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Spiegelkind (German Edition)

Spiegelkind (German Edition)

Titel: Spiegelkind (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alina Bronsky
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außer mir hören konnte –, aber auch Ksüs Kopf zuckte zur Seite und ich hatte das Gefühl, ihre Ohren bewegten sich auf der Suche nach der Geräuschquelle.
    »Was war das? Wo kam das her?«, flüsterte sie.
    »Aus dem Quadrum vielleicht«, sagte ich zögernd. Offenbar hatte ich doch angefangen, Ksü zu vertrauen. Immerhin hatte ich keine Angst, sie würde mich für wahnsinnig erklären.
    »Nein, nicht aus dem Quadrum.« Ksü ging in die Knie und drückte sich die Handfläche auf eine seltsame Weise vors Ohr. Ich hielt die Luft an, weil mir mein eigener Atem plötzlich sehr laut vorkam.
    »Hier!«, sagte sie triumphierend, rutschte auf den Knien in die Ecke des Zimmers und nahm sehr vorsichtig einen Rahmen weg, der an die Wand gelehnt dort stand. »Wie bist du denn dahin gekommen, mein Süßer?«
    In der Ecke saß ein kleines Kätzchen mit orangefarbenem Fell. Es hatte hilflose Knopfaugen und ein Mäulchen, das es miauend aufriss und dabei die kleine rosa Zunge rollte. Wir hatten seine Krallen auf den Fliesen scharren gehört.
    Ksü versuchte, es hochzunehmen, aber es wich ihr aus und miaute herzzerreißend.
    »Lass mich mal«, sagte ich, hockte mich auf den Boden und streckte dem Kätzchen meine Hand entgegen. Es sah mich an, stellte sich ungelenk auf die vier Pfoten und bewegte sich in meine Richtung, bis seine Nase sich in meine Handfläche schmiegte.
    Ich gab ihm auch die zweite Hand zum Beschnüffeln, dann schob ich sie unter seinen Bauch und hob es vorsichtig hoch.
    Ich wusste nicht, was ich jetzt sagen sollte, und Ksü schwieg auch.
    Es war wohl überflüssig zu erwähnen, dass wir noch nie eine Katze im Haus gehabt hatten. Mein Vater hasste Katzen, wie meine Mutter Hunde hasste. Ich schaute zum kleinen Dachfenster hoch, aber auch das war abgeschlossen.
    »Pheenkram«, sagte ich heiser und plötzlich fiel mir ein, wo ich das Kätzchen gesehen haben konnte. Nie so komplett, aber immer mal eine Pfote oder die Schwanzspitze. Oder die von ihm geleerten Milchnäpfe.
    »Ksü«, sagte ich. »Das ist die Katze aus einem Quadrum meiner Mutter.«
    Ksü kam näher und streichelte es vorsichtig. Auf meinem Arm ließ es sich das gefallen.
    »Unglaublich«, sagte sie. »Das ist doch einfach ein echtes Kätzchen.«
    Es war ein echtes Kätzchen, mit seidigem Fell und einem ganz schwachen Geruch nach saurer Milch.
    »Und jetzt?«, fragte ich. »Geht es zurück ins Quadrum? Oder was soll ich damit tun?«
    Das Kätzchen miaute.
    »Ich darf es auf keinen Fall jemandem hier im Haus zeigen«, sagte ich. »Sie würden es sofort entsorgen lassen.«
    »Entsorgen?«
    »Ja.«
    »Ich glaube nicht, dass es sich entsorgen lässt«, sagte Ksü nachdenklich.
    »Und wenn wir es wieder hier einschließen? Geht es dann vielleicht zurück, wenn keiner zuschaut?«
    »Meinst du, das funktioniert so?«
    »Woher soll ich das wissen?«
    Das Kätzchen hatte es sich in meiner Armbeuge bequem gemacht und die Augen geschlossen. Und während ich es so ansah, wusste ich, was ich als Nächstes tun wollte. Ich würde mich auf die Suche nach dem Anwalt meiner Mutter machen. Ich musste mich über Pheen und ihre Rechte informieren.
    »Ksü«, sagte ich. »Darf ich noch mal an deinen Computer?«
    »Klar, warum nicht.« Ksü starrte noch immer das Kätzchen an und verhielt sich wieder so merkwürdig wie am Anfang.
    »Ich muss mehr wissen, Ksü. Über Pheen, über die Gesetze. Vielleicht kann ich so rauskriegen, wo sie jetzt ist.«
    »Vielleicht.« Ksüs Augen wurden glasig.
    »Kannst du mich hören?« Ich zerrte sie am Arm.
    »Natürlich.« Sie schaute an mir vorbei.
    Ich drückte mit der einen Hand das schlafende Kätzchen an mich, packte Ksü mit der anderen und zog sie aus dem Zimmer.
    Im Flur kam sie wieder zu sich und begann, sich zu wehren, als ich sie auf die Treppe führte.
    »Du musst den Raum wieder abschließen!«
    »Stimmt.« Ich kehrte zur Tür zurück. »Aber den Schlüssel hast du, oder?«
    Ksü hielt mir den Schlüsselbund hin. »Das musst du selber machen. Mit eigener Hand.«
    »So ein Quatsch«, sagte ich, steckte aber auf gut Glück den ersten Schlüssel ins Schlüsselloch, er drehte sich ebenso leicht wie beim Öffnen.
    Ich gab den Schlüsselbund Ksü zurück. »Könnten wir irgendwie markieren, welcher Schlüssel gepasst hat?«
    »Das scheint egal zu sein«, sagte Ksü mit rostig klingender Stimme. »Bei dir klappt es mit jedem Schlüssel.«
    Ich achtete nicht auf ihre Worte, sie stand offenbar noch unter der Wirkung der Quadren. Leise

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