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SPIEGEL E-Book: Best of SPIEGEL:Ausgezeichnete SPIEGEL-Autorinnen und Autoren des Jahres 2012 (German Edition)

SPIEGEL E-Book: Best of SPIEGEL:Ausgezeichnete SPIEGEL-Autorinnen und Autoren des Jahres 2012 (German Edition)

Titel: SPIEGEL E-Book: Best of SPIEGEL:Ausgezeichnete SPIEGEL-Autorinnen und Autoren des Jahres 2012 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Mascolo
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nicht malen, sondern sich nur vorstellen. Also: Ich brauche kein Bild eines anderen Künstlers. Ich habe genug eigene.
    SPIEGEL:  Malen Sie gerade?
    Beltracchi:  Ja. Und ich signiere die Bilder mit Beltracchi.
    SPIEGEL:  Was malen Sie?
    Beltracchi:  Weiterhin klassische Moderne, aber mit Porträtfotos von mir kombiniert. Ich bin auch dabei, zwei große eigene Werke fertigzustellen, die ich vor der Verhaftung begonnen hatte, sowie ein Skulpturen-Triptychon. Vor allem male ich jetzt richtig groß. Die Bilder waren früher eher klein, maximal 80 mal 100, das war immer ein bisschen pingelig. Ein großes Bild zu malen ist einfach geiler.
    SPIEGEL:  Es gibt Leute, die das kaufen wollen?
    Beltracchi:  Ja. Das sind die gleichen, die auch sonst teure Kunst kaufen. Aber ich habe nicht so viel Bock zu malen, um damit die Schulden abzubezahlen. Das ist wie Auftragsarbeit. Ich muss es trotzdem.
    SPIEGEL:  Lieben Sie Kunst?
    Beltracchi:  Ich liebe meine Frau. Kunst finde ich schön.
    SPIEGEL:  Sind Sie ein Künstler?
    Beltracchi:  Natürlich.
    SPIEGEL:  Was ist ein Künstler?
    Beltracchi:  Einer, der Kunst macht.
    SPIEGEL:  Aber wann ist etwas Kunst?
    Beltracchi:  Für den Zyniker definiert sich Kunst über Geld. Das ist natürlich eine ganz traurige Aussage. Ein Künstler aber ist jemand, der kreativ tätig ist. Lesen Sie mal ein Buch von Beuys. Dann wissen Sie überhaupt nicht mehr, was Kunst ist.
    SPIEGEL:  Frau Beltracchi, Herr Beltracchi, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.
    Veröffentlicht in DER SPIEGEL 10/2012
Leserbrief zu SPIEGEL-Gespräch mit dem Kunstfälscher Wolfgang Beltracchi und dessen Frau Helene
    Ihre bisherige Berichterstattung über die Beltracchi-Bande hat uns beeindruckt. Umso befremdlicher ist es, dass W. Beltracchi nun die Gelegenheit erhält, seine Selbstgefälligkeit in so epischer Breite darzustellen. Widersprechen müssen wir dem Artikel, wenn Beltracchi als unser Geschäftspartner dargestellt wird. Wir kennen Beltracchi nur aus den Medien und dem Gerichtssaal, zu keiner Zeit bestand Kontakt zu ihm. Die Schwestern H. Beltracchi und J. Spurzem hatten die Existenz eines (malenden) Ehemannes wohlweislich verschwiegen. Es ist falsch, wenn der Fälscher behauptet, vor der Auktion eine Expertise bestellt zu haben. Wir haben natürlich vor der Aufnahme des Gemäldes in den Katalog externen Expertenrat eingeholt und den Sohn von Heinrich Campendonk konsultiert; dieser war von der Echtheit des Bildes überzeugt. Nach der Auktion hat die Werkverzeichnisbearbeiterin in Kenntnis eines Materialgutachtens ihre Expertise erstellt.
    Henrik Hanstein, Köln

Der SPIEGEL-Redakteur Takis Würger wurde beim Deutschen Reporterpreis 2012 für die Beste Reportage ausgezeichnet.
Das verlorene
Bataillon
    Seit zehn Jahren sind deutsche Soldaten im Einsatz in Afghanistan. Wer das Leben einer Einheit von Scharfschützen begleitet, erfährt, dass es am Hindukusch nicht nur darum geht, Straßen zu sichern und die Afghanen zu demokratisieren. Es geht auch darum, zu töten.
    Es ist der 44. Tag im Krieg von Oberfeldwebel Christian Sommerkorn, und er hofft, dass er an diesem Tag endlich das tun wird, wozu ihn die Bundeswehr ausgebildet hat. Er schiebt ein Magazin in sein Sturmgewehr.
    Es ist kurz nach vier Uhr morgens in Afghanistan, Sommerkorn klettert auf seinen Panzer und schaut ins Dahana-i-Ghori, ein Tal, in dem die Bundeswehr 300 Feinde vermutet.
    Der Feindlagebericht der Bundeswehr warnt an diesem Morgen vor fünf Selbstmordattentätern im Dahana-i-Ghori. Fünf Selbstmordattentäter auf einer Fläche halb so groß wie Manhattan.
    In der vergangenen Nacht hat Sommerkorn mit seiner Frau gechattet. Er schrieb: Schatz, ich bin fünf Tage draußen. Du musst nullkommanull besorgt sein. Nimm Amy abends von mir in den Arm.
    Ich liebe dich, schrieb Jessika.
    Ich liebe dich, schrieb Christian.
    Der Panzer rollt durch den Morgen, nach einer halben Stunde springt Sommerkorn in den Staub. Er versteckt sich zusammen mit drei Kameraden hinter Bäumen, die Soldaten sichern die Flanken eines Minenräumfahrzeugs. Im Wald sitzt auch ein afghanischer Holzfäller, einer der Scharfschützen tauscht mit ihm eine halbe Tafel Ritter-Sport-Nussschokolade gegen eine Wassermelone. Sommerkorn schneidet mit seinem Klappmesser triefende Stücke aus dem Fruchtfleisch. Manchmal fragt sich Sommerkorn, wo der Krieg ist, auf den er sich vorbereitet hat.
    Schießen mit Schutzweste, schießen mit Helm, schießen mit Schutzbrille, schießen im

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