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Spektrum

Spektrum

Titel: Spektrum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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Zeitalter, in dem das Vertrauen keine Gefahr in sich barg, gab es nicht. Hat es nie gegeben und wird es nie geben. Die Haken an den Gesetzen, die Anwälte und Polizisten, Vorschriften und Verträge sind der Preis, den ihr für den Fortschritt zahlt. Worüber grämst du dich, Martin? Das ist die Natur deiner Rasse … und vieler, vieler anderer auch … der meisten Rassen in der Galaxis. Die Frage des Vertrauens ist nicht nur eine Frage des Wissens, sondern auch eine Frage der Motive. Du musst nicht nur anerkennen, dass jemand über größere Kenntnisse verfügt als du. Du musst auch glauben, dass eure Ziele übereinstimmen! Als es noch schlichte Ziele waren – mehr Geld, Fleisch, Wein und Frauen –, glaubte das Volk seinen Herrschern in der Tat. Kaum fingt ihr an, über die großen Ziele nachzudenken, verließ euch das Vertrauen. Das ist der Preis, den ihr für den Wunsch nach Großem entrichten müsst. Für Utopien und Projekte, für Träume und Phantasien. Für den Gott in eurer Seele, für die Liebe in euerm Herzen, für die Bücher und Bilder, für die Propheten und Märtyrer. Du beklagst das verloren gegangene Vertrauen? Nur den einfachsten Wahrheiten kann man ohne jede Skepsis vertrauen, nur der Muttermilch und der Goldmünze, dem Blut des Feindes und der Wärme des Weibchens. Sobald ein Mensch aufhört, sich nach der Mutterbrust zu sehnen, wenn er den Feind nicht unbedingt töten muss, wenn die goldenen Statuen gestürzt sind, die Liebe, nicht bloß die Lust gewählt ist, lässt der Mensch die unanfechtbaren Wahrheiten hinter sich. Trauer dem blinden Vertrauen nicht nach, Martin! Überlass es den grausamen Helden vergangener Zeiten. Überlass es den Kindern, die grausame Helden spielen. Du bist alt genug, um zu entscheiden, wann du dem Vertrauen einen Platz einräumen möchtest.«
    »Und wenn es meine Kräfte übersteigt, diese Entscheidung zu treffen?«, fragte Martin. »Wenn mein Verstand das eine sagt, aber mein Herz etwas ganz anderes? Wenn alle Vertrauen verlangen, aber man nur einem Einzelnen glauben darf?«
    Der Schließer lächelte.
    »Also ist es für mich noch zu früh, diese Entscheidung zu treffen?«, wollte Martin wissen. »Muss ich zu den einfachen Wahrheiten zurückkehren, die dich niemals im Stich lassen? Zum Schaschlik am Strand, zum starken Wein und zu abenteuerlustigen Frauen?«
    Der Schließer lächelte.
    »Das kann ich nicht«, sagte Martin. »Mich verlangt es nach mehr, Schließer. Ich habe es satt, den unanfechtbaren Wahrheiten zu glauben – sie langweilen ungemein.«
    »Du hast meine Einsamkeit und meine Trauer vertrieben, Wanderer«, sagte der Schließer. »Tritt durch das Große Tor und setze deinen Weg fort.«
    Seufzend erhob sich Martin. »Warum will ich nur glauben, ich hätte eine Antwort erhalten?«, fragte er nach kurzem Zögern. »Warum möchte ich nur vertrauen?«
    Die Schließer jedoch gaben niemals eine Antwort.
     
    Selbst wenn Martin mitunter zu spontanem und leichtfertigem Verhalten neigte, ging er doch nur ungern ein offenkundiges Risiko ein. Deshalb wählte er, als er auf den freundlichen Bildschirm des Computers starrte, nicht Bessar, sondern Arank. Auf Arank gab es in unmittelbarer Nähe der Station ein Geschäft für Reisebedarf, in dem die Herzen aller kleinen Jungen – von fünf Jahren an bis ins hohe Greisenalter – höher schlugen. Gedacht war der Laden eigentlich für reiselustige Aranker, doch auch Menschen konnten hier ungehindert einkaufen. Arankisches Geld besaß Martin noch, sogar an den Preis eines ansprechenden purpur-goldenen Skaphanders erinnerte er sich noch. Der Raumanzug war für jene Extremtouristen, die eine Tour über die Planeten der Gelben und der Roten Liste planten. Wie die Hersteller versicherten, würde der Anzug selbst auf den geheimnisvollsten und schrecklichsten Planeten nicht versagen, auf denen die Gefahr nicht von der giftigen Luft oder gefräßigen gezahnten Wesen ausging, sondern von den Gesetzen des Kosmos selbst, die nichts mit der üblichen Physik des Raums gemein hatten. Martin hatte immer die Legenden über jene Welten belächelt, in denen der Wert Pi mit vier angegeben wurde, und sich über die schrecklichen Folgen amüsiert, welche die Veränderung jener Konstante für den menschlichen Organismus mit sich brachte. Aber an der Existenz eines Planeten, in dem alles – angefangen vom Boden bis hin zu den Lebewesen – ein Supraleiter war, zweifelte er nicht. Es gab Welten, wo das Planck’-sche Wirkungsquantum mit einem

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