Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Spektrum

Spektrum

Titel: Spektrum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
Vom Netzwerk:
dunkle Blau ab, und Martin vermeinte, die Sterne zu sehen. Schon in der nächsten Minute durfte er sich davon überzeugen, dass er sich nicht getäuscht hatte. Im hinteren Ende des Flugzeugs heulte leise und beruhigend der Motor.
    »Sie können aufstehen!«, erklärte der Pilot vergnügt, als er in den Raum für die Passagiere kam.
    Martin spähte über seine Schulter: In der Tat, es gab nur einen Piloten, im Cockpit war niemand mehr. Das Steuer von bizarrer Form ruckelte leicht, während es diverse Manöver durchführte.
    Hätte Martin dem Piloten seine Einstellung zu Fragen der Sicherheit erläutert, wäre dieser natürlich an seinen Platz zurückgekehrt – schlicht aus Mitleid mit dem fremdplanetaren Gast, der kein Vertrauen zur Technik gefasst hatte.
    »Vielen Dank, das war ein sehr ruhiger Start«, sagte Martin höflich. »Wo ist denn die Toilette?«
    Als er aus dem Raum am hinteren Ende zurückkehrte – dort gab es nicht nur eine Toilette, sondern auch eine kleine Dusche und ein winziges Zimmerchen mit einem verdächtig breiten und weichen Bett –, hatte der Pilot bereits das Essen serviert. Auf dem Tisch warteten verschiedene Speisen auf ihn, eine Flasche Wein lokaler Herstellung und sogar ein kleines gläsernes Öl-Lämpchen, dessen drei Dochte mit roter, dunkelblauer und grüner Flamme brannten.
    »Sehr liebenswürdig«, sagte Martin. »Vielen Dank.«
    »Ist ein langer Flug«, erklärte der Pilot. »Drei Stunden. Tirianth …« Er dachte nach. »… ist der entfernteste Punkt.«
    »Auf der anderen Seite der Halbkugel?«, schlussfolgerte Martin. »Da habe ich mir ja wirklich einen interessanten Ort zur Ankunft ausgesucht …«
     
    Eine fremde Sprache zu beherrschen bedeutet enorme Macht. Kennt man eine Sprache, versteht man auch den Gedankengang eines Fremden. Einige Rassen vermeiden es gänzlich, Fremdlinge ihre Sprache zu lehren, obgleich sie selbst voller Bereitschaft andere Sprachen erlernen.
    Die Aranker gehörten nicht zu jenen hypervorsichtigen oder Fremden gegenüber voreingenommenen Rassen. Auf der Erde wurden Lehrbücher ihrer Sprache verkauft und Kurse angeboten. Martin wusste, dass man beim Erwerb des Arankischen nicht mit gravierenden Problemen rechnen musste, ja, viele rühmten die Sprache sogar wegen der strengen Logik ihrer Struktur und der einfachen Grammatik.
    Doch das Touristische, das allen beim Passieren eines Großen Tors eingespeist wurde, ließ keiner anderen Sprache die Chance, zu einem galaktischen Esperanto zu avancieren. Gewiss, Touristisch war kompliziert – aber man brauchte es ja auch nicht zu lernen …
    »Ich gehe durch das Tor«, erklärte der Pilot Martin, während er sorglos Wein trank. »Unbedingt. Danach lernt man, unterhält sich. Mit allen. Das ist gut.«
    »Haben Sie denn keine Angst, für die Rückkehr keine zweite Geschichte zu finden?«, fragte Martin. Bei der ersten Geschichte schien die Situation für alle Rassen gleich einfach zu sein, schätzten die Schließer doch Autobiographien.
    Der Pilot runzelte einen Moment die Stirn, dann schüttelte er den Kopf. »Nein, nein. Hab ich nicht. Man kann eine interessante Welt aussuchen. Sich umsehen, reden, denken. Denken und noch mal denken. Dann kommt die Geschichte.«
    »Ja, das stimmt«, pflichtete Martin ihm bei. Die erste Reise über die Grenzen des eigenen Planeten hinaus bescherte einem in der Regel so viele Eindrücke, dass es keine Mühe bereitete, sie in eine Erzählung zu kleiden. Das Problem bestand freilich darin, einen interessanten Planeten auszuwählen, denn die interessanten Welten waren für gewöhnlich auch die gefährlichen.
    Aber die Aranker fürchteten ja keine hypothetischen Gefahren …
    Der Flug dauerte mittlerweile schon mehr als zwei Stunden. Sie hatten einen Ozean überflogen, wobei Martin sich lange an dem Archipel aus winzigen Inselchen erfreut hatte, die Tausende von Kilometern fern des Festlands lagen. Der Pilot versuchte ihm klar zu machen, wodurch dieser Archipel berühmt war, doch dafür reichte sein Wortschatz nicht. Das Einzige, was Martin mitbekam, war, dass es hier vor Unzeiten einen Kontinent gegeben hatte, von dem jetzt nur noch die Bergspitzen aus dem Wasser ragten. Nun ja, jeder Planet, der etwas auf sich hielt, brauchte sein Atlantis.
    Die auf ihn einstürmenden Eindrücke hatten das zerschmolzene Informatorium unterdes fast gänzlich aus seinem Gedächtnis verdrängt. Vielleicht hatte er sich an der philosophischen Einstellung der Aranker infiziert, auf alle Fälle wollte

Weitere Kostenlose Bücher