Spiegel E-Book - Nelson Mandela 1918-2013
scheute sich, Khoikhoi in die Sklaverei zu überführen. Aber nicht etwa aus Menschenfreundlichkeit. Militärische Operationen waren den Kaufleuten schlicht zu teuer. Also genehmigten sie ab 1658 die Einfuhr von Sklaven aus Indien, Madagaskar, Indonesien und Ostafrika.
Schwarze und Asiaten mischten sich mit den Khoikhoi, und auch mancher Weiße zeugte mit Frauen anderer Hautfarben Kinder. So entstand nach Eingeborenen und den Buren eine dritte Bevölkerungsgruppe: Die Farbigen, Afrikaans „Kleurlinge“ oder Englisch „Cape Coloureds“.
Schon in der Kolonie der VOC besetzten Weiße die Schlüsselpositionen, auch wenn die weiße Hautfarbe keineswegs Reichtum garantierte. Sklaven erwartete am Kap ein ähnlich schweres Schicksal wie in Amerika. Auf Flucht, Ungehorsam oder andere Vergehen standen drakonische Strafen. Sklaven waren praktisch rechtlos, auch wenn sie nicht „ohne Grund“ getötet werden durften. Jedoch konnten Inder, Malaien, Chinesen und Schwarze den Status „free burger“ erlangen, wenn ihre Herren sie freiließen.
Seit dem Ende des 18. Jahrhunderts spannten immer mehr weiße Bauern ihre Ochsen ein und zogen samt Familie auf der Suche nach neuen Viehgründen Richtung Nordosten. Dabei stießen die „Trekboeren“ auf Schwarze vom Volk der Xhosa und Zulu. Am Großen Fischfluss verlief die Grenze zwischen Burengebiet und dem Territorium der Schwarzen. Ein jahrzehntelanger Grenzkrieg entspann sich.
Weiter nördlich eroberte ab 1816 der Zulu-Häuptling Tschaka ein Königreich. Der geniale Stratege reformierte die Kampfesweise seines Stammes. Er richtete eine Art stehendes Heer ein mit einer Wehrpflicht für alle Männer bis 40 Jahren. Tschakas Soldaten lehrten ihre Feinde in kleinen, mobilen Einheiten, den „Impis“, das Fürchten.
Tschakas Eroberungen lösten in Südafrika gewaltige Umwälzungen und Wanderbewegungen aus, die als „Mfecane“ in die Geschichtsschreibung eingegangen sind. Ganze Stämme flohen vor den Impis nach Westen und Süden, der Konflikt mit Weißen und anderen schwarzen Stämmen verschärfte sich. Die „Mfecane“ schwächte die Schwarzen, hunderttausend Menschen starben, Millionen wurden entwurzelt - und zur gleichen Zeit wandelten sich auch die Verhältnisse in der Kolonie dramatisch. Eine neue Kolonialmacht landete am Kap: die Briten.
1795 und endgültig 1806 gelangte die Siedlung der holländischen Compagnie unter ihre Herrschaft. Für die Farmer erwies sich der Machtwechsel zunächst als Glück. Ihren Exportprodukten stand fortan ein weit größerer Markt offen. Die Kapkolonie florierte.
1820 ließen sich rund 4000 Neuankömmlinge aus England im Osten nieder. Lord Somerset, Londons Gouverneur, hatte die Einwanderung angeregt, um die zahlenmäßige Unterlegenheit der Weißen in den Grenzgebieten wenigstens zum Teil wettzumachen. Die Grenzscharmützel mit den Xhosa und anderen schwarzen Stämmen weiteten sich 1834/35 zu einem veritablen Krieg aus, in den sich auch die britische Armee immer wieder einschaltete.
Für Konflikte unter den Weißen sorgte die Abschaffung des Sklavenhandels 1808 und schließlich die Freilassung aller Unfreien in den dreißiger Jahren. Damit waren die Buren gar nicht einverstanden.
Und weil sie sich auch noch an der „Anglisierung“ des öffentlichen Lebens störten, spannten rund 6000 Buren an: Der sogenannte Große Treck bestand eigentlich aus mehreren kleinen Trecks nach Norden. Die Ochsenkarren überwanden dürre Ebenen und spektakuläre Steigungen in den Drakensbergen: Langsam schoben die „Voortrekker“ ihre Planwagen-Burgen in die Zulu-Gegend Natal an der Ostküste und die zentral gelegene Hochebene vor.
Auf dem Marsch und schon davor hatten die Buren ihr eigenes Pionierbewusstsein und Überlegenheitsdenken entwickelt, das sich gegen Briten und vor allem Schwarze richtete: Wir, die Afrikaaner, Gottes auserwähltes Volk, ziehen unter Strapazen ins gelobte Land.
Das jedoch wollten die Xhosa- und Zulu-Stämme dort verhindern und lieferten sich schwerste Kämpfe mit den Eindringlingen. Zulu-König Dingane, Mörder und Nachfolger Tschakas, lockte 1838 den Voortrekker-Chef Piet Retief und 107 Begleiter zu Verhandlungen in seinen Haupt-Kral Mgungundlovu. Er ließ sie alle niedermachen und hetzte die Impis gegen die Überlebenden.
Am Fluss Ncome kam es zur entscheidenden Schlacht. Dinganes Zulu unterlagen, etwa 3000 von ihnen fielen im Kugelhagel der Voortrekker. Deren Anführer Andries Pretorius hatte am Abend des 16. Dezember 1838
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