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Hlaváčová ihre Unterlagen von der Bodenseeklinik an. Sie gab die Papiere Thomas Necas zu lesen, einem ihr bekannten Facharzt für Orthopädische Chirurgie. Necas stieß dabei auf etliche Merkwürdigkeiten: So wurde der OP-Aufklärungsbogen am 17. November 2008 ausgedruckt. Als Datum neben der Unterschrift steht aber der 16. November. Wie ist das möglich? Die Operation der Sportlerin fand am 18. statt, im OP-Bericht steht als Datum dagegen der 17. November.
Am 19. verließ Hlaváčová dann auf eigenen Wunsch die Bodenseeklinik, weil nach ihren Angaben "das cholerische und arrogante Verhalten Mangs unerträglich war". In dem anschließenden Krankenbericht, den der Mediziner angeblich am 20. verfasst und unterschrieben hat, heißt es aber bereits: "Trotz unserer intensiven Belehrung verließ die Patientin die Klinik und hat sich seit diesem Zeitpunkt nicht mehr bei uns vorgestellt."
Warum aber hält Mang es einen Tag nach der Entlassung für erwähnenswert, dass die Patientin sich nicht mehr vorgestellt hat? Gleichwohl verweist er an anderer Stelle darauf, dass Hlaváčová sich Tage später noch den Nasengips in der Bodenseeklinik hat abnehmen lassen.
Über seinen Anwalt lässt Mang mitteilen, dass im Fall Hlaváčová "das Anbringen der Daten auf den entsprechenden Unterlagen fehlerhaft" war, zuständig dafür sei aber die "Verwaltung der Klinik". Schwerwiegender als der Datumsfehler ist ein medizinischer Eintrag auf dem Aufklärungsbogen.
Wenn schon die Nase verkleinert wird, sollte nach Angaben von Chirurg Necas auch die Nasenscheidewand angepasst werden. Folgerichtig wurde im Aufklärungsbogen von Yvetta Hlaváčová vor der OP auch das Feld "Nasenscheidewandoperation" angekreuzt.
Tatsächlich aber wurde dieser Eingriff nicht vorgenommen. Im Aufklärungsbogen ist das Feld deshalb sowohl angekreuzt als auch durchgestrichen. Nach der OP schreibt Mang, dass die Nasenscheidewandoperation "evtl. später durch den ortsansässigen HNO-Arzt durchgeführt werden könne". Darüber sei die Patientin informiert worden, "in deutscher und englischer Sprache".
Abgesehen davon, dass die Sportlerin kein Deutsch versteht, sei davon auch nie die Rede gewesen, beteuert Hlaváčová. "Einer zweiten Nasenscheidewand-OP, die eine weitere Auszeit bedeutet hätte, hätte ich nie zugestimmt."
Wie aber kommt dieser Eintrag dann in ihre Krankenakte? Die Frage beantwortet Mang nicht. Sein Anwalt erklärt lediglich: Es sei nie geplant gewesen, dass Mang die Nasenscheidewand operiert. Die OP selbst sei "völlig korrekt" verlaufen. Sollte die zuständige Ärztin im Fall Hlaváčová "bei der Einverständniserklärung oder Nachbehandlung Fehler begangen haben, hat das nichts mit der Arbeit von Prof. Mang zu tun". Außerdem habe die Sportlerin sich seit "zwei Jahren weder direkt oder über Dritte gemeldet und etwaige Problematiken vorgetragen".
Für Yvetta Hlaváčová ist das Resultat bitter: "Mein Leben hat sich zu hundert Prozent geändert", sagt sie, "Schwimmen war für mich alles."
Wahrscheinlich würde sie nicht einmal daran denken, gerichtlich gegen Mang vorzugehen, wenn der sich bei ihr entschuldigt hätte, sagt sie. "Aber diese Arroganz ist unerträglich. Ich komme mir vor wie ein Objekt, das man übergeht, damit das Business weitergehen kann."
So fühlte sich auch Kerstin W. Sie war 39, als sie sich vor sechs Jahren für 10 000 Euro ihre Brüste bei Mang verkleinern ließ. Als sie im Jahr darauf die Homepage der Klinik anklickte, erstarrte sie: In einer Fotogalerie entdeckte W. ihre nackten Brüste vor und nach der Operation, dazu die Initialen ihres Namens, "K. W.", und ihre Altersangabe. Sie rief empört in der Klinik an, erhielt kurz darauf aber nur einen lapidaren Brief von Mang: "Das Operationsergebnis ist sehr gut geworden. Wir dachten, dass Sie mit Frau Dr. M. abgesprochen hätten, dass dieses schöne Ergebnis ins Internet gestellt werden kann."
Kerstin W. schaltete den Rechtsanwalt Clemens Alexander Foidl ein, der die Bodenseeklinik aufforderte, die Fotos nicht mehr zu zeigen und alle Bilder herauszugeben. Mang antwortete umgehend und schrieb dem Rechtsanwalt: "Frau W. war einverstanden, dass die Vorher-/Nachherbilder gezeigt werden dürfen. In der Anlage schicken wir Ihnen die Einverständniserklärung."
Was Mang nun schickte, war für den Anwalt der Patientin ein starkes Stück. Denn der Professor legte die Einverständniserklärung der Patientin zur Operation vor, in der sich klein und handschriftlich
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