an und wunderte sich, warum sie nichts empfand, noch nicht einmal Verärgerung über die überhebliche Tirade, die Derek vom Stapel gelassen hatte, sobald er sie entdeckt hatte. Es hatte sich nicht dafür entschuldigt, dass er ihre Reise unterbrach oder sie hatte warten lassen, nur anhaltend gejammert. Er war noch immer gutaussehend, sogar in dem zerknitterten Hemd, der Khakihose und dem Haar, das ihm unordentlich in die Stirn fiel. Sie fragte sich, ob diese lässige, zerzauste Eleganz bei reichen Leuten angeboren war. Seine Züge waren ihr vertraut, aber das tröstete sie nicht. Es hatte eine Zeit gegeben, in der allein ihn zu sehen ein Lächeln auf ihr Gesicht gezaubert hätte.
    Derek war all das, was sie nicht war. Angefangen bei seiner gelassenen Lebenseinstellung und seiner Kinderstube in den gehobenen Kreisen, bis zu seinem Mangel an echtem Verständnis für Menschen wie sie, die ehrgeizig waren, weil Ehrgeiz ein ihm fremder Wesenszug war.
    Sie spendete an wohltätige Organisationen, nachdem sie sich über sie informiert hatte und wusste, wieviel sie wirklich benötigten, wem sie halfen und welche Ansichten sie vertraten, während er seinen Buchhalter zu Spenden anhielt, weil sie ihm einen Steuervorteil verschafften. Er konnte nicht verstehen, worin der Unterschied lag.
    Es fiel ihm leicht, Freundschaften zu schließen und auch wieder aufzulösen, wenn jemand Interessanteres auf der Bildfläche erschien, wohingegen sie einige wenige, kostbare Freundschaften pflegte, die Jahrzehnte überdauert hatten.
    Das einzige, was Derek wichtig war, war die Beziehung zu seiner Familie. Sie nahm an, dass dies nur natürlich war, weil seine Erbschaft sicher seinen Treuhandfond noch übertreffen würde, egal wie großzügig bereits der ausgelegt war. Sie, auf der anderen Seite, hatte fast jeden Kontakt zu ihrem Vater verloren, weil sie seinen Erwartungen nicht gerecht geworden war, die er an die Tochter gestellt hatte, die er nach dem frühen Tod seiner Frau allein aufgezogen hatte. Dereks unvoreingenommenes Wesen hatte sie möglicherweise gerade deshalb angezogen, weil es in direktem Gegensatz zu ihrem Vater stand, und sie versuchte sich genau daran zu klammern, während sie damit kämpfte, eine Zuneigung zu empfinden, die sich in den letzten paar Monaten in Luft aufgelöst hatte.
    »Ist was?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein, es war nur ein langer Tag. Du bist doch sicher müde. Komm, der Fahrer wartet draußen. Sein Name ist Tony, und er freut sich schon darauf, dich kennenzulernen.«
    »Du schließt Freundschaften mit den seltsamsten Leuten«, bemerkte er und folgte ihr, als sie davonging. »Aber ich gebe zu, dass es ein langer Tag war. Habe ich dir schon erzählt, dass ich nach Amsterdam im Zwischendeck sitzen musste, weil die erste Klasse voll war?«
    »Mehrere Male«, murmelte Shara. »Da sind wir ja schon«, sagte sie laut und mit aufgesetzter Heiterkeit, als sie Tony entdeckte, der neben dem Wagen auf einem Kurzzeitparkplatz stand.
    Als sich die Türen schlossen und Tony den Motor anließ, legte sich eine ungemütliche Stille über den Wagen, deren Gewicht Shara deutlich spürte, aber die sie nicht zu brechen wusste. Sie erinnerte sich an eine Zeit, als sie sich hätten beherrschen müssen, um nicht übereinander herzufallen. Jetzt grauste ihr davor, dass Derek versuchen könnte, sie zu berühren. Sie hatte keine körperlichen Beschwerden, und ihr fiel keine plausible Erklärung ein, warum sie keinen Sex mit dem Mann haben wollte, der den Rest seines Lebens mit ihr verbringen wollte. Doch sie wollte ihn nicht – zumindest nicht so, wie sie . . . Jessa wollte.
    Shara verscheuchte Jessas Ebenbild aus ihren Gedanken, aber nun gab es nur noch das enge Wageninnere, das Trommeln des Regens auf dem Dach und die wie wild hin und her rasenden Scheibenwischer, die versuchten, dem Fahrer die Sicht freizuhalten. Dereks Gegenwart schien sich auszudehnen und den ganzen Raum auszufüllen, bis sie die Luft aus Sharas Lungen quetschte und sie kaum noch atmen konnte.
    Gerade als sie Tony bitten wollte den Wagen anzuhalten, damit sie hinaus in den Regenguss gehen und tief Luft holen konnte, setzte sich Derek so, dass er sich anschauen konnte. »Kannst du mir wenigstens sagen, was zum Teufel los ist? Ich reise um die halbe Welt, um dich zu sehen, und du dankst mir das mit diesem . . . unpersönlichen Empfang.«
    Shara wurde rot

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