Spektrum
die Einschränkung »Privat« verzichtete. »Detektiv, Henker und Lehrer der Jugend.«
Einen ausgedehnten Moment lang wartete Martin auf ein Lächeln, dann begriff er, dass es ausbleiben würde. »Ich begegne zum ersten Mal einem außerirdischen Kollegen«, sagte er. »Es freut mich, dich kennengelernt zu haben.«
Der Geddar streckte ihm die Hand entgegen, die Martin bereitwillig drückte. »Wie ist denn die Ausbildung der Jugend mit der Arbeit eines Detektivs verbunden?«, erkundigte sich Martin. »Oder mit der eines Henkers?«
»Die Diener des ThaiGeddars greifen bei der Erziehung auf das Gute zurück«, erklärte Kadrach. »Während ein Henker durch Böses erzieht. Ich erzähle der Jugend vom Schicksal derjenigen, die gegen seine Gebote verstoßen haben, erläutere ihnen, worin unsere Arbeit besteht. Daraufhin erfasst sie ein Schauder – und sie hören freudig den Ausführungen über das Gute zu.«
»Klingt … plausibel«, pflichtete ihm Martin bei. »Du hast also verstanden, dass meine Ermittlungen noch nicht abgeschlossen sind, und bist mir gefolgt?«
»Ja. Ich habe mich zur Erde aufgemacht, kam aber zu spät. Du warst schon wieder durch das Große Tor gegangen. Als du zurückgekommen bist, wollte ich dich zuhause aufsuchen. Aber eure Henker haben das Gebäude observiert.«
»Das sind keine Henker«, beruhigte Martin ihn. »Eher … etwas wie Detektive und Erzieher in einem.«
»Fähige Leute«, attestierte der Geddar. »Nur gut, dass ich sie nicht umgebracht habe … Und wie gut, dass das Mädchen noch lebt und die Suche weitergeht. Ich möchte dich um eine Gefälligkeit bitten, Martin.«
»Um welche?«, fragte Martin sofort, denn ihm war klar, dass ein Geddar unter einer Gefälligkeit allerlei seltsame Dinge verstehen konnte.
»Sei mein Freund.«
»Weshalb das?«, wollte Martin wissen.
»Man hat meinen Kchannan benutzt, um dich daran zu hindern, das Mädchen auf die Erde zurückzubringen. Wer auch immer der Verbrecher ist, ein Schließer oder jemand anders, ein noch unbekannter Feind, der muss bei dem Gedanken an ihre Rückkehr in Panik geraten sein. Du hast gesagt, die Frau sei noch am Leben. Wenn ich sie retten kann, wird das meine Rache sein.«
Schweigend wartete der Geddar auf eine Antwort.
Im Grunde blieb Martin keine Wahl. Der Geddar hatte ihm seine Freundschaft angeboten. Vermutlich repräsentierte Kadrach einen ungemein progressiven Geddar, denn auch auf Bibliothek schreckte er nicht davor zurück, sich mit Menschen anzufreunden.
Wies Martin die Freundschaft zurück, würde er sich den Geddar zwangsläufig zum Gegner machen. Zu einem Feind. Ein gekränkter Geddar, der an den Schließern selbst Rache zu nehmen beabsichtigte – das war etwas anderes, als sich mit drei Raufbolden von der Erde anzulegen.
Vor allem weil der Geddar die unbedachte Aussage über den Planeten Marge gehört hatte und wusste, wo Martin zu finden wäre …
»Es ist mir eine Ehre, dein Freund sein zu dürfen«, sagte Martin.
»Kadrach Sagan Thai Sarach«, stellte der Geddar sich vor und umarmte Martin.
Zu erfassen, wie er sich weiter verhalten müsse, fiel Martin nicht schwer.
»Martin Igorjewitsch Dugin«, erwiderte Martin und umarmte den Außerirdischen. Der Geddar verströmte einen völlig normalen, einen menschlichen Geruch nach Schweiß.
»Ich nehme deine Freundschaft nicht auf Geheiß meines Herzens, sondern um der Erfüllung meiner Pflicht wegen an«, erklärte der Geddar, indem er einen Schritt zurücktrat. »Dies ist mir anzulasten, doch werde ich mich wie ein echter Freund verhalten.«
»Auch ich nehme deine Freundschaft nicht auf Geheiß meines Herzens an, sondern aus Furcht«, gestand Martin. »Dies ist mir anzulasten, doch werde ich mich wie ein echter Freund verhalten.«
»Wir beide sind nicht frei von Schuld, und das ist gut«, fasste der Geddar zusammen. »ThaiGeddar wird unsere Sünden abwägen, sie gleichlastig finden und verzeihen.«
»Wir beide sind nicht frei von Schuld, und das ist gut«, wiederholte Martin. »ThaiGeddar wird unsere Sünden abwägen, sie gleichlastig finden und verzeihen.«
Kadrach runzelte die Stirn. »Du wiederholst meine Worte«, sagte er.
»Du wiederholst meine Worte«, sagte Martin.
Kadrach schien auf etwas zu warten.
»Wiederholst du auch meine Taten?«, wagte Martin einen Vorstoß.
»Das ist doch kein Ritual, Martin!« Der Geddar brach in schallendes Gelächter aus. »Unser Wille drückt sich einzig in dem Versprechen aus, uns über den Augenblick zu
Weitere Kostenlose Bücher