Speichelfaeden in der Buttermilch
Bibelgroßversand hat FM4 viel Geld dafür geboten, dass wir Trailer spielen, in denen die Evolutionstheorie in Frage gestellt wird. Zum Beispiel mit folgendem Text: »Evolution ist nur eine Theorie über den Ursprung lebender Dinge. Keine Tatsache – FM4 .« Drei begeisterte Anhänger des Kreationismus aus Louisiana haben sogenannte Bible-Belts an uns verteilt, Bibelgürtel, Gürtel aus Krokodils- und Büffelleder mit eingestanzten Bibelmotiven. Die amerikanischen Kreationisten glauben, dass das Universum das Schöpfungswerk eines Gottes ist und Darwins Theorie gefährlich und falsch war und ist. Nun, wir werden das Angebot ausschlagen. Nein, nicht mit FM4 . Diese amerikanischen Kreationisten sind doch Schlappschwänze, das geht uns alles nicht weit genug, dieses liberale Zeug. Gegen uns sind diese Südstaatler Sodom- und-Gomorrha-Freaks. Diese Schwachmaten fordern ja zum Beispiel nur: Kein Sex vor der Ehe. Wir bei FM4 fordern: Kein Sex vor, während und nach der Ehe. Alles Schweinkram. Wir sind schließlich keine Tiere. Wir stammen nicht vom Schwein ab und nicht vom Affen. Wir sind gottesfürchtig, und wer Gott fürchtet, lässt schön brav die Hose zu.
Liebes Tagebuch, ich bin ja der einzige Atheist bei FM4 , ich bin nicht getauft, weil es das in Deutschland nicht gibt. Im Ruhrgebiet gibt es keine einzige Kirche. FM4 dagegen ist eigentlich eine Kirche, nur vielleicht ein bisschen strenger. Grissemann ist wegen seiner schönen Stimme Vorbeter bei den stündlichen Gottesdiensten, bei Chefcontroller Blumenau wird gebeichtet, aber nicht verziehen. Chefin Eigensperger schlägt sich mit schweren Eisenketten ständig auf den Rücken, und Musikchef Makossa beschallt uns mit gregorianischen Gesängen. Wenn man die auf FM4 gespielte Musik rückwärts laufen lässt, hört man alttestamentarische Botschaften von Chefcontroller Blumenau: »Lasst Dornensträucher brennen, geht durchs Meer, es wird sich teilen.« Dass durch diese Botschaften schon etliche FM4- Hörer beinahe im Meer ertrunken sind, wird als Gottes gerechte Strafe empfunden. Für mich ist das alles nix, ich hin nur ein einfacher Trinker im Weingarten, des Herrn. Ich sage lieber »Prost« als »Amen«.
25.5.
Liebes Tagebuch, »Mir fällt nichts ein« ist der wohl am häufigsten zu hörende Satz bei FM4 . Meistens fällt den Kollegen überhaupt nichts ein. Sie starren Löcher in die Decke und in die Wand, aber es fällt ihnen nichts ein, was man zwischen den Platten sagen könnte, oder vor der nächsten Platte, oder über die nächste Platte drüber, oder was man die Band fragen könnte, oder den Erziehungswissenschafter, oder den berühmten Musikkritiker. Nichts fällt einem meistens ein, ich nehme mich da nicht aus, aber ich habe Gott sei Dank noch Stermann an meiner Seite, dem immer etwas einfällt. Ich glaube, er ist ein Genie. Er muss sich nicht mal anstrengen, während wir Minderbemittelten verschiedene Strategien haben, um schneller Geistesblitze zu bekommen. Martin Pieper zum Beispiel gibt beim Nachdenken laute bellende Geräusche von sich, wie eine Schwangere während der Entbindung. Magister Edlinger summt alte Zahnputzlieder aus der Kindergartenzeit vor sich hin: »Ich bin klein und manchmal schmutzig, aber meine Zähne putz ich. Was auch immer kommen mag – Zähneputzen jeden Tag!« Das summt er so lange retardierend vor sich hin, bis er eine Idee hat. Sein Kollege Ostermayer schlägt mit einer Balalaika vor einen Sandsack, wenn er hochkonzentriert nachdenkt, und Andreas Gstettner wirft nachdenkend geschälte Bananen aus dem Fenster. Jeder hat halt so seine Methode. Liebenswerte kleine Macken.
Liebes Tagebuch, sehr putzig. Wenn Grissemann nachdenkt, verzieht er sein Gesicht, als hätte er furchtbare Zahnschmerzen, dann rollen ihm Tränen die Wangen hinunter, er hält die Luft so lange an, bis kleine Äderchen platzen, dann prustet er die Luft raus und beginnt von Neuem. Dabei zwickt er sich ununterbrochen in den Po. Und trotzdem fällt ihm nie etwas ein. So geht es den meisten Kollegen. Mathias Zsutty zum Beispiel brüllt immer: »Hearst. Hearst!«, und schlägt sich mit einem Briefbeschwerer gegen die Stirn. Stuart Freeman macht Bocksprünge und spuckt dabei wie ein geisteskrankes Lama. Vor und zwischen jeder Moderation. Das Studio ist nach jeder »Morning Show« klitschnass. Claudia Unterweger muss immer ein offenes Feuer machen, damit ihr was einfällt, und Gerlinde Lang Pfeife rauchen und dabei »Tja tja tja« sagen. Daddy D. hat
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