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Spiegelschatten (German Edition)

Spiegelschatten (German Edition)

Titel: Spiegelschatten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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Welt auf die Schultern gelegt. Die Geschäftsleute hatten die Markisen ihrer Läden ausg efahren, um die draußen ausgestellte Ware vor Nässe zu schützen.
    Der Apotheker beruhigte Björn. Maxims Temperatur sei nicht problematisch. Erst bei Werten über 40Grad müsse man aufmerksam werden, und selbst dann gebe es noch keinen Grund, in Panik zu geraten. Er empfahl Björn ein Mittel gegen grippale Infekte, das gleichzeitig die Eigenschaft besaß, Fieber zu senken, einen Erkältungsbalsam zum Einreiben und ein Fläschchen Kamillosan-Konzentrat zum Inhalieren und Gurgeln.
    In einem Supermarkt kaufte Björn Apfelsinen, Pampelmusen, Kiwis und Zitronen, damit Maxim mit ausreichend Vitamin C versorgt war, eine Packung Erkältungstee und einen Badezusatz, der sich Erkältungsbad nannte. Dann fuhr er zum Haus zurück.
    Maxim schlief noch. Anscheinend war er gar nicht aufgewacht. Der Zettel lag noch genau da, wo Björn ihn hingelegt hatte.
    Vorsichtshalber machte er einen Kontrollgang durch die einzelnen Räume. Die Fenster waren geschlossen. Nichts hatte sich verändert. Niemand war hier eingedrungen.
    Er betrat das Arbeitszimmer, um nach der Katze zu sehen, doch sie hatte sich verkrochen und ließ sich auch mit Bitten und Betteln nicht hervorlocken.
    Björn trat ans Fenster und atmete tief ein und aus. Sie waren noch keine vierundzwanzig Stunden hier und er fühlte sich schon wie in einem Gefängnis.
    *
    Kalle Wisius stand auf dem Bürgersteig und rauchte eine Zigarette. Romy erkannte ihn daran, dass er eine Schürze trug und suchend umherblickte. Sie sprach ihn an und stellte sich vor, und da er keine Anstalten machte, mit ihr hineinzugehen, unterhielt sie sich draußen mit ihm.
    Rasch war klar, dass er ihr nichts mitzuteilen hatte. Er kannte Björn lediglich in seiner Funktion als Mitarbeiter der Mensa, genau, wie Björn gesagt hatte. Aber bisher hatte noch jede Recherche etwas gebracht, auch wenn sie, oberflächlich betrachtet, keine Offenbarung gewesen war. Romy schaltete deshalb pflichtschuldig ihr Diktiergerät ein, obwohl sie keine Neuigkeiten erwartete.
    » Natürlich habe ich mir über den Schwulenmörder so meine Gedanken gemacht«, schwadronierte Kalle Wisius drauflos. » Ich halte ihn für einen religiösen Spinner, der die Welt von Sünden reinwaschen will, verstehst du? Ein zweiter Jesus. Nur ohne dessen Visionen und definitiv ohne seine Menschenliebe.«
    » Was macht dich da so sicher?«
    » Mein Bauchgefühl.« Kalle Wisius klopfte sich auf die Stelle, an der sich bei den meisten Menschen der Bauch befindet. Bei ihm war da nichts, denn er bestand nur aus Haut und Knochen. » Darauf konnte ich mich noch immer verlassen.«
    » Beobachtet hast du nichts?«
    » Wenn ich was beobachtet hätte, dann säß dieser Irre längst hinter Schloss und Riegel. Aber ich verkehre nicht in den Kreisen, in denen er mordet, sonst hätte ich vielleicht wirklich was gesehen oder gehört.«
    Romy empfand den plötzlichen Missklang in seinen Worten als äußerst unangenehm. » Wie gut kennst du meinen Bruder?«, fragte sie kühl.
    » Netter Typ. Wir quatschen manchmal ein bisschen zwischen Tür und Angel, aber das war’s auch schon.« Der Blick seiner kleinen, runden Augen huschte flink umher. Wahrscheinlich war er hier so was wie eine lebende Zeitung. » Was hat er eigentlich mit der ganzen Geschichte zu tun?«
    Romy überlegte, ob sie ihm ehrlich antworten sollte, und entschied sich dafür. » Alle Mordopfer«, sagte sie, » waren Freunde von ihm.«
    » Dabei wirkt er gar nicht schwul, so auf den ersten Blick.« Kalle Wisius nahm einen letzten Zug und schnippte den Zigarettenstummel in den Rinnstein.
    Romy schaltete das Diktiergerät aus und verstaute es in ihrer Tasche. » Du wirkst auf den ersten Blick auch gar nicht dumm«, sagte sie und ließ ihn stehen.
    Wütend marschierte sie in Richtung Parkhaus. Daran, dass Kalle Wisius der Mörder sein könnte, dachte sie keine Sekunde lang.
    Solche Typen redeten nur.
    Ihre Empörung war noch nicht verraucht, als sie in Buschdorf aus dem Wagen stieg und den Kiosk von Will Becker betrat. Drinnen umringten fünf Männer einen runden Stehtisch, jeder eine Flasche Bier vor sich. Einer pfiff bewundernd, als Romy hereinkam. Ein anderer schob sich gerade den Rest einer Frikadelle in den Mund und rülpste laut.
    Es roch nach Bier und heißen Würstchen. Und nach Zigarettenrauch, der wie ein grauer Schleier in der Luft hing.
    Bei Will Becker hatte Romy sich nicht angemeldet. Jetzt war sie froh

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