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Spektrum

Spektrum

Titel: Spektrum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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nicht. Vielleicht Kinder. Vielleicht Alltagsgegenstände«, antwortete Pawlik gleichmütig. Ob er das ernst meinte oder scherzte, ließ sich nicht sagen.
    »Und wieso bewegt er sich?«, ließ Martin nicht locker.
    »So ein Inkubator muss doch schließlich auch etwas essen!«, verwunderte sich Pawlik. »Er schwimmt ein wenig, dann kehrt er an seinen Platz zurück.«
    Da sich in diesen Worten durchaus eine gewisse Logik verbarg, gab Martin das Verhör auf. Zudem interessierte ihn Irina Poluschkina momentan weit mehr.
    Die lebende Irina!
    »Ich muss dich jede Menge fragen«, sagte Martin. »Ich weiß nicht einmal, womit ich anfangen soll.«
    »Wir haben jetzt ja Zeit«, unterbrach Irina ihn. »Wollen wir uns nicht nachher bei mir unterhalten?«
    Martin verstand die Anspielung und schob das Gespräch auf. Eine Frage konnte er sich freilich nicht verkneifen: »Bei dir?«
    »Man hat mir hier eine Wohnung zur Verfügung gestellt. Eine sehr lauschige übrigens.«
    »Deine Fähigkeit, Freunde unter den Außerirdischen zu finden, verblüfft mich immer wieder«, meinte Martin kopfschüttelnd.
    »Dafür muss man nur dieselben Ziele haben«, erwiderte Irina ohne langes Nachdenken und sehr ernst. »Das stimmt doch, oder, Pawlik?«
    »Richtig!«, bestätigte der Bessarianer zufrieden.
    »Und welches Ziel verfolgt ihr im Moment?«, erkundigte sich Martin.
    »Den Schließern den Hintern zu versohlen!«, erklärte der Bessarianer übermütig. »Richtig, Irina?«
    »Richtig!«, bestätigte die junge Frau.
    Innerlich stöhnte Martin auf. Er hatte stets Sympathie für die tapferen Helden gehegt, die die Götter herausforderten, die sich allein gegen eine ganze Armee stellten und vor dem Mittagessen die Welt retteten. Er selbst trug sich freilich nicht mit der Absicht, ein derart irrationales Verhalten an den Tag zu legen. Außerdem wollte er dafür sorgen, dass sich auch Irotschka nicht auf einen Kampf gegen die Schließer einließ.
    »Und wie das?«, erkundigte er sich, während die Kapsel weiter und weiter durch das matschige Wasser glitt und ein Ende des Weges nicht abzusehen war.
    Der Bessarianer trieb einen Teil der Organellen auf die Martin zugewandte Seite seines Körpers, worauf etwas entstand, das wie ein groteskes Gesicht aussah.
    »Brrr!«, sagte Martin, während er auf die Kette aus Mitochondrien starrte, die die Zähne markierte. »Muss das sein?«
    »Das soll die Kommunikation erleichtern«, versicherte der zufriedene, ein hohles Lachen von sich gebende Bessarianer. »Außerdem hilft es, freundschaftlichen Kontakt herzustellen.«
    »Und was wabert da oben für ein dunkelblauer Mist in dir?«, fragte Martin, den Blick auf etwas gerichtet, das an fest zusammengeknäuelte Fäden oder einen Klumpen fasriger Algen erinnerte.
    »Das ist das, womit ich denke«, erklärte Pawlik.
    »Das blaue Labyrinth?«, fiel Martin der Begriff aus dem Werk von Garnel und Tschistjakowa ein. Das war die einzige Struktur im Organismus der Bessarianer, für die es keine Analogie bei irdischen Einzellern gab.
    »Genau das«, bestätigte der Bessarianer zufrieden. »Das blaue Labyrinth. Die Birne. Der Dez. Das Oberstübchen. Wie auch immer du willst.«
    »Aber wie kannst du denn mit dieser Struktur denken?«, konnte Martin sich nicht verkneifen zu fragen. »Unser Gehirn setzt sich aus einer Vielzahl von Zellen zusammen, während du insgesamt nur aus einer Zelle bestehst …«
    »Weißt du, was die Brown’sche Bewegung ist?«, fragte Pawlik.
    »Ja.«
    »Genau dieser Prozess garantiert auch mein Denken.«
    »Brr«, bekundete Martin noch einmal. »Dann denkst du also umso schneller, je wärmer es um dich herum ist?«
    »Bis zu einem bestimmten Punkt«, erklärte Pawlik höflich. »Bei einer Körpertemperatur von über vierzig Grad nimmt die Struktur Schaden. Und bei fünfzig Grad flippe ich einfach aus!«
    »Gut, lassen wir deine Physiologie«, meinte Martin. »Wie wollt ihr den Schließern denn einheizen? Weshalb? Und wozu?«
    »Wie? Das entscheiden wir spontan. Weshalb? Weil uns die Diskriminierung reicht. Und wozu? Um den Frieden im Universum herzustellen.«
    Nachdem Martin die Amöbe ausdauernd betrachtet hatte, kam er zu dem Schluss, dass Pawlik, sich einen weiteren Scherz mit ihm erlaubte. Zum Glück mischte sich nun Irina ins Gespräch.
    »Lass mich das besser erklären«, sagte sie und schob den Außerirdischen ohne viel Federlesens zur Seite. »Ist dir bekannt, dass Bessar die erste Welt war, auf der die Schließer gelandet sind?«
    »Nein«,

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