Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
SPIEGEL E-Book: Best of SPIEGEL:Ausgezeichnete SPIEGEL-Autorinnen und Autoren des Jahres 2012 (German Edition)

SPIEGEL E-Book: Best of SPIEGEL:Ausgezeichnete SPIEGEL-Autorinnen und Autoren des Jahres 2012 (German Edition)

Titel: SPIEGEL E-Book: Best of SPIEGEL:Ausgezeichnete SPIEGEL-Autorinnen und Autoren des Jahres 2012 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Mascolo
Vom Netzwerk:
es diese Galerieaufkleber in Wahrheit nicht gegeben hat.
    Beltracchi:  Diese Eigenkreationen waren natürlich Blödsinn.
    SPIEGEL:  Warum haben Sie nicht authentische benutzt?
    Beltracchi:  Keine Lust. Es war ein Jux. Ich dachte auch, dass das nur ein-, zweimal durchgeht.
    SPIEGEL:  Seit ungefähr 2003 kamen auch immer mehr Anfragen nach Belegen für Ihre erfundene Jägers-Sammlung. Im Nachhinein kann man sagen, dass sich die Schlinge zuzog. Sie haben dann irgendwann nicht nur Bilder gefälscht, sondern auch Fotos, um die Echtheit Ihrer Fälschungen zu untermauern.
    Beltracchi:  Ja. Wir wurden gefragt, ob es nicht alte Familienfotos gibt, auf denen die Gemälde zu sehen sind. Na klar, gibt es die. Ich habe mir eine alte Fotokamera besorgt, diese großen Pappteile aus den zwanziger Jahren, dazu alte Filmrollen, Vergrößerer, Schalen, alles, was der Flohmarkt so hergab. Das Schwierigste war das Papier.
    Helene Beltracchi:  Und ich hab mir ein Blüschen angezogen, wie es die Omas immer getragen haben.
    Beltracchi:  An den Wänden hingen Fotokopien der Fälschungen, die Bilder hatten wir nicht mehr, die waren ja verkauft.
    SPIEGEL:  Sie haben auch noch ein Foto gemacht, das eine Ausstellung in der Galerie Flechtheim im Jahr 1928 zeigen soll.
    Beltracchi:  Ich habe sogar die Fußleisten der Galerie nachgebaut, obwohl die auf dem Foto später gar nicht zu sehen sind. Die Bilder der Stillleben-Ausstellung habe ich in Schwarzweiß ausgedruckt, in Originalgröße, und in alte Rahmen geklebt – und die Kopie meines Léger einfach dazwischengehängt.
    SPIEGEL:  Wie haben Sie eigentlich von dem Titanweiß-Gutachten erfahren?
    Beltracchi:  Durch Hanstein, den Chef vom Kunsthaus Lempertz.
    Helene Beltracchi:  Wir waren davon ausgegangen, dass Hanstein vor der Versteigerung des Bildes eine Expertise hat erstellen lassen. Aber das hatte er nicht.
    Beltracchi:  Der hat es versiebt.
    SPIEGEL:  Das Gutachten wurde im März 2008 erstellt. Da wussten Sie, es geht in die Schlusskurve?
    Beltracchi:  Ja.
    SPIEGEL:  Und Ihr Plan?
    Beltracchi:  Es gab keinen. Andere haben uns geraten, die Häuser zu verkaufen und weg! Aber das kam und kommt für uns nicht in Frage.
    SPIEGEL:  Sie erzählen das so nüchtern, Sie müssen doch sehr nervös gewesen sein.
    Beltracchi:  Waren wir.
    Helene Beltracchi:  Möglicherweise hat das mit meiner Krebserkrankung ein paar Jahre zuvor zu tun. Ich bin dem Teufel schon mal von der Schippe gehüpft. Und natürlich gab es auch eine Zeitlang Hoffnung. Den Zivilprozess hätten wir vermutlich gewonnen. Aber dann stellten die Anwälte der Käufer Strafanzeige.
    SPIEGEL:  Hat der Kunsthistoriker Werner Spies tatsächlich insgesamt 400   000 Euro von Ihnen für die Expertise von sieben Max-Ernst-Fälschungen bekommen?
    Beltracchi:  Gut möglich.
    SPIEGEL:  Er fand es ganz normal, für eine Expertise acht bis neun Prozent des Verkaufspreises zu nehmen?
    Beltracchi:  Ja, das fand er. Für manch einen tut es mir leid, für manch einen wiegt meine Entschuldigung vielleicht nicht so schwer wie seine Gier.
    SPIEGEL:  Würden Sie sagen, der Kunstmarkt ist korrupt?
    Beltracchi:  Nicht korrupter als ich. Das war mir schon ganz früh klar.
    SPIEGEL:  Sie haben am Ende noch versucht, diesen Léger und diesen Derain zu platzieren. War das nicht riskant?
    Beltracchi:  Wir waren uns unsicher, weil wir wussten, dass es langsam komisch wird. Aber wir wollten mit dem Geld den Campendonk von dieser maltesischen Firma zurücknehmen. Und mit dem Rest des Geldes einen Palazzo in Venedig kaufen. Ein schöner Traum, oder?
    Helene Beltracchi:  Uns wurden noch relativ spät jeweils fünf Millionen Euro für die Bilder geboten. Als es dann kritisch wurde, haben sich die Interessenten natürlich rausgezogen. Unser zivilrechtlicher Anwalt hat sogar mit den Kripo-Leuten gesprochen und ihnen mitgeteilt, dass wir zur Verfügung stünden. Aber die wollten, glaube ich, die große Shownummer.
    SPIEGEL:  Es war Ihnen klar, dass das alles im Gefängnis enden würde?
    Beltracchi:  Logisch. Ich bitte Sie. Nachdem die nicht mit uns reden wollten, haben wir unser Haus in Frankreich aufgeräumt und sind dann nach Deutschland, nach Freiburg, gefahren. Da war schon bei unserem Sohn durchsucht worden. Meine Frau hatte dem durchsuchenden Beamten am Telefon gesagt: Machen Sie ein Siegel drauf, wir kommen am Freitag. Die Ermittler haben uns dann, als wir in Freiburg ankamen, sogar noch ins Haus reingelassen, und als wir später zum

Weitere Kostenlose Bücher