SPEED - Auf Der Suche Nach Der Verlorenen Zeit
Flug setzt er die Husky auf einer Graspiste auf. An dieser Stelle soll der neue Parkeingang gebaut werden, nachdem der alte bei einem Vulkanausbruch 2008 zerstört wurde. Drei Holzhäuser auf einer kleinen Lichtung: ein Büro, ein Café und ein Besucherzentrum, direkt an der StraÃe nach Chaitén, dem nächstgelegenen Ort. Wir gehen zu der kleinen Baustelle, wo Tompkins freudig von ein paar Arbeitern begrüÃt wird. Sie scheinen es zu mögen, wenn der »Alte« ab und zu vorbeischaut und nach dem Rechten sieht. Am Rande der Baustelle stehen zwei groÃe Bagger. Marke Caterpillar. Ist der Park dann fertig, wenn der neue Eingang gebaut ist?
»Fast, zu 98 Prozent. Zumindest, was den Zukauf von Land angeht«, sagt Tompkins. Seine AuÃengrenzen habe er jetzt, und deshalb könne er dem chilenischen Staat bald übergeben werden. »Dann haben wir unseren Teil der Geschichte erledigt. Zwanzig Jahre hat es gedauert, länger als erwartet. Aber wenn man das Glück hat, in seinem Leben einen Nationalpark schaffen zu können, sollte man sich nicht beschweren. Dann ist man doch ein Glückspilz, oder?«
Tompkins schnappt sich die Baupläne, die auf der Erde liegen, stellt sich zu den Arbeitern und unterhält sich in flieÃendem Spanisch mit ihnen. Dann greift er sich ein MaÃband und fängt an, Bleistift im Mund, das Grundstück noch einmal zu vermessen. Einen GroÃteil der Bauten im Pumalinpark hat er selbst geplant. »Wir versuchen hier so wenig âºunnachhaltigâ¹ wie möglich zu bauen«, formuliert es Tompkins mit Absicht etwas kompliziert. Man sei sicher noch weit entfernt davon, wirklich biologisch nachhaltig zu sein, aber er und seine Leute gäben sich groÃe Mühe, dem so nahe wie möglich zu kommen. Es würden nur Baustoffe von hier verwendet, Steine aus den Flüssen, Holz aus der Region. »Und auch bei der Innenausstattung achten wir darauf, Möbel zu nehmen, die hier gemacht werden oder von hiesigen Flohmärkten stammen. Wir sind Lokalisten und keine Globalisierer«, sagt Tompkins und freut sich wieder über diesen Satz. Es ist einer dieser schneidigen Tompkins-Sätze, die wie Kampagnenslogans klingen. Man merkt ihm an, dass er in den letzten zwanzig Jahren schon einige Interviews gegeben hat und zu einem geübten Aktivisten geworden ist.
Ich zeige auf die beiden massiven Bagger, die keine fünfzig Meter von uns entfernt stehen und die ansonsten perfekte Naturharmonie doch ein wenig ankratzen. Wie passen die denn ins Bild der nachhaltigen Entschleunigung? Braucht man die, um das Land zu entschleunigen?
»Das ist natürlich ein Widerspruch. Und das ist uns auch klar. Wir leben in einem bestimmten System, aber wir arbeiten am Ãbergang zu einem anderen, hoffentlich besseren. Ganz klar: Wir wollen eine Zukunft, die ohne solche Maschinen auskommt. Irgendwann werden wir sagen können: Tschüs, Caterpillar! Die Leute von Caterpillar sind sicher alle nett, wollen nur das Beste und arbeiten hart. Aber ihre Maschinen zerstören die Erde. Nicht nur weil sie ihr gigantische Narben zufügen, indem sie die Erde umgraben. Allein um diese Dinger herzustellen, wird die Umwelt in kaum fassbarem MaÃe zerstört. Kannst du dir vorstellen, was man alles braucht, um so ein Ding herzustellen? Nur um diesen einen Bagger zu produzieren? Seinen ökologischen FuÃabdruck? Oder diese kleine Kamera hier.« Tompkins fischt eine kleine Digitalkamera aus seiner Hosentasche und hält sie mir vor die Nase. »Dafür brauchst du den ganzen technoindustriellen Komplex. Den ganzen Enchilada. Nur um eins dieser verdammten Dinger zu machen. Zerstört die Welt! Ich habe eine! Ich hoffe, dass wir es irgendwann schaffen, ohne auszukommen. Was sollen wir sonst tun? Das ist das Problem â¦Â«
Er unterbricht seinen feurigen Monolog und fährt dann grinsend fort: »Bis dahin bauen wir hier ein kleines Parkbüro, damit Leute kommen, sich die Natur ansehen und merken, wie schön sie ist. Dann werden hoffentlich mehr Parks eröffnet, und es wird mehr Natur geschützt, und es wird mehr intakte Natur und Artenvielfalt geben. Damit die Erde wieder in Balance kommt. Das ist die Logik dahinter. Gröbstens vereinfacht, natürlich.«
Nun muss er selbst lachen. Tompkins nimmt seine Mission sehr ernst, das ist deutlich, aber sich selbst eben nicht so sehr.
Es macht ihn mir sehr sympathisch, dass er über sich und die
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