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SPIEGEL E-Book: Best of SPIEGEL:Ausgezeichnete SPIEGEL-Autorinnen und Autoren des Jahres 2012 (German Edition)

SPIEGEL E-Book: Best of SPIEGEL:Ausgezeichnete SPIEGEL-Autorinnen und Autoren des Jahres 2012 (German Edition)

Titel: SPIEGEL E-Book: Best of SPIEGEL:Ausgezeichnete SPIEGEL-Autorinnen und Autoren des Jahres 2012 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Mascolo
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Aktenmanipulationen in Mangs Klinik gelesen. "Die Vorgänge in der Bodenseeklinik rücken die gesamte Ästhetische Chirurgie in Deutschland in ein schiefes Licht", fürchtet er. Die Branche habe seit jeher mit einem halbseidenen Image zu kämpfen. "Viele Chirurgen bemühen sich seit Jahren, durch seriöse Arbeit, genau dieses Image abzustreifen."
    Veröffentlicht in DER SPIEGEL 44/2011

Die SPIEGEL-Redakteure
Lothar Gorris und Sven Röbel wurden mit dem Reporterpreis „Bestes Interview“ 2012 ausgezeichnet.
Geständnis eines ewigen Hippies
    Der Maler Wolfgang Beltracchi fälschte 35 Jahre lang Gemälde und verdiente damit Millionen. Nun berichtet er zum ersten Mal, wie er den Kunstmarkt narrte – und warum alles aufflog.
    Irgendwann während dieser beiden Tage erzählt Wolfgang Beltracchi von einem Freund in Freiburg. Einem Professor für Pathologie, die beiden kennen sich gut. "Der würde", sagt Beltracchi, ein wenig stolz klang das, "gerne mal mein Gehirn untersuchen. Er glaubt, da wäre irgendwas ganz anders."
    Es gibt eine Menge Leute, die gern in den Kopf Beltracchis gucken würden. Die Sammler beispielsweise, die Galeristen, Gutachter, Museumsleute, die seinen Fälschungen aufgesessen sind. Die Ermittler des Landeskriminalamts Berlin, die ihn zwar zur Strecke brachten, mit denen Beltracchi aber nicht sprechen wollte. Das aufgeklärte Kunstpublikum, das Gefallen fand an diesem Hippie-Desperado, weil er die Kunstwelt narrte und ein System vorführte, in dem Millionen für Gemälde bezahlt werden, deren Echtheit nur schwer zu überprüfen ist, ein System, das erratische Entscheidungen darüber fällt, welche Kunst viel wert ist und welche nichts, und das selbst gar nicht genau zu wissen scheint, was das eigentlich ist: Kunst.
    Das Treffen mit Wolfgang Beltracchi und seiner Frau Helene findet in einem Vorort im Süden Kölns statt, in dem Haus des Rechtsanwalts Reinhard Birkenstock mit Blick auf die Rheinauen. Ende Oktober ist das Ehepaar von einem Kölner Gericht zu Haftstrafen von sechs und vier Jahren verurteilt worden. Die Ermittler, spezialisiert auf Kunstfälschungen, waren auf insgesamt 55 dubiose Gemälde gestoßen, die seit Anfang der neunziger Jahre im Kunstmarkt auftauchten.
    Vor Gericht verhandelt wurden schließlich 14 Bilder, mit denen die beiden insgesamt knapp 16 Millionen Euro eingenommen haben sollen. Der Gesamtschaden, errechnet aus allen Weiterverkäufen, beläuft sich auf 34 Millionen Euro. Der Richter ließ sich auf einen Deal mit den Anwälten ein. Ansonsten hätte das Gericht bei jedem einzelnen Bild klären müssen, dass Beltracchi es tatsächlich selbst gemalt hat, was schwierig geworden wäre, angesichts fehlender direkter Beweismittel. Teil der Übereinkunft war es auch, dass die Beltracchis vor Gericht ein umfassendes Geständnis ablegten.
    Der Fall Beltracchi ist der größte Kunstfälscherskandal der Nachkriegszeit, sowohl was Umfang und Perfektion als auch was die Vermarktung der Fälschungen betrifft. Max Ernst, Fernand Léger, Heinrich Campendonk, André Derain, Max Pechstein – es waren Bilder der Klassischen Moderne, zumeist französische und deutsche Expressionisten. Insgesamt, das sagt er mehrmals in diesen beiden Tagen, will er Gemälde von mehr als 50 Künstlern gefälscht haben. Die genaue Zahl verrät er nicht. Schwerer Betrug verjährt strafrechtlich nach zehn Jahren, zivilrechtliche Klagen der Geschädigten aber sind auch bei lange zurückliegenden Fällen möglich.
    Beltracchis Prinzip war es nicht, die Gemälde der Expressionisten zu kopieren, sondern, so sagt er, die Lücken aufzufüllen in deren Werk. Entweder erfand er neue Titel und Motive, die angelegt waren an bestimmte Schaffensphasen der Künstler, oder aber er schuf Bilder zu Titeln, die in den Werksverzeichnissen auftauchen, aber als verschollen gelten, und von denen keine Abbildungen existieren.
    Kunsthistorische und naturwissenschaftliche Kenntnisse, die Beherrschung von Maltechniken und vor allem ein großes künstlerisches Talent, Beltracchi hat all das, aber er handelte auch mit der Kaltschnäuzigkeit eines Zockers, der die Gier eines überhitzten Kunstmarkts nutzte. Er hat das Selbstbewusstsein und die Hybris eines Mannes, der sich für ein Genie hält und vielleicht sogar eines ist. Er glaubt, das Werk jener Künstler, die er fälschte, besser zu verstehen als die besten Experten.
    Zusammen mit dem Krefelder Kumpel Otto Schulte-Kellinghaus, der im selben Verfahren zu fünf Jahren Haft verurteilt

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