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Spektrum

Spektrum

Titel: Spektrum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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Leuchtfeuer, das auf einem derart zivilisierten Planeten freilich nicht unbedingt nötig gewesen wäre, von den Schließern jedoch hartnäckig auf jeder Station errichtet wurde.
    Martin gelangte über eine mobile spiralförmige Rampe zu einem der Eingänge in die Station. Dort hüllte ihn warme, angenehm duftende Luft ein, während über ein dickes, halbtransparentes Feld huschende Lichtsignale Martin zu einem freien Schließer lotsten. Hier in dieser großen und belebten Station war der weitläufige Saal wie ein Restaurant mit kleinen Zweiertischen eingerichtet. An jedem Tisch saß ein gelangweilter Schließer und wartete auf interessante Geschichten.
    Martin trat an einen Sessel heran, neben dem über eine matte Standtafel gleich einem Spermatozoon ein Signal schoss, und setzte sich bequem hin. Er blickte dem Schließer in die traurigen Augen und begann mit der ihm zugebilligten Rede. »Es war einmal ein Mensch …«
    »Dieser Beginn hat mir schon immer gefallen«, lobte ihn der Schließer und schob einen sauberen Pokal und eine Flasche Wein näher an Martin heran.
    Martin schenkte sich etwas ein und fing noch einmal an: »Es war einmal ein Mensch, der, wie es so kommt, starb. Als er sich danach betrachtete, wunderte er sich sehr. Sein Körper lag auf dem Bett und fing allmählich zu vermodern an, während ihm einzig die Seele geblieben war. Die nackte, durchsichtige Seele, sodass gleich zu sehen war, wen man da vor sich hatte. Der Mensch verzweifelte schier – ohne Körper fühlte er sich unwohl, genierte sich. Alle Gedanken, die er dachte, schwammen in seiner Seele wie bunte Fische. All seine Erinnerungen lagen am Grund der Seele, zur Ansicht freigegeben. Es fanden sich darunter gute und schöne Erinnerungen, die man gern zur Hand nahm. Aber es gab auch solche, die unseren Menschen abschreckten und anwiderten. Er versuchte, diese unschönen Erinnerungen aus seiner Seele zu schütteln, was ihm jedoch nicht gelang. Hernach versuchte er, diejenigen zuoberst zu legen, die ihm besser gefielen: Wie er sich das erste Mal im Leben verliebt hatte. Wie er seine alte, kranke Tante gepflegt hatte. Wie er geweint hatte, als sein Hündchen starb. Wie er sich über die Morgendämmerung gefreut hatte, der er nach einem langen und heftigen Schneesturm in den Bergen teilhaftig werden durfte.
    Und so beschritt er den ihm bestimmten Weg.
    Gott blickte flüchtig auf diesen Menschen und sagte kein Wort. Der Mensch vermeinte, Gott habe in der Eile die anderen Erinnerungen übersehen: Wie er seine Geliebte betrogen hatte. Wie er sich gefreut hatte, als seine Tante starb und ihm die Wohnung vererbte. Wie er im betrunkenen Zustand den Hund mit dem Fuß getreten hatte, der ihn liebkosen wollte. Wie er in dem dunklen kalten Zelt an der versteckten Schokolade genagt hatte, während seine hungrigen Freunde schliefen. Und vieles, vieles mehr, an das er sich unter keinen Umständen erinnern wollte. Und der Mensch freute sich und machte sich auf zum Paradies, hatte Gott ihm die Tür doch nicht verschlossen.
    Es verging einige Zeit, wie viel, lässt sich nur schwer sagen, da sie an jenem Ort, an den unser Mensch gelangt war, in völlig anderem Tempo verstrich als auf der Erde. Und der Mensch kehrte um, kehrte zu Gott zurück. ›Warum kommt du zurück?‹, fragte Gott. ›Ich habe das Tor zum Paradies doch nicht vor dir verschlossen.‹ – ›Herr‹, sagte der Mensch, ›mir geht es nicht gut in Deinem Paradies. Ich fürchte jeden Schritt – zu wenig Gutes gibt es in meiner Seele, als dass es das Hässliche verbergen könnte. Ich fürchte, alle werden sehen, wie schlecht ich bin.‹ – ›Was willst du dann?‹, fragte Gott, denn Er war der Schöpfer der Zeit und gebot über genügend davon, um einem jeden antworten zu können. ›Du bist allmächtig und barmherzig‹, sagte der Mensch. ›Du schautest in meine Seele, hieltest mich aber nicht auf, als ich versuchte, meine Sünden zu verbergen. Erbarme Dich meiner, tilge aus meiner Seele all das Schlechte, das es dort gibt!‹ – ›Ich habe eine gänzlich andere Bitte erwartet.‹, antwortete Gott. ›Aber ich werde tun, worum du mich bittest.‹
    Und Gott nahm aus der Seele des Menschen alles, dessen er sich schämte. Er entriss dem Gedächtnis die Erinnerungen an Verrat und Betrug, Feigheit und Niedertracht, Lüge und Verleumdung, Gier und Faulheit. Doch indem unser Mensch seines Hasses nicht mehr gedachte, erinnerte er sich auch der Liebe nicht länger, und mit dem Fall vergaß er den

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