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Spiegelschatten (German Edition)

Spiegelschatten (German Edition)

Titel: Spiegelschatten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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nicht ausliefern, indem wir das Ganze bagatellisieren. Aber wir dürfen uns auch keiner Gefahr aussetzen, indem wir Räuber und Gendarm spielen. Dafür sind andere zuständig.«
    » Genau. Sprich dich nur immer schön von deiner Verantwortung frei.«
    Das war gemein, und Björn machte innerlich dicht, damit Maxim ihn nicht weiter verletzen konnte. Er schwieg, um nichts Falsches zu sagen.
    Auch Maxim schwieg und sah angestrengt geradeaus.
    Streit. Und das an diesem Tag.
    Ohne ein weiteres Wort fuhren sie nach Buschdorf, stellten den Wagen ab und gingen ins Haus. Maxim verzog sich in Nils’ Zimmer. Björn setzte sich in die Küche, um auf Romy zu warten.
    Er war enttäuscht. Er war traurig. Und er hatte Angst.
    Dann hörte er die Wohnungstür zuschlagen.
    Er war allein.
    *
    Maxim war außer sich. Wollte Björn nicht begreifen, in welcher Gefahr sie sich befanden, oder konnte er nicht? Seine Sanftmut ging ihm manchmal fürchterlich auf die Nerven.
    Solche Menschen zogen die Gewalt doch geradezu an!
    Leonard, Sammy und Tobias waren ebenfalls hochsensible Typen gewesen. Und jetzt waren sie tot.
    Maxim verspürte den unwiderstehlichen Drang, etwas kaputt zu machen. Mit aller Kraft trat er gegen eine gelbe Mülltonne, die fast leer zu sein schien und der Gewalt deshalb nichts entgegenzusetzen hatte. Sie kippte um und landete krachend zwischen zwei parkenden Wagen auf der Straße.
    Doch das war Maxim noch nicht genug. Er zog seinen Schlüsselbund aus der Jackentasche, nahm seinen Wohnungsschlüssel, setzte ihn am Heck des nächsten Wagens an und ratschte, ohne abzusetzen, eine Linie durch den Lack, die bis zum Scheinwerfer reichte. Das Geräusch tat ihm in den Ohren weh und es befriedigte ihn.
    Endlich ging es ihm besser.
    Björn war, wie er war. Und liebte er ihn nicht genau aus diesem Grund? Weil er sich nicht verbog, sich nicht nach Bedarf änderte, sein Fähnchen nicht nach dem Wind richtete?
    Nachdenklich spazierte Maxim durch die Straßen des kleinen, spießigen Stadtteils und wünschte sich, er wäre in Berlin. Da hätte er gewusst, wo er Ablenkung finden konnte.
    Doch er war hier und musste das Beste daraus machen.
    Er widerstand der Versuchung, Griet anzurufen, gestand sich ein, dass er noch lange nicht fertig war mit ihr. Er fragte sich, ob es ihm je gelingen würde, ein Leben wie andere zu führen, ein Leben mit einem Ziel und der Gewissheit, es zu erreichen.
    Wahrscheinlich nicht, dachte er.
    Zum zweiten Mal an diesem Tag hörte er Zugvögel rufen und hob den Kopf. Da flogen sie in einer etwas durcheinandergeratenen Pfeilformation nach Norden. Einige Vögel hatten ihre Position verlassen und flatterten eine Weile außerhalb der Ordnung umher. Dann kehrten sie in die Reihe zurück.
    Maxim erkannte sich in ihnen. Aber er hatte keine Lust, an seinen Platz zurückzukehren. Er würde nicht tun, was Björn da von ihm verlangte, nämlich brav abwarten, ob die Bullen den Schwulenmörder zur Strecke brachten oder nicht.
    » Nein, verdammt!«, sagte er.
    Zu laut offenbar, denn das junge Paar, das eng umschlungen vor ihm ging, drehte sich kichernd nach ihm um.
    Er zeigte ihnen den gestreckten Mittelfinger, beschleunigte seine Schritte und ließ sie hinter sich. Sein Entschluss stand fest. Er würde den Mörder suchen und auf dem Weg dahin jede Hilfe annehmen, die er kriegen konnte.
    Zieh dich warm an, dachte er. Denn wo immer du auch sein magst, ich werde dich finden.

16
    Schmuddelbuch, Sonntag, 6. März, zehn Uhr
    Hab lange geschlafen, im Bett gefrühstückt, Musik gehört und nachgedacht. Über gestern. Die Leute, die ich getroffen habe. Über Björn.
    Als ich nach der Abschiedsfeier bei ihm ankam, hing Streit in der Luft. Björn war allein. Maxim war mal wieder abgehauen. Jede kleine Auseinandersetzung schlägt ihn in die Flucht. Und dann, sagt Björn, kommt er zurück, abgekämpft wie ein streunender Kater, aber die Krallen immer noch ausgefahren.
    Das Gesicht meines Bruders leuchtet, wenn er von Maxim spricht, selbst im Streit.
    Allein dafür sollte ich Maxim lieben.
    Und allmählich gebe ich den Widerstand gegen ihn auf. Ich darf ihn nicht nur deshalb ablehnen, weil er so anders ist als ich. Und als Björn. Als alle Menschen, die mir nah sind.
    Irgendwann war er wieder da. Er setzte sich zu uns an den Tisch und war, wie Björn es beschrieben hatte. Erschöpft, aber mit einem Blick, der in krassem Widerspruch zu seiner Blässe stand. Zum ersten Mal war ich froh, dass Björn ihn in diesen Zeiten an seiner Seite

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