Spektrum
hatte.
Noch tröpfelte es nicht, es braute sich jedoch etwas zusammen. Ein paar vereinzelte missmutige Kinder lungerten an der Schaukel herum. Eine junge Mutter schob einen Kinderwagen vor sich her, beäugte abschätzend die Kinder, als wählte sie schon vor der Zeit Spielkameraden für ihr Kleines. Die Alten kamen aus den Häusern geschlurft, zählten einander mit penibler Genauigkeit und belegten ihre Stammbänke vor den Eingängen mit Beschlag. Ein älterer Herr aus dem Nachbaraufgang öffnete die Garage und überprüfte kritisch seinen antiquierten Saporoshez. Innerlich schloss sich Martin der Inspektion an, denn er liebte Menschen, die sich für etwas begeisterten, selbst wenn er ihre Leidenschaften nicht teilte. Der Nachbar ließ den Motor der Reliquie lange und in höchst überflüssiger Weise warm laufen, dann fuhr er aus der Garage, kreiste einmal im Hof herum und brachte das Auto an seinen Platz zurück. Hingebungsvoll rieb er die Scheiben ab, schloss die Garage, öffnete die benachbarte – und fuhr mit seinem funkelnagelneuen Fiat davon.
Martin trank Tee und freute sich des Lebens.
In zehn Minuten würde er Ernesto Poluschkin anrufen und ein Treffen mit ihm vereinbaren.
In zehn Minuten stand Martin ein endloses und schweres Gespräch bevor, das ihm für lange Zeit die Laune verderben würde. Er war bereit dazu.
Doch noch trank Martin Tee und beobachtete mit einem Anflug von Sentimentalität die junge Frau Mama. Um den Kinderwagen scharten sich bereits die neugierigen Kinder, denen die Frau entzückt etwas erzählte.
Bis zu dem Telefonat blieben ihm noch zehn Minuten.
Eins
Jedes Mal, wenn Martin sich zu solchen Besuchen aufmachte, fühlte er sich schuldig. Die hysterischen Anfälle und Tränen, die sinnlosen und unfairen Anschuldigungen laugten ihn aus, mehr noch setzte ihm freilich die eigene Hilflosigkeit zu. Man kann einen Menschen nicht trösten, wenn er vom Verlust seiner Verwandten und Lieben erfährt.
Insofern begab sich Martin zu Ernesto Poluschkin zwar mit steinernem, aber nicht mit traurigem Gesicht, berichtete sehr sachlich und klar, wobei er das Gespräch mit der Neuigkeit von der Versiebenfachung eröffnete.
Der Geschäftsmann hörte die Geschichte stoisch an, lediglich sein eines Auge zuckte, als Martin mit knappen Worten den ersten Tod seiner Tochter beschrieb.
Im Laufe des Berichts holte Martin die Touristenjetons heraus und legte sie auf den Tisch. An jedem Jeton baumelte ein Schildchen: »Bibliothek«, »Prärie«, »Arank«. Erst als Martin zum Ende der Geschichte gelangte, begriff er, dass er die Sache nicht glücklich angegangen war, konnte Poluschkin aus seinem Auftreten doch schlussfolgern, in seinen, Martins, Taschen befänden sich alle sieben Jetons. Doch der Geschäftsmann empörte sich nicht, blieb ruhig, versuchte nicht, den Detektiv umzubringen, sondern hörte einfach nur zu, war ganz Ohr …
»Wo sind die übrigen vier …«, setzte er schließlich zu einer Frage an, geriet ins Stocken, schloss dann aber doch: »… Irinas?«
»Ich weiß es nicht.« Martin schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht, Ernesto Semjonowitsch. Verzeihen Sie mir. Und ich kann nicht alle Planeten der Galaxis überprüfen.«
Poluschkin hüllte sich in Schweigen. In den Händen ließ er die Jetons kreisen. Wieder und wieder überflog er die Nachricht von der Irina auf Prärie 2, mit gerunzelter Stirn, als irritiere ihn etwas in diesem Brief. »Sie würden also nicht weiter nach ihr suchen?«, fragte er nach einer Weile.
»Dieser Fall hat die ursprünglichen Vereinbarungen längst weit hinter sich gelassen«, wandte Martin behutsam ein. »Darüber hinaus interessiert sich jetzt auch die Staatssicherheit dafür.«
Ernesto Semjonowitschs Auge zuckte erneut. »Ich weiß«, gab er widerwillig zu.
Martin wartete ab, doch die Bitte, vom Geheimdienst zu berichten, unterblieb. Ernesto Poluschkin erwies sich als ausgesprochen zugeknöpfter Mensch.
»Sie haben mir einen Teil der Informationen vorenthalten«, fuhr Martin mutiger fort. »Einen sehr wichtigen Teil. Ihre Tochter muss – auf welche Weise auch immer – ein internes Dokument des FSB in die Hände bekommen haben, in dem alle der Menschheit bekannten Rätsel der Galaxis aufgelistet sind. Ebendeshalb ist Irina auch von zuhause fortgelaufen …«
Als Poluschkin Martin jetzt ansah, hätte der Detektiv schwören können, in den Augen seines Gegenübers Verachtung aufschimmern zu sehen. Doch die Stimme Poluschkins blieb gleichmäßig
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