Spiegelschatten (German Edition)
hat.
» Du schreibst doch über den Schwulenmörder?«, fragte er mich.
Ich nickte.
» Und dafür musst du recherchieren.«
Ich nickte wieder.
» Was hast du bisher rausgefunden?«
» Darüber kann sie nicht reden«, klärte Björn ihn auf. » Ein Journalist spricht durch die Artikel, die er veröffentlicht. Wenn er sein Pulver schon vorher verschießt, schadet er sich doch selbst.«
Maxim antwortete ihm, ohne den Blick von mir abzuwenden. Es war, als würde er mich hypnotisieren. Ich schaffte es nicht, seinen Augen auszuweichen.
» Es geht mir nicht um ihre Artikel«, sagte er. » Es geht um dich und mich, die Freunde und die ganze beschissene Situation. Was hast du rausgefunden, Romy?«
» Noch nicht viel«, antwortete ich. » Nichts, was ihr nicht auch wisst.«
» Hast du einen Verdacht?«
Er hing halb über dem Tisch, auf die Unterarme gestützt, das Gesicht nah vor meinem. Fast spürte ich seinen Atem auf der Haut.
Ich schüttelte den Kopf. » Und ihr?«
Er entspannte sich ein wenig und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. Hob frustriert die Hände und ließ sie wieder sinken.
» Es kann keiner aus Björns Freundeskreis sein. Das ist unmöglich.«
» Aus unserem Freundeskreis«, korrigierte mein Bruder ihn.
» Okay.Aus unserem Freundeskreis«, tat Maxim ihm den Gefallen. Er saß jetzt ganz ruhig und konzentriert. » Es muss jemand von der Uni sein, der Schwule hasst.«
» Klingt nachvollziehbar«, sagte ich. » Aber er ist bestens über den Alltag der Einzelnen informiert. Er wusste, wo Leonard und Sammy wohnten, wusste, dass Tobias Essen auf Rädern ausfuhr, kannte seine Route und seinen Zeitplan.«
» Ich frag mich, wie er überhaupt in Leonards und Sammys Wohnungen eindringen konnte«, warf Björn ein.
Das zu erfahren, war ein Kinderspiel gewesen.
» Jeweils über den Balkon«, sagte ich. » Ihr wisst doch, wie Sammy war. Er ließ sämtliche Fenster und Türen offen. Und Leonard als Wissenschaftler war bestimmt ein bisschen schusselig und hat wahrscheinlich vergessen, die Balkontür zu verschließen.«
» Es muss jemand von der Uni sein«, beharrte Maxim. » Gib mir zwei Stunden in der Cafeteria, und ich schreibe dir einen Lebenslauf zu jedem x-Beliebigen, der sich dort häufiger aufhält.«
» Das bringt uns aber nicht weiter«, wandte Björn ein. » Jemand von der Uni, der Schwule hasst– nehmen wir an, das stimmt. Sofern der seinen Hass aber nicht offen zeigt, findest du ihn nie.«
Deprimiert versanken wir in Schweigen.
» Und wenn es doch jemand ist, der im weitesten Sinn zu eurem Kreis gehört?«, fragte ich dann. » Kein Freund, aber vielleicht ein Kumpel, ein Bekannter. Einer, mit dem Björn oder Josch oder Eileen, eben einer von euch, schon mal für ein Seminar gearbeitet hat. Neben dem er in einer Vorlesung saß. Mit dem er ein paar Worte auf dem Gang gewechselt hat…«
» Das würde bedeuten, dass wir zuallererst Freund, Kumpel, Bekannter, Kommilitone exakt definieren müssten«, sagte Björn. » Das geht doch im normalen Leben alles ineinander über.«
» Nur so können wir den Kreis enger ziehen.« Maxim schaute mich wieder an. » Lass uns zusammenarbeiten, Romy.«
» Wie bitte?«
» Ich weiß, dass du mich nicht ausstehen kannst.« Maxim schob die Hände über den Tisch und hielt sie mir hin, die Innenflächen nach oben. » Aber hier geht es um das Leben von Menschen, die zu uns gehören. Vielleicht sogar um unser eigenes. Können wir da nicht unsere … Abneigung für eine Weile vergessen und an einem Strang ziehen?«
» Es stimmt nicht, dass ich dich…«
» Du brauchst mir nichts vorzumachen«, wischte Maxim meine halbherzige Lüge vom Tisch. Er fuhr dabei tatsächlich mit einer Hand über die Tischplatte, dann hielt er mir beide Hände wieder hin. » Es ist auch egal. Ich bitte dich nicht, mich in dein Herz zu schließen. Ich bitte dich nur, deine Informationen mit uns zu teilen.«
Björn stand kopfschüttelnd auf und schaltete die Kaffeemaschine an. Macht doch, was ihr wollt, hieß das. Er musste es gar nicht aussprechen, das nahm ihm sein Körper ab.
In Maxims Augen war so ein Drängen, dass ich nicht anders konnte. Ich legte meine Hände in seine.
Er lächelte mich müde an.
» Und ich werde dir im Gegenzug alles berichten, was ich erfahre. Björn?«
» Wir sind hier nicht bei den Pfadfindern«, wich mein Bruder aus. » Ich will keinen Pakt mit euch schließen. Und außerdem: Darf ich euch daran erinnern, dass ihre letzte große Story Romy fast das
Weitere Kostenlose Bücher