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Spektrum

Spektrum

Titel: Spektrum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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es sonst noch etwas, das ich wissen müsste?«, fragte Martin.
    Lächelnd schüttelte David den Kopf. »Unsere wissenschaftlichen Untersuchungen und Dispute dürften Sie wohl kaum interessieren, oder? Die diesen Planeten bewohnende Rasse war älter als die Schließer, doch sie hat uns nichts hinterlassen, sieht man einmal von den Kanälen, Inseln und Obelisken ab. Allwöchentlich verkündet jemand marktschreierisch, ihre Sprache entschlüsselt zu haben. Jedes Mal stellt sich das als Irrtum heraus. Freilich verlieren wir nicht die Hoffnung.«
    »Sind Sie Linguist?«, hakte Martin nach.
    »Das ist nur mein Hobby.« David schüttelte den Kopf. »Ich bin Biologe und hier hergekommen, um die einheimische Tierwelt zu studieren. Es gibt hier eine einzigartige Biozönose, neun Tierarten und drei Algenarten bilden ein außergewöhnlich stabiles System. Jede Eiweißrasse kann die hiesigen Tiere essen. Das Wasser in den Kanälen ist leicht salzig, löscht indes hervorragend den Durst. Mitunter regnet es, doch heftige Unwetter kennen wir hier nicht. Die Temperatur liegt zwischen 12° und 29° Celsius.«
    »Ein künstliches System«, bemerkte Martin.
    »Selbstverständlich.« David setzte ein strahlendes Lächeln auf. »Diejenigen, die diese Welt erschlossen haben, schufen Bedingungen, in denen jede humanoide Rasse überleben kann. Wo sie jetzt sind?« Er breitete die Arme aus. »Sollte es je gelingen, die Schriftzeichen auf den Obelisken zu entziffern, wird das einen wissenschaftlichen Durchbruch sondergleichen darstellen.«
    Der Geddar, der bisher völlig reglos dagestanden hatte, bückte sich nun. Er hob die Tüte mit der Ausrüstung vom Boden auf.
    »Noch zwei Fragen«, warf Martin schnell ein. »Wie weit ist es bis nach Enigma?«
    »Dreiundzwanzig Kilometer. Ein erfahrener Mensch braucht zu Fuß fünf oder sechs Stunden. Sie dürften acht Stunden benötigen.«
    Martin sah in den Himmel.
    »Bis zum Sonnenuntergang bleiben Ihnen noch vier Stunden«, fügte David hinzu. »Die Dunkelheit senkt sich hier schlagartig herab, der Planet hat keine Satelliten, und die Luft ist sehr sauber. Ich würde Ihnen empfehlen, in unserem Dorf zu übernachten. Für ein Stückchen Schokolade oder ein paar Teebeutel bereitet Ihnen jede Familie ein Nachtlager und verköstigt sie mit gebackenem Fisch.«
    »Und die zweite Frage«, sagte Martin, ohne auf den Vorschlag einzugehen. »Welchen Eindruck hatten Sie von der jungen Frau, die nach Enigma aufgebrochen ist?«
    Seltsamerweise geriet David daraufhin in Verlegenheit. Er sah den Geddar an – der plötzlich ganz wie ein Mensch mit den Schultern zuckte.
    »Sie war seltsam«, gab David zu. »Ein junges Ding, das uns erzählt hat, es sei das erste Mal durch ein Großes Tor gegangen.
    Ich habe dem Mädchen geglaubt. Andererseits schien sie genau zu wissen, was sie tat, erkundigte sich sofort nach dem Weg nach Enigma …« Er verstummte. Nach einer Weile fügte er hinzu: »Außerdem hatte sie schon vorab die Hälfte ihrer Ausrüstung aussortiert. Wie Sie, Martin. Außerdem hatte ich den Eindruck, sie würde ihre Fragen nur der Form halber stellen … die Antwort jedoch schon kennen.«
    »Vielen Dank«, meinte Martin nachdenklich. »Ich werde es wohl wagen, mich gleich auf den Weg zu machen.«
    Martin ging über die kleine Brücke. Nachdem er den Karabiner geschultert hatte, drückte er David die Hand. Der Geddar nickte ihm höflich zu.
    Dann machte sich Martin auf den Weg.
    Hauptstadt wirkte in der Tat wie ein großes Dorf. Die Maße der Inseln erlaubten es jeweils nur wenigen Menschen, sich auf einer von ihnen niederzulassen. Insofern bildete der überwiegende Teil der Bevölkerung tatsächlich eine Art Familie. Martin versuchte, sich über die kleinen Inseln fortzubewegen und die großen mit den Zelten und Hütten zu meiden. Häufig sah er Brücken, erbaut aus Obelisken, die einen dauern konnten. Über einigen kleinen Inseln flatterten auf die Obelisken gepfropfte Wimpel, die die Rolle von Aushängeschildern spielten. Martin entdeckte eine medizinische Einrichtung, zwei Geschäfte, einen Friseur und noch einiges mehr. Besonders komisch und zugleich anrührend nahm sich eine Kirche aus, deren Wände aus Moskitonetzen bestanden.
    Mücken gab es hier, soweit Martin wusste, keine.
    An einigen Stellen erweiterten sich die Kanäle auf fünf, sechs Meter. An solchen Stellen waren Netze gespannt. Eine Insel mit langer Bucht diente als Strand und zum Schwimmen. Drei wohlgenährte, braun gebrannte Nudistinnen

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