Spektrum
Martin hinzu. »Ich habe das überprüft. Und ich würde meine Hand dafür ins Feuer legen, dass Pjotr Baturinzew schon lange auf eurer Gehaltsliste steht. Warum hast du trotzdem ausgerechnet mich empfohlen?«
Juri Sergejewitsch seufzte, kippte mit einem Schluck den halben Krug hinunter und blickte den Kellner fordernd an. »Weil du, Martin, zu diesem Zeitpunkt weiter als alle anderen warst«, sagte er, nachdem er sich sorgfältig die Lippen abgewischt hatte.
»Das musst du erklären«, blaffte Martin, der allmählich wütend wurde.
»Das kann ich nicht, Martin. Und das ist nur zu deinem Besten.« Traurig schüttelte Juri Sergejewitsch den Kopf. »Kratz mich, beiß mich – ich werde es trotzdem nicht sagen. Du hättest danach nur noch mehr Probleme, und bringen würde es dir rein gar nichts.«
»Ihr observiert alle, die häufig durch die Großen Tore gehen«, murmelte Martin. »Ich verstehe das … die Berichte … die erzählten Geschichten … Seid ihr auf irgendetwas gestoßen?«
Juri Sergejewitsch hüllte sich in Schweigen, runzelte gequält die Stirn und senkte den Blick.
»Du bist keinen Deut besser als ein Schließer«, platzte Martin heraus.
Der Kellner brachte Juri Sergejewitsch das zweite Bier und legte Besteck auf den Tisch. Derweil sagten die beiden Männer kein Wort.
»Standen meine Chancen besser, Irina zu retten?«, versuchte Martin es von einer anderen Seite aus anzugehen.
»Nein …« Juri Sergejewitsch zögerte. »Obwohl … sowohl ja als auch nein. Jetzt, wo wir wissen, dass Irina es zuwege gebracht hat, sich zu kopieren, kann ich mir auf die Schulter klopfen. Du hast dich in der Tat als ideale Wahl herausgestellt. Aber ich habe mit etwas völlig anderem gerechnet, Martin. Ich habe erwartet, dass du bei der Suche nach Irina einige Planeten besuchst, ihr … selbst wenn du sie mal aus den Augen verlierst … auf der Spur bleibst … kurz gesagt, für mich sah alles viel einfacher aus.«
»Es geht nicht nur um Irina, es geht auch um mich«, hielt Martin fest. »Gehen wir einmal davon aus, ihr wolltet, dass ich eine Affäre mit Irina anfange … deshalb sind auch die Maximowa und die Brüder ausgefallen …«
Juri Sergejewitsch schnaubte.
»Jetzt lasse ich nicht mehr locker! Ich werde der Sache auf den Grund gehen!«, polterte Martin. »Außerdem mag ich es nicht, mit Anspielungen und Vagheiten abgespeist zu werden!«
»Gerade das gefällt mir«, beruhigte ihn Juri Sergejewitsch. »Und jetzt Schluss mit dem Gerede von deiner Einmaligkeit. Du bist nicht einmalig, du warst nur zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Möglicherweise hätte ich ein Jahr später Kusnezow auf die Suche nach dem Mädchen angesetzt. Oder ein Jahr früher Ratsche.«
»Etwa Wolodja Ratschkow?«, wunderte sich Martin. Er erinnerte sich noch an diesen intelligenten Brillenträger, der sich rasch eine gute Reputation erworben, im Gespräch ein bisweilen treffendes, mitunter jedoch auch völlig unpassendes »… und ritsch« gebraucht und seine Arbeit vor einem halben Jahr überraschend aufgegeben hatte. »Ich wusste nicht, dass er so genannt wird. Ritschratsch, das kenne ich …«
»In unseren Unterlagen wurde er als Ratsche geführt«, erklärte Juri Sergejewitsch. »Aber er arbeitet nicht mehr.«
Der Kellner brachte ihr Essen, wünschte ihnen guten Appetit und zog sich zurück. Genüsslich ließ Martin den Blick über die Mahlzeit schweifen: leicht geräucherte, zarte Schweinshaxe, die mit Buchweizengrütze und Pilzen, einer in duftendem Pflanzenöl angebratenen Zwiebel und fein geriebenem Wachtelei auf einem großen, matt glänzenden weißen Teller von runder Form serviert wurde.
»Jedes Gericht muss seinen besonderen Pfiff haben«, sagte er. »Hier verdankt er sich dem Wachtelei!«
»Mir ist schon aufgefallen, dass du diesen Eiern gegenüber nicht gleichgültig bist«, erwähnte Juri Sergejewitsch, während er nach Messer und Gabel langte.
»Und unbedingt gehört ein Bier dazu! Ein frisch gezapftes dunkles Bier … Und ich tauche in euren Unterlagen also als Läufer auf?«, beschloss Martin mit seinem Wissen zu glänzen.
Juri Sergejewitsch kaute bedächtig ein Stück Fleisch mit Kascha. »Hm … wirklich lecker …«, brummte er. »Willst du eine ehrliche Antwort?«
»Ja«, entschied Martin leichthin.
»Nein, du wirst bei uns als Snob geführt.«
Nie zuvor hatte Martin sich so gedemütigt gefühlt. Hätte Juri Sergejewitsch ihn mit dem Gesicht in die Buchweizengrütze samt aromatischem Öl, Zwiebel und
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