Spektrum
Stanwell mit einem Silberring am Holm. Bei den Kaukasiern würde er sich ein nur in heißem Zustand essbares Schaschlik kaufen. Unbedingt würde er nachts nackt baden. Von seinem Balkon aus würde er die nimmersatten Möwen mit trockenem Fladenbrot füttern. Den pittoresken Armen des Orts würde er etwas Kleingeld zukommen lassen, den Kindern Eis kaufen. Abends würde er ein wenig fernsehen, vielleicht sogar ins Kino oder zum Konzert eines verwelkten Popstars gehen.
Nach ein paar Wochen käme er ausgeglichen und entspannt nach Moskau, hätte sich fremde Welten, fremde Probleme und fremde Ängste aus dem Kopf geschlagen.
Über all das sann Martin nach, während er in der Schlange vor der Passkontrolle stand, die sich bereits außerhalb der Moskauer Station befand. Andrang herrschte, die meisten Wartenden waren Menschen, aber auch ein paar merkwürdige Außerirdische begegneten ihm. Entgegen seiner Gewohnheit beobachtete Martin Letztere nicht, um etwas Nützliches über die außerirdische Psychologie zu erfahren, sondern träumte von Jalta, von den flüchtigen Freuden des Altweibersommers – oder zählte der Oktober da schon nicht mehr zu? Egal! Hauptsache, er kam nach Jalta! Der ukrainische Wodka Nemiroff, Nikolajewer Bier, seine geliebte Pfeife, stets eine heiße Frau parat, hin und wieder eine Abkühlung im erfrischenden Meer.
Die Passkontrolle zog sich heute unerträglich lange hin. Martin kostete sie zwanzig Minuten, der Computer war abgestürzt, weshalb sein Ausweis zu einem anderen Schalter gebracht werden musste, wo es ebenfalls eine Schlange gab. Wie jeder Russe, der einmal über Scheremetjewo 2 geflogen ist, ertrug er die Prozedur geduldig und murrte nicht darüber, so lange aufgehalten zu werden.
Nachdem man seinen Ausweis endlich kontrolliert und das Einreisevisum hineingestempelt hatte, verließ Martin das Gelände durch das Ausgangstor und hielt nach einem Taxi Ausschau.
Er brauchte weder zu suchen noch zu feilschen. Die Heimat erwartete ihn bereits – und zwar in Gestalt von Juri Sergejewitsch, der einen leichten grauen Mantel trug und die Schlüssel eines alten grauen Wolgas um die Finger wirbeln ließ.
»Wohin wollen wir denn?«, fragte Juri Sergejewitsch mit strengem Lächeln.
»Wohin Sie verlangen«, antwortete Martin und nahm ohne jeden Widerspruch im Wagen Platz. Den Rucksack und die im Futteral steckende Winchester warf er auf die Rückbank.
»Trefflich formuliert«, lobte der Tschekist.
Sie fuhren durch einige Gassen, durch die sie bequem zur Christ-Erlöser-Kathedrale gelangten, um dann zum Zentrum zu rasen.
»Was haben Sie sich nur dabei gedacht, Martin?«, fragte Juri Sergejewitsch tadelnd und durchbrach so das bedrückende Schweigen. »Wo wir zu Ihnen so offen waren. Wir haben uns so gut besprochen, meinem Chef habe ich versichert: Der Genosse Dugin wird umgehend Mitteilung machen, sobald ihm etwas Interessantes auffällt. Und was tun Sie statt dessen?«
»Ich habe nicht gewusst, was ich hätte mitteilen sollen«, antwortete Martin finster. »Für wen halten Sie mich denn? Für einen Hellseher? Ich hatte eine Idee … eine absolut idiotische Idee …«
»Dann lassen Sie mal hören!«, munterte ihn Juri Sergejewitsch auf.
»Irina hat in dem Brief an ihren Vater den Hund grüßen lassen … den sie Homer nannte. Dabei heißt der Hund Bart.«
»Ich sehe den Zusammenhang nicht«, gestand der Tschekist.
»Das sind Comicfiguren«, setzte Martin zu einer Erklärung an. »Da gibt es eine ganze Familie …«
Er legte Juri Sergejewitsch die Kette seiner Vermutungen dar, die ihn auf den Planeten Marge geführt hatten.
»Nicht viel«, räumte Juri Sergejewitsch ein. »Ich muss zugeben, das ist nicht viel. Sehr vage. Trotzdem hätten Sie mich anrufen müssen.«
»Ich wollte die Sache erst selbst überprüfen«, erklärte Martin trotzig. »Und dann … haben sich die Ereignisse überschlagen. Ein Geddar hat mir seine Freundschaft aufgedrängt …«
»Ach ja?«, fragte der Tschekist interessiert. »Darüber, über die Geddarn, unterhalten wir uns gesondert. Das sind unsere natürlichen Verbündeten in der Galaxis.«
»Juri Sergejewitsch«, konnte Martin sich nicht verkneifen. »Ich werde alles berichten. Ich habe nichts zu verbergen, von meiner eigenen Dummheit und meinem Scheitern abgesehen, glauben Sie mir! Aber jetzt möchte ich etwas essen.«
»Ja und?«, fragte der Tschekist, unschuldig lächelnd.
»Haben Sie mich in Ihrer Freizeit mit dem Wagen aufgegabelt oder in Erfüllung
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