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30.11.2005 steht, dass nach der Operation an der Nase des 41-Jährigen ein Knorpelplus und am Lid ein Konturplus festzustellen ist, fehlt in der neugefassten Krankenakte dieser Eintrag. Unter dem 30.11.2005 findet sich stattdessen nun ein leeres Feld. In den Akten, die die Bodenseeklinik an K.s Anwalt schickte, heißt es unter dem gleichen Datum sogar: "Es scheint seitens des Patienten ein gestörtes postoperatives Verhalten vorzuliegen."
Mang räumt ein, dass Krankenakten "zum Beispiel aufgrund fehlerhafter Eintragungen neu erstellt worden sind". Auch diese Krankenakte sei gestohlen worden und "musste so vollständig als möglich rekonstruiert und neu angelegt werden".
Eine entlastende Erklärung – denn wer Krankenakten zu eigenem Vorteil manipuliert, setzt sich nicht nur dem Verdacht der Urkundenfälschung aus, sondern auch dem des Betrugs zur Abwehr berechtigter Ansprüche von Patienten, wie Juristen das nennen.
Grundsätzlich werten Juristen jede Operation als Körperverletzung. Gerechtfertigt sei die nur dann, wenn ein Patient zuvor über alle relevanten Fakten zutreffend informiert wurde und dem Eingriff zustimme, erklärt der Hamburger Strafverteidiger Oliver Pragal.
Eine Körperverletzung liege, so Pragal, also auch dann vor, wenn dem Patienten zugesichert wurde, ein bestimmter Arzt operiere ihn, tatsächlich nehme dann aber ein anderer den Eingriff vor.
Mangs Anwalt erklärt, dass seinem Mandanten "bisher noch kein Kunstfehler unterlaufen" sei, überhaupt sei er bisher "niemals auch nur des kleinsten Fehlers überführt" worden.
Veröffentlicht in DER SPIEGEL 40/2011
Der SPIEGEL-Autor Markus Grill und der freie Journalist Hans Weiss wurden mit dem Sonderpreis des Dr. Georg Schreiber Medienpreises für ihre Berichterstattung über den Schönheitschirurgen Werner Mang ausgezeichnet.
Papageiennase
nach OP
Neue Vorwürfe gegen "Schönheitspapst" Werner Mang: Eine Spitzensportlerin klagt über die Behandlung in seiner Klinik, eine Patientin fand Fotos ihrer nackten Brüste auf Mangs Homepage.
Yvetta Hlaváčová, 36, war eine der besten Schwimmerinnen der Welt. Die tschechische Sportlerin hat etliche Rekorde im Marathonschwimmen aufgestellt, doch vor drei Jahren endete ihre Karriere abrupt.
Damals lädierte Hlaváčovás Kampfhund beim Herumtoben ihre Nase. Die Sportlerin wollte die Verletzung schnell im Ausland korrigieren lassen, um neugierigen Blicken in ihrer Heimat zu entgehen. Sie fuhr nach Lindau in die Klinik des berühmten Professors Werner Mang, weil sie gehört hatte, dass der einer der Besten seines Fachs sei.
Als ihr wenige Tage nach der Operation von einer angestellten Ärztin der Bodenseeklinik der Nasengips abgenommen wurde, erschrak die Athletin: "Ich hatte eine komplett andere Nasenform, außerdem war die ganze Nase um etwa fünf Millimeter nach rechts verschoben."
Die Patientin wirft der Klinik vor, dass bei der Gipsabnahme ihre Nase erneut gebrochen wurde. Noch heute, drei Jahre nach der Operation, seien ihre Schleimhäute trocken und bluteten täglich, die Atmung sei deutlich eingeschränkt, ihr Geruchssinn fast verschwunden, das Ergebnis schlicht "eine Katastrophe". Für Yvetta Hlaváčová war es das Ende ihrer Schwimmkarriere.
An die Wiederaufnahme des Trainings ist bis heute nicht zu denken. Sie schaffe es gerade noch, 20 Minuten am Stück zu schwimmen, danach müsse sie wegen extremer Schmerzen an der Nase aufgeben.
Vor vier Wochen berichtete der SPIEGEL erstmals über schwere Vorwürfe gegen den angeblichen Schönheitspapst Mang. Unter anderem ging es darum, dass in Mangs Klinik ein Arzt ohne Approbation tätig war, dass der Chef bei Rechtsstreitigkeiten mit Patienten veränderte Krankenakten vorlegte und Patientinnen mehr als einmal der Eindruck vermittelt wurde, sie würden von Mang persönlich operiert, obwohl der Eingriff dann von einem angestellten Arzt vorgenommen wurde (SPIEGEL 40/2011).
Das seien Einzelfälle, ließ Mang danach seine Anwälte erklären. Doch seit der Enthüllung haben sich mehr als 30 neue Patientinnen gemeldet, die ebenfalls über schlechte Erfahrungen und Ärger mit dem Mediziner berichteten. Viele von ihnen sind inzwischen bereit, mit vollem Namen Kritik an dem berühmten Professor und seiner Klinik zu üben. Die bekannteste von ihnen ist die Sportlerin Hlaváčová. Auch in ihrem Fall gibt es Zweifel nicht nur an den ärztlichen Leistungen, sondern selbst am korrekten Umgang mit Krankenakten.
Im Dezember vergangenen Jahres forderte
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