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SPIEGEL E-Book: Best of SPIEGEL:Ausgezeichnete SPIEGEL-Autorinnen und Autoren des Jahres 2012 (German Edition)

SPIEGEL E-Book: Best of SPIEGEL:Ausgezeichnete SPIEGEL-Autorinnen und Autoren des Jahres 2012 (German Edition)

Titel: SPIEGEL E-Book: Best of SPIEGEL:Ausgezeichnete SPIEGEL-Autorinnen und Autoren des Jahres 2012 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Mascolo
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Kunstmarkt 1990 zusammengebrochen. Ein, zwei Jahre lang habe ich fast nichts gemalt. Im Februar 1992 habe ich dann Helene kennengelernt.
    SPIEGEL:  Wann haben Sie ihr gesagt, wie Sie Ihr Geld verdienen?
    Beltracchi:  Nach einer Woche. Normalerweise muss man aufpassen. Die meisten fliegen auf, weil sie den Falschen sagen, was sie machen.
    SPIEGEL:  Wie haben Sie reagiert, Frau Beltracchi?
    Helene Beltracchi:  Oh, dachte ich. Von so etwas hatte ich noch nie gehört. Das klang abgefahren. Und natürlich hat es mich beeindruckt und tut es immer noch, dass er einen besseren Max Ernst malen kann als Max Ernst selbst. Trotzdem fragt man sich: Was ist das für einer? Aber wenn du dich verliebt hast und du weißt, das ist der Richtige, dann musst du das eben hinnehmen. Zahnarzt, das wäre schlimm gewesen.
    SPIEGEL:  Sie haben den Vertrieb übernommen.
    Beltracchi:  Vertrieb klingt viel geschäftlicher, als wir es damals gelebt haben. Das Problem war, dass ich meine Frau nicht reinziehen wollte. Hat man ja gesehen, wohin das führt. Ab 1997 habe ich wieder mit Otto gearbeitet.
    SPIEGEL:  Sie haben dann einen ständigen Fluss an Bildern produziert?
    Beltracchi:  Überhaupt nicht. Wir haben jahrelang in einem Wohnmobil gelebt, wir waren monatelang in Asien und auf Guadeloupe. Dass man den Output kontinuierlich steigert, war nie der Gedanke.
    SPIEGEL:  Haben Sie irgendwann gedacht, jetzt sollte ich besser aufhören?
    Beltracchi:  Erst ganz zum Schluss. Ich habe ja noch einen Derain und einen Léger gemalt, und da ahnte ich schon, das sind vielleicht die letzten zwei.
    2006 lieferten die Beltracchis einen Heinrich Campendonk mit dem Titel "Rotes Bild mit Pferden" im Kunsthaus Lempertz ein. Auf der Rückseite hatte Beltracchi Aufkleber der "Sammlung Flechtheim", der Galerie "Der Sturm" und vom "Kunstsalon Emil Richter" angebracht.
    Der Maler Heinrich Campendonk, 1889 in Krefeld geboren und 1957 in Amsterdam gestorben, gehörte Anfang des 20. Jahrhunderts zur Künstlergruppe "Der Blaue Reiter". Er war befreundet mit Künstlern wie August Macke, Franz Marc, Paul Klee, Wassily Kandinsky, 1934 emigrierte er nach Belgien. Ein Bild mit dem Titel "Rotes Bild mit Pferden" existiert tatsächlich im Werkverzeichnis, allerdings ohne Abbildung und Angaben zu Maßen und Verbleib.
    Vereinbart war, dass eine Expertise erstellt werden sollte. Im November 2006 wurde das Bild für insgesamt 2,88 Millionen Euro von der maltesischen Firma Trasteco ersteigert. Es war das höchste Auktionsergebnis jenes Jahres in Deutschland. Weil die Expertise jedoch fehlte, veranlassten die neuen Besitzer eine naturwissenschaftliche Untersuchung. Das Ergebnis bekamen sie 2008: Auf der Leinwand fanden sich Spuren von Titanweiß, einem Pigment, das Campendonk nicht benutzt haben konnte, weil es das damals noch nicht gab. Die Anwältin reichte Klage ein beim Landgericht auf Rückzahlung des Kaufpreises. Unterschiedliche Gutachten mit unterschiedlichen Ergebnissen folgten. 2010 schließlich erstattete die Anwältin Strafanzeige. Am 27. August werden Wolfgang und Helene Beltracchi in Freiburg verhaftet und kommen bis zum Prozess im Oktober 2011 in U-Haft.
    Während der 14 Monate zeichnet Beltracchi Porträts seiner Mithäftlinge, nach Umschluss schreiben die beiden sich Briefe. "7000 oder 8000 Seiten insgesamt", sagt er. Zurzeit sind sie noch ein letztes Mal für zehn Tage auf ihrem Weingut in Frankreich, zusammen mit ihrem Anwalt, der auf Geheiß des Richters dabei sein soll, weil immer noch ein Rest an Fluchtgefahr bestehe. Danach beginnt die Haft.
    SPIEGEL:  War das "Rote Bild mit Pferden" Ihr größter Fehler?
    Beltracchi:  Was heißt Fehler? Naturwissenschaftliche Untersuchungen waren damals noch relativ neu. Nur zwei Dinge dazu: Die Ergebnisse dieser Untersuchungen sind immer interpretierbar. Und: Es ist kein Problem, Bilder so zu malen, dass diese Untersuchungen nicht greifen. Die würden über Jahre nichts entdecken können. Damals habe ich darauf nicht so geachtet.
    SPIEGEL:  Aber wie kam das Titanweiß auf die Leinwand?
    Beltracchi:  Ich hatte immer ein Zinkweiß verwendet, absolut üblich zu Campendonks Zeit. Normalerweise habe ich mir das selbst gemischt, aber mir fehlten Pigmente. Deswegen nahm ich ein Zinkweiß aus einer Tube, ein Produkt aus Holland, auf dem leider nicht stand, dass dort auch ein bisschen Titanweiß drin ist. Die Sache flog also nur wegen einer falsch etikettierten Tube auf.
    SPIEGEL:  Ein Experte fand dann auch heraus, dass

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