Special Der Zauberbann
übte.
Bald darauf war vom Obergeschoss eine sympathische Frauenstimme zu hören. Als Tims Blick über die breite Marmortreppe hinauf glitt, sah er, wie eine elegante, schlanke Dame im langen, weißen Satinkleid mit hauchzarter Schleppe zu ihm herunterkam. Ihr langes, kastanienbraunes Haar war kunstvoll hochgesteckt und großzügig mit Perlen geschmückt.
»Guten Tag, was führt dich zu mir?«, fragte Yakora mit einladender Geste, als sie Tim gegenüberstand und ihm die Hand reichte.
»Es ist mir eine Ehre, Sie kennenzulernen!« Tim verbeugte sich vornehm. »Ich bin gekommen, weil ich schon viel Gutes von Ihnen gehört habe. Allerdings rechnete ich nicht damit, hier eine noch so junge Frau anzutreffen! Schließlich kenne ich Ihre beiden Töchter Zorxia und Orka, die ebenfalls etwa Ihr Alter zu haben scheinen!«
»Vielen Dank für das nette Kompliment«, sprach die Fee lächelnd, »aber das liegt daran, dass ich das Geheimnis der ewigen Jugend kenne. Man wird mir deshalb niemals mein wahres Alter ansehen. Aber bitte, nehmen wir doch drüben im Kaminzimmer Platz, dort kannst du in Ruhe dein Anliegen erzählen.«
Tim und Yakora setzten sich in den edlen Polstersesseln einander gegenüber, und der Diener servierte ihnen jeweils ein Glas Orangensaft. Dann begann Tim zu berichten.
Nachdem er alles geschildert hatte, schüttelte die Fee traurig den Kopf. »Ich habe immer befürchtet, dass meine älteste Tochter einmal etwas Schlimmes anrichten würde«, gestand sie nachdenklich. »Zorxia war schon als Kind so rücksichtslos wie ihr Vater Torkan. Orka dagegen war immer die Gute, und ich bin stolz auf meine einzige wohlgeratene Tochter.«
Auf einmal standen Yakora Tränen in den Augen. »Ich hätte, seitdem ich hier in Jahem lebe, wenigstens einmal nach meinen Töchtern sehen sollen. Aber ich war in den vergangenen Jahren viel zu sehr mit der Beseitigung von Problemen hier beschäftigt. Ich habe die Kleinwüchsigen unten im Dorf vor einem Krieg mit den bösen Trollen und Kobolden bewahrt. Als bald darauf eine schlimme Säuglingskrankheit ausbrach, hatte ich alle Hände voll zu tun, um auch diese auszumerzen. Und später war ich dann längere Zeit mit dem drohenden Aussterben der Drachen beschäftigt, dem ich zum Glück auch ein Ende bereiten konnte. Es war so viel zu tun …« Sie schüttelte traurig mit dem Kopf. »Es ist entsetzlich, was Zorxia den Menschen in deiner Heimatstadt angetan hat, und ich werde alles in meiner Macht stehende tun, um auch ihnen zu helfen. Wir dürfen keine Zeit verlieren und müssen sofort handeln.«
»Kann ich dabei irgendwie helfen?«, fragte Tim.
»Du hast bereits mehr als genug getan und sogar dein Leben riskiert. Die weitere Arbeit liegt nun bei mir und meinen Helfern.« Yakora nahm eine am Tisch stehende, kleine goldene Glocke und läutete.
Zwei fast engelsgleiche Elben betraten in fein gewebten langen Trägerkleidern den Raum.
»Womit können wir behilflich sein, Herrin?«, fragte eine von ihnen.
»Bitte richtet unserem Hausmeister aus, er möge so freundlich sein und dreimal kräftig zum Vulkanberg hinüber in unser großes Jagdhorn blasen!«
Die beiden Elben verschwanden, und schon bald ertönte das schallende Horn.
»Um den Menschen in deiner Heimat zu helfen, muss ich die tödliche Pestilenz, welche dort herrscht, zerstören und auflösen. Dazu benötige ich einige heilende Magnetsteine, die nur oben in der Nähe der Vulkan-spitze zu finden sind«, erklärte die Fee dem aufmerksam zuhörenden Tim. »Da sich wegen der großen Hitze niemand dem Krater nähern kann, wird uns mein guter Freund Schakkran, der schwarze Drache, behilflich sein. Ihm macht die heiße Lava nichts aus, im Gegenteil, erbraucht das Feuer zum Überleben. Deshalb hat er dort auch sein Zuhause. Sobald Schakkran das Jagdhorn hört, weiß er, dass ich ihn rufe, und er wird hierher fliegen.« Yakora ging zu einem der hohen Fenster und öffnete es weit.
Tim stand ebenfalls auf und schaute gespannt hinüber zum Vulkanberg. Sprachlos betrachtete er, wie bald darauf ein pechschwarzer Drache zwischen den Bergen auftauchte und auf den Palast zuflog. Je mehr er sich näherte, desto gewaltiger und furchterregender wirkte er. Als er nur noch ein kurzes Stück entfernt war, machte es den Anschein, als würde sich der Himmel verdunkeln.
Die Fee winkte dem Drachen entgegen. Doch bei seiner Ankunft wichen Tim und Yakora ein paar Schritte zurück. Die kräftigen Flügel des Untiers wirbelten die Luft so durcheinander,
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