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Speichelfaeden in der Buttermilch

Speichelfaeden in der Buttermilch

Titel: Speichelfaeden in der Buttermilch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Stermann , Christoph Grissemann
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sich unvorsichtigerweise an einen Mikroständer aus Metall gelehnt. Dieser Ständer klebt heute noch an ihm. Vielleicht lehnt er sich am Samstag ja mit der anderen Körperhälfte erneut an einen Ständer. Dann schaut er wenigstens gleichmäßiger aus.
    Liebes Tagebuch, in die Redaktion ist wieder ein Brief vom Management von Moby geflattert, mit aktuellen Fotos des Superstars. Ja, Mensch, es tut uns ja auch leid, aber was sollen wir denn tun? Moby ist beim FM4- Fest vor ein paar Jahren in der Arena aufgetreten, während eines Schneesturms, und unvorsichtigerweise hat er seinen Oberkörper während der Show entblößt. Kein Wunder, dass er heute noch Frostbeulen am Bauch, auf der Brust, am Hals und am Rücken hat. Wusstest du, liebes Tagebuch, dass vor zwei Jahren der Schneehase von Eva Umbauer beim FM4- Geburtstagsfest erfroren ist? Und dass Reinhold Messner mehr Zehen im VIP -Bereich des FM4- Fests verloren hat als auf dem Himalaja? Ja, auch der VIP -Raum ist unbeheizt. Vielleicht mit ein Grund, warum bei den letzten Festen keine echte VIP mehr gekommen ist. Im letzten Jahr war das bekannteste Gesicht das von einer Freundin des Bruders des Drummers der Gruppe »Heinz«.
    28.1.
    Liebes Tagebuch, seit ich den Kriminalpsychologen Thomas Müller im ZDF in einer Doku über sexuell motivierte Straftäter gesehen habe, fürchte ich mich und habe allnächtlich Albträume. Die Serienmörder waren ja ganz normale Typen, aber Thomas Müller. Wie er mit zusammengekniffenen Augen mephistophelisch leise und eindringlich auf Tirolerisch über die Psyche der Täter spricht, das jagt einem einen Schauer über den ganzen Körper. Uuaah. Thomas Müller ist der einzige Tiroler, den ich kenne, der leise spricht. Normalerweise schreien Tiroler ja selbst beim Flüstern. Tirolerisch ist ein Dialekt, der eigentlich nicht leise gesprochen werden kann. Thomas Müller kann es, und das macht ihn so unheimlich. Wenn ich ein psychopathischer Mörder wäre, und Thomas Müller würde mit mir eine Therapiesitzung machen, mir stünden die Haare zu Berge. Alleine schon um Thomas Müller auszuweichen, bete ich zu Gott, dass ich niemals zum Massenmörder werde.
    Liebes Tagebuch, während in Wien am Karlsplatz Drogengeschäfte eher heimlich und diskret abgewickelt werden – »Wüst wos?« –, ist es den Dealern in Innsbruck unmöglich, ihr Anliegen in ruhiger Form vorzutragen. »Wäscht Crack? Desch beschte Crack in Innschbruck!« Kein Wunder, dass in Tirol jeder Drogenring sofort auffliegt. Die Lautstärke beim Sprechen ist wahrscheinlich ein Überbleibsel aus der Vortelefonzeit, als man über Berge hinweg mit bloßer Stimmgewalt miteinander kommunizieren musste. Wenn Tiroler sich im Liebesgeflüster versuchen, klingt es für Nichttirolerohren wie das Brüllen von zwei Ausbildnern der Marines. Liebe Innsbrucker Dealer, nehmt euch ein Beispiel an Thomas Müller, dem FBI -Mitarbeiter. Und übt mal, ganz leise zu sagen: »Crack.« Und noch einmal: »Crack.« Es geht auch unter 50 Dezibel. Und jetzt fleißig üben, rät euch euer öffentlich-rechtliches Jugendradio, das hiermit wieder einmal seinen Bildungsauftrag aufs Beste erfüllt hat.
    29.1.
    Liebes Tagebuch, ich habe in der Redaktion einen Liter vergorenen Orangensaft getrunken und kann nur sagen: Die Wirkung ist fantastisch. Billiger und besser als Kokain. Den starken Durchfall nehme ich dabei gerne in Kauf. Herrlich, besser als jeder LSD -Rausch. Hätte ich das früher gewusst, ich hätte viel Geld gespart. Der vergorene Orangensaft führt zu intensiven Halluzinationen. Chefcontroller Blumenau zum Beispiel sieht für mich aus wie ein Känguru. Ich hab ihn eben am Beutel gestreichelt und er fühlte sich ganz weich an. Dass Kängurus boxen, wusste ich ja schon vorher, insofern wundere ich mich jetzt auch nicht über mein blaues Auge und das Nasenbluten. Er hat mich kurz bewusstlos gehauen, aber eine bewusstseinserweiternde Bewusstlosigkeit ist großartig. Voll krass, möchte ich sagen.
    Liebes Tagebuch, Grissemann ist noch immer voll auf dem Vergorener-O-Saft-Trip. Seine Pupillen sind groß wie Suppenteller und er bewegt sich wie in Super-Slo-Mo, grinst dabei aber wie ein Lebkuchenpferd. Mein Kollege scheint glücklich zu sein. Mich hält er für ein Streifenhörnchen, er wirft mir Nüsse zu, und wenn ich sie esse, sagt er: »Süß, schaut, wie putzig es das Nüsschen mampft.« Na ja. Die Chefin Eigensperger hält er für ein Bärenfell, wahrscheinlich wegen ihrer zotteligen Haarpracht. Er hat sie

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