Speichelfaeden in der Buttermilch
ständige gelungene Qualitätsoffensive die Privaten zermürben. Menschen, die arm sind, sollten durch ständige Geldzuwächse ihre Sozialarbeiter zermürben. Obdachlose durch ständiges Vergrößern ihrer Häuser Passanten in U-Bahn-Passagen zermürben. Zwergwüchsige durch ständiges Wachsen Riesen zermürben und FM4 uns Mitarbeiter durch ständige Gehaltserhöhungen zermürben. Nur ein Vorschlag zur Güte. Nicht mehr.
20.5.
Liebes Tagebuch, seit feststeht, dass Stermanns Lieblingsverein MSV Duisburg in die erste deutsche Fußballbundesliga aufsteigt, ist mit meinem denkfaulen Kollegen noch weniger los als ohnehin schon. Er beschüttet sich selber seit Tagen laut grölend mit Bier aus einem riesigen Glas und singt in einem fort: »Wer ist die Macht am Niederrhein? Der Meidericher Spielverein.« Das ist mir sehr peinlich. Vor einigen Tagen hatten wir die Ehre, bei der Eröffnung der Ausstellung »Die Sinalco-Epoche – Essen, Trinken, Konsumieren nach 1945« im Historischen Museum der Stadt Wien aufzutreten. Alle waren peinlich berührt, als Stermann in einem MSV Trikot, mit Fankutte und Schal aufs Podium wankte und laut schrie: »Zebrastreifen, Streif und Blau, ein jeder weiß genau, das ist der MSV « Laut rülpsend fiel er um und wurde von mir und Museumsdirektor Kos hinausgetragen. Ich hoffe, dass Stermann jetzt nicht die Besucher vergrault hat, denn die Ausstellung ist wirklich sehenswert.
Liebes Tagebuch, Grissemann versteht das nicht. Er ist ja kein wirklicher Fußballfan. Grissemann wartet immer ab, welche Mannschaft die Champions League gewinnt, und für die ist er dann, sodass er immer auf der sicheren Seite steht. Aber Anhänger des MSV Duisburg zu sein, das ist eben nicht so einfach. Da leidet man, wie vielleicht Musikliebhaber bei der Amadeus-Verleihung. Da gibt's nicht viel zu lachen, das ist so wie »Sieben Tage, sieben Köpfe« schauen. Da hat man's nun mal nicht leicht, da ist es leichter, im Unterschichtenradio eine gelungene und interessante Moderation zu hören. Duisburg-Anhänger sein heißt leiden lernen. Und wenn dann alle fünf oder sechs Jahre mal etwas Positives passiert, Herrgott noch mal, da wird man doch mal 240 Stunden durchfeiern können, zusammen mit all den anderen MSV Duisburg-Fans in Wien, also allein. In einem Jahr werde ich eh wieder alleine trauern, weil die armen Duisburger wieder abgestiegen sein werden. Lasst mir doch meine kurze Freude!
22.5.
Liebes Tagebuch, nachdem Gustav beim Amadeus in ihrer Dankesrede nach dem Gewinn des FM4- Alternative-Preises einfach nur die schöne Tocotronic-Zeile »Aber hier leben? Nein danke« zitiert hat, munkelt man, dass Bundespräsident Fischer, der selber ein großer Gustav-Fan ist, bei seiner diesjährigen Neujahrsansprache genau dasselbe sagen wird. »Liebe Österreicherinnen und Österreicher, das Land ist schön, die Berge sind hoch, aber hier leben? Nein danke. Ihr Bundespräsident.« Das wäre eine echte Irritation. Müsste Fischer dann zurücktreten oder würde er zurückgetreten? Oder wenn Schüssel auf Staatsbesuch in Deutschland ist, könnte er ungestraft Tocotronic zitieren? »Lieber Gerhard Schröder, toi, toi, toi, tolles Land, Deutschland – aber hier leben? Nein danke.« Das würde wahrscheinlich eine ernste diplomatische Krise heraufbeschwören. Auch der Papst wird sich hüten, bei seinen Reisen den Boden zu küssen und dann zum Beispiel in Brüssel angewidert zu sagen: »Amen, was für ein tolles Land, Belgien – aber hier leben? Nein danke.« Gleiches gilt für Kofi Annan und eingebürgerte chinesische Tischtennisspieler, obwohl ja die Schlagers und Jindraks inzwischen so gut sind, dass sie wahrscheinlich schon bald von den Chinesen eingebürgert werden. Und dann dürfen sie auf keinen Fall sagen: »China, Riesenland, aber hier leben? Nein danke.«
Liebes Tagebuch, FM4 – ein toller Sender. Aber hier arbeiten? Nein danke. Bayern München, erfolgreicher Club, aber hier spielen? Nein danke. BZÖ , Orange, schöne Farbe, aber sie wählen? Die FM4- Tagebücher, interessant zu erfahren, wie es hinter den Kulissen zugeht, aber sie jeden Tag schreiben müssen? Red Bull verleiht Flügel, aber es trinken? Sich von Grissemann Geld borgen, okay. Aber es zurückgeben? Tocotronic intelligent finden, die Zeile »Aber hier leben? Nein danke« gut finden, aber sich die ganze Tocotronic- CD anhören? Nein danke. Und diese Reihe endlos fortsetzen? Nein danke, nein danke, nein danke.
23.5.
Liebes Tagebuch, ein amerikanischer
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