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Spektrum

Spektrum

Titel: Spektrum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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unflätigen Ausdrucks. Er griff nicht einmal auf Wortspiele zurück, womit der andere vermutlich gerechnet hatte.
    Doch anscheinend glückte Martin, was er geplant hatte. Der Bursche lief puterrot an, fauchte etwas Unverständliches und holte aus …
    Martins Gesicht streifte der von der Faust ausgelöste Luftzug. Die geballte Hand selbst verschwand ebenso wie ihr Besitzer.
    Das Terzett auf dem Sofa erstarrte.
    »So ist es immer«, erklärte Martin zuvorkommend. »Eine Warnung erhaltet ihr nicht. Aber das hat man euch ja bereits im Vorfeld erklärt … meine Teuren.«
    »Teufel …«, sagte der Mann. Auf seiner Stirn stand Schweiß. »Teufel …«
    »Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte es Sie getroffen«, gab Martin zu bedenken. »Oder mich.«
    »Sie haben ihn provoziert«, bemerkte der Mann leise.
    »Das ist richtig«, pflichtete Martin ihm bei. »Aber ich glaube, das war durchaus angemessen.«
    »Du Hirni!«, brüllte einer der Kumpane des Verschwundenen los, der unversehens den gespielten Akzent und die komische Art des Sprechens verloren hatte. »Du Schwein! Du Arschgesicht!«
    »Schlag mich doch«, forderte Martin ihn auf.
    »Wir finden dich, wohin du dich auch verdrückst!«, brüllte der Kerl, der in absurder Manier auf dem Sofa herumsprang, sich jedoch nicht getraute aufzustehen.
    »Fakiu«, verriet ihm Martin. »Auch als Marge bekannt. Die Heimat der Dio-Daos. Ihr seid herzlich willkommen. Eins solltet ihr jedoch berücksichtigen: Nach ihren Gesetzen bedeutet die Tötung eines geschlechtsreifen Wesens kein Verbrechen. Und ich halte mich stets an die Gesetze vor Ort.«
    »Wären Sie denn bereit, die umzubringen?«, fragte der Jude leise. Ungeachtet seines Zorns hatte er dem Burschen dieses Ende nicht gewünscht – und wusste jetzt nicht, wie er sich Martin gegenüber verhalten sollte.
    »Wenn ich mich verteidigen muss, ja«, bekannte Martin.
    »Der Mord an einem Feind ist nichts, dessen man sich schämen müsste«, klang es zu Martin von der Tür herüber. Er drehte sich um.
    Dort stand ein Geddar. Eine hochgewachsene Figur, halbrunde Ohren, zu weit auseinander stehende Augen, die dunkelgraue, nichtmenschliche Färbung der Haut … Obwohl sich Außerirdische mitunter schwer unterscheiden lassen, vermeinte Martin, in dem Gesicht etwas Bekanntes zu entdecken.
    »Sind wir uns schon einmal begegnet?«, fragte Martin.
    »Auf Bibliothek«, antwortete der Geddar knapp, worauf Martin ihn endgültig erkannte: Kadrach, Davids Freund. Die Tatsache, dass Martin den Namen des Geddars kannte, berechtigte ihn selbstverständlich nicht, ihn laut auszusprechen. »Ja, ich erinnere mich an dich«, meinte Martin deshalb nur.
    Mit seinen prächtigen orange-dunkelblauen Gewändern knisternd, trat der Geddar federnden Schrittes an ihn heran. Im Warteraum verstummten alle, sowohl die jungen Halodris als auch die sonstigen Reisenden.
    »Wenn man dich mit Worten beleidigt, lohnt es nicht, das Schwert zu ziehen«, fuhr der Geddar fort. »Dann muss man den Feind ebenfalls mit Worten töten. Du hast das vollbracht. Ich bin begeistert.«
    »Niemand weiß, was mit den Verschwundenen passiert«, sagte Martin.
    »Für das Universum ist er gestorben«, verkündete der Geddar, der ganz wie ein Mensch mit den Schultern zuckte. »Es gibt viele Wege, jemanden zu töten … Wir müssen miteinander reden.«
    »Ist das ein Bekannter von Ihnen?«, fragte der Jude Martin. »Das ist doch ein Geddar, oder?«
    Offensichtlich hatte er von ihrem Gespräch kein Wort verstanden. Folglich ging er zum ersten Mal durch das Große Tor, beherrschte noch kein Touristisch.
    »Ja«, antwortete Martin. »Viel Glück. Ich glaube, diese Kerle werden sich jetzt ruhig verhalten.«
    »Wir müssen uns zurückziehen, außer Hörweite«, verlangte der Geddar.
    Unter allgemeinem Schweigen verließen die beiden den Warteraum. Wortlos folgte Martin Kadrach, der selbstsicher sein Ziel ansteuerte. Zweifelsohne hätten sie eines der Gästezimmer nutzen können, doch Kadrach führte Martin zur Toilette, zu einer der vielen Örtlichkeiten der Station. »Die Ortswahl für unser Gespräch stört dich doch nicht?«, erkundigte er sich.
    Martin ließ den Blick durch den Raum schweifen. Vier Abtritte, die durch nicht zur Decke hinaufreichende Zwischenwände von einander getrennt waren, wobei zwei der Zellen eindeutig nicht für Menschen gedacht waren. Zwei Pissoirs. Eine seltsame Vorrichtung, die einem Wesen nützlich sein mochte, das die natürlichen Bedürfnisse durch Öffnungen

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