Speichelfaeden in der Buttermilch
dieser Job ist eindeutig der härteste, den man über die berühmte Umwegrentabilität bekommen kann. Erstens muss er mitsaufen, und zweitens zahlen die Schotten noch weniger, als man klischeehaft annehmen würde, nämlich nur seine Zugfahrt. Und auch da nur eine einfache Fahrt. Nach Linz. Für die Rückfahrkarte muss er immer beim Bahnhof als Hilfsarbeiter acht Stunden mitanpacken.
9.3.
Liebes Tagebuch, in der FM4 Kantine herrscht Niedergeschlagenheit. Wir Moderatoren saßen wie immer an unserem Moderatorenstammtisch, der gleichzeitig so etwas wie ein Arbeitsstrich ist. Wann immer es irgendwo etwas zu moderieren gibt, kann man sich dort einen von uns schnappen und ins Auto werfen. Gleiches gilt für Werbesprecherjobs. Am Nebentisch bei den Kollegen von Radio Wien herrschte ein reges Kommen und Gehen, während wir mit leerem Blick dasaßen. Bis nach vier Stunden endlich jemand zu unserem Tisch kam, weil sämtliche Landesstudio-Kollegen schon Jobs hatten. Jeder von uns sprach sofort möglichst originelle Sätze mit möglichst samtener Stimme, wie Hyänen verhielten sich die Kollegen und Kolleginnen. Schließlich setzte sich ausgerechnet der dämliche Stermann durch, ich war fassungslos. Und er stolzierte wie ein Pfau mit seinem Arbeitgeber von dannen, für uns Übriggebliebene hatte er nur einen abschätzigen Blick.
Liebes Tagebuch, nie wieder, nie wieder werde ich einen Moderatorenjob annehmen, ohne vorher nachzufragen, um was es geht. Ich hasse Hunde! Ich habe sogar vor Dackeln Angst. Hätte der Typ in der Kantine nicht sagen können, dass es um Kampfhunde geht? Ich wurde in einem Hundetransporter nach Hollabrunn gebracht und musste dort die Wahl zum aggressivsten Rottweiler des Weinviertels moderieren. Vom Inneren eines Stahlkäfigs aus. Ich stand dort zitternd mit einem schlechten Mikrofon, während zwölf Bestien an mir zerrten. Draußen saßen etwa 40 betrunkene Dreckschweine aus der Weinviertler Halbwelt und lachten sich halb schlapp. Als endlich einer der Kampfköter das Mikrofon aufgefressen hatte, wurde die Veranstaltung beendet. Ich bekam sieben Euro und musste nach Wien zurückgehen. Um den FM4- Kollegen keinen Grund für Schadenfreude zu bieten, habe ich ihnen erzählt, dass ich bei einer Art »Universum« moderiert hätte, aber ich fürchte, sie haben mir nicht geglaubt, wegen der vielen Bissspuren im Gesicht.
10.3.
Liebes Tagebuch, seit gestern sind wir im Trainingslager. Ich teile mir ein Stockbett mit Fred Schreiber, Steve Chaid, Rainer Springenschmid, Stermann, Hosea Ratschiller, Martin Puntigam, Rudi Schöllerbacher, Michel Attia, Haipl, Edlinger, Hannes Duscher und Chris Kemmler. Unten im Stockbett liegt Blumenau. Noch dazu ist es ein Kinderstockbett, nur 1,50m lang und 70cm breit. Laut Trainerin Ute Hölzl wird so unser Teamgeist verbessert. Ich weiß nicht, ich habe Starmanns und Duschers Füße im Mund und Finger von Haipl und Steve Chaid in der Nase. Mein Fuß steckt im Mund von Martin Puntigam, sehr schmerzhaft, weil er mit den Zähnen knirscht und dabei meine Füße zermalmt. Erschwerend kommt hinzu, dass alle im Team ja so schwere Raucher sind, dass sie auch im Schlaf rauchen. Durch die außerordentliche Beengtheit habe ich schon Dutzende von Brandblasen, mehrere Zigaretten wurden auf meinem Kopf ausgedämpft. Ich fürchte, das werden harte Tage hier im FM4- Trainingslager.
Liebes Tagebuch, Trainerin Hölzl will ein beinhartes Trainingslager mit uns machen. Sie verlangt ernsthaft, dass wir Spieler höchstens drei Packungen Zigaretten am Tag rauchen, und wer mehr als zwei Doppler trinkt, muss am nächsten Tag die Lederbälle mit dem Mund aufpumpen. Die erste Trainingseinheit hatte es auch in sich. Wir mussten auf einer Linie gehen und durften die Linie nicht verlassen; diese Übung hat natürlich keiner geschafft. Die mit Kreide aufgemalte Linie war fünf Meter lang, ich musste nach der Hälfte völlig ausgepumpt aufgeben. Fünf Meter – soviel geh ich normalerweise in einem Jahr. Thomas Edlinger hat schon nach einem Meter einen Kreislaufzusammenbruch bekommen, Rainer Springenschmid hat sich so bewegt, dass man mit bloßem Auge keine Bewegung feststellen konnte. Trainerin Hölzl hat getobt und uns angedroht, morgen im Freien zu trainieren. Im Freien? An der Luft? Das wird hart, FM4- Mitarbeiter kommen mit Luft nicht klar – es sei denn, sie ist verraucht und abgestanden.
11.3.
Liebes Tagebuch, gestern hatten wir Mannschaftsbesprechung. Heraus kam, dass wir ein Team ohne jede
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