Spektrum
»Also muss das Schiff in den stationären Orbit … Gut, wir gelangen also nach Gamma Capella. Und dann? Das ist immerhin das Sternensystem, von dem aus die Schließer ihre Expansion durchs Universum starten! Dort müssten sich die Raumschiffe genauso stauen wie in der Twerskaja in Moskau die Autos! Man würde uns sofort bemerken!«
»Könnte sein. Allerdings glauben wir, dass die Schließer bei weitem nicht so stark sind. Sie sind bloß die selbsternannten Erben einer uralten Rasse …«
»Bla, bla, bla …« Martin verzog das Gesicht. »Diese umwerfende Hypothese erfreut sich auch auf der Erde einiger Beliebtheit. Doch welche Argumente lassen sich für eine solche Version vorbringen? Spiegelt es nicht nur unsere eigenen Komplexe wider, wenn wir einfach nicht anerkennen wollen, dass die Schließer uns überlegen sind?«
»Ich habe einen indirekten Beweis«, erklärte Irina. »Du weißt, dass Schließer ihre Eigenbezeichnung ist?«
»Ja, schon …«, meinte Martin.
»So stellen sie sich übrigens in allen Welten und in allen Sprachen vor! Was ist ein Schließer, Martin? Ist er der Herr der Tore, für die er die Schlüssel hat?«
»Quatsch!«, meinte Martin. Irinas Worte waren so überraschend – und so logisch.
»Sie sind nur Schließer«, wiederholte Irina. »Sie sind die Hüter der Schlüssel und der Großen Tore. Diener! Die Stationen und die Tore gehören ihnen nicht. Wenn wir uns dessen erst einmal sicher sind …«
»… dann bringen wir sie vors Galaktische Gericht«, schloss Martin.
»Vor was für ein Gericht?«, fragte Irina begriffsstutzig.
»Vor das Galaktische. In dem man die Klagen der unterschiedlichen Zivilisationen prüft. In Science-Fiction-Romanen muss so was immer vorkommen.«
»Deine Ironie gefällt mir«, dröhnte die Amöbe und legte Martin eine Pseudohand auf die Schulter. »Aber wir können unsere Empörung auch auf andere Weise zum Ausdruck bringen. Zum Beispiel, indem wir aus dem Planeten der Schließer ein zweites Bessar machen. Aus dem Orbit heraus können wir den Schließern jede Bedingung diktieren!«
»Aber ohne mich«, widersprach Martin scharf. »Selbst wenn sich die Schließer fremde Errungenschaften zunutze machen, gibt uns das keinen Grund für einen Völkermord. Sie fügen niemandem Schaden zu. Im Gegenteil! Und unsere Ambitionen … sind eben nur Ambitionen. Das Leben ist ein Glücksspiel, und den Hauptgewinn kann immer nur einer bekommen.«
Die Amöbe schob die Organellen zur Seite, so einen Blick formend, der auf Irina gerichtet war. »Du hast recht gehabt, Genosse«, sagte sie. »Er taugt was. Er neigt nicht zu unbegründeten Aggressionen.«
Schuldbewusst lächelte Irina Martin zu. »Entschuldige. Ich war mir sicher, dass du keinen blinden Hass auf die Schließer hegst. Aber die Bessarianer haben auf einer Überprüfung bestanden.«
»Was muss denn noch alles geprüft werden?«, fragte Martin müde. »Meine Toleranz gegenüber fremden Lebensformen? Mein Intelligenzquotient?«
»Deine Toleranz hast du schon bewiesen, indem du meine Faxen ertragen hast«, erklärte Pawlik. »Und dein Intelligenzquotient ist absolut belanglos.«
Drei
Man stelle sich ein Meer vor, das entweder auf den Wink eines Propheten oder durch eine gewaltige Kraft geteilt wird. Tosende Wellen, die den Grund freigeben, ein ovales Tal inmitten einer glatten Wasserfläche.
Sodann gebiete man diesen Wellen, die sich begierig wieder vereinen wollen, Einhalt! Erstarren sollen sie! Und auf dem trocken gelegten Boden mögen sich in gefährlicher Nähe zu den bläulichen Wänden bizarre Holzbauten bilden, mit gebrochenen Linien und spitzen Winkeln – ein von Dali geträumtes Geometrielehrbuch. Zwischen diesen Gebäuden lasse man schließlich amorphe Amöben von übermenschlicher Größe gemächlich spazieren gehen, sei es laufend, sei es fließend.
Über allem hänge man eine Sonne auf, eine grelle, hellblaue Sonne, die größer ist als die irdische. Ihre Strahlen durchdringen die erstarrten Wellen, lassen das matschige Meer in noch stärkerem Dunkelblau aufleuchten, wo riesige, melancholische Bakterien schwimmen, die mit ihren geißelfädigen Flossen die elastische Masse auseinander drücken.
»Wie in einem Lehrfilm«, kommentierte Martin, als er vom Fenster wegtrat. »Die simplen Lebensformen. Alltag, Gebräuche und Moral der Amöben.«
»Diese simplen Wesen sind den Menschen in vielem weit überlegen«, bemerkte Irina.
»Ja, das ist mir auch klar geworden …« Martin trat an die
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