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Spiel der Angst (German Edition)

Spiel der Angst (German Edition)

Titel: Spiel der Angst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Etzold
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konnten, zugrunde gegangen waren und die Erde keine Bewohner hatte, hat sich Bel selbst den Kopf abgerissen und den Göttern befohlen, sein Blut mit Erde zu vermischen, woraus sie Menschen und Tiere formten.«
    »Klingt nicht schön«, sagte Emily. »Und was ist jetzt mit diesem Nebukadnezar?«
    »Nebukadnezar war der König von Babylon«, erklärte Lisa. »Im Alten Testament lesen wir die Geschichte vom Propheten Daniel, der zu Gast war am Hofe von König Nebukadnezar, dem Herrscher des antiken Babylons.«
    »Babylon?«, überlegte Emily laut. »Wird das nicht oft mit New York verglichen?«
    Lisa nickte. »Oder New York mit Babylon. Jedenfalls war Babylon eine der größten Städte in Mesopotamien, dem sogenannten Zweistromland, in dem angeblich auch Adam und Eva herumgetigert sind.«
    »Das ist heute im Irak oder?«
    Lisa nickte. »Babylon heißt übersetzt »das Tor Gottes« und ist der Ort, der auch den berühmten Turm zu Babel hervorgebracht hat.« Sie blätterte weiter. »Dieser Turm galt als das Symbol für menschliche Hybris. Wann immer es um irgendein großes Bauprojekt geht, muss meistens der Turm von Babel herhalten, zum Beispiel wie bei dem World Trade Center und vor Kurzem dem Burj Khalifa in Dubai.«
    »Du kennst dich ja gut aus.« Emily beugte sich über das Buch.
    »New York wird, wie du sagst, daher oft mit Babylon in Verbindung gebracht, allein schon wegen der Skyline«, sagte Lisa. »Manche nennen es daher auch New Babylon. «
    »Und diese Passage auf dem Zettel, den ich gefunden habe«, wollte Emily wissen. »Was bedeutet sie? Kommt sie aus dem Alten Testament in der Bibel?«
    »Das können wir ja googeln«, sagte Lisa. Emily verfluchte sich, dass sie darauf nicht selbst gekommen war. Schnell hatten sie die Passage aus dem Alten Testament gefunden, die Emily heute Morgen gleich nach dem Aufwachen den Schrecken des Tages eingejagt hatte.
    »Die Stelle ist auch von dem Propheten Daniel«, meinte Lisa. »Buch 4, 25–30.« Sie schaute Emily an. »Die Frage ist nur, was will er uns damit sagen?«
    »Vielleicht will er gar nichts sagen«, sagte Emily. »Vielleicht will er nur –«
    In dem Moment ging eine SMS auf ihrem Handy ein.
    Sie schaute auf das Display, das eine neue Nachricht mit Anhang anzeigte. Und wieder hatte sie das Gefühl, dass sich etwas Schreckliches dahinter verbergen könnte. Es war eine unbekannte Nummer. Und sie hatte keine Ahnung, wer es sein konnte, auch wenn sie eine Befürchtung hatte, die sie aber nicht einmal zu denken wagte. Zu wahrscheinlich erschien es ihr, dass diese Befürchtung wie eine selbsterfüllende Prophezeiung wahr werden würde. Schon wie damals riet ihr der logische Menschenverstand, den Anhang nicht anzusehen und stattdessen sofort die Polizei aufzusuchen. Aber zu wem sollte sie gehen? Sie wartete noch immer auf die Nachricht von Carter, doch der war weit weg und würde sicherlich Emilys Befürchtungen nicht allzu ernst nehmen, denn für ihn war Jonathan tot, ein Haufen zerfleischter Matsch unter einer U-Bahn, der schon seit einem Jahr bestattet war. Wie schon damals in London wollte sie unbedingt wissen, was sich im Anhang befand. Sonst würde sie auf der Stelle wahnsinnig werden. Sie fühlte ihren Herzschlag, merkte, wie ihre Finger einen schweißigen Film auf der Oberfläche des Smartphones hinterließen und ihre Hände so zitterten, dass sie nicht einmal die SMS öffnen konnte, so als wollte ein gnädiger Mechanismus verhindern, dass sie deren Inhalt überhaupt sah.
    Doch dennoch tat sie es.
    Und sah das Bild.
    Das Bild von der Frau.
    Ganz weit oben.
    Die Hände ausgebreitet.
    Der Mund aufgerissen.
    Das Gesicht verzerrt.
    Die Augen voller Panik.
    Sie kannte das Gesicht dieser Frau.
    Mary!
    Mary Barnville!
    Mary hatte für ihren Vater gearbeitet.
    Mary war die Frau, von der Emily als kleines Mädchen entführt worden war.
    Und Mary war es, die Jonathan in Emilys Leben gebracht hatte.
    Sie schaute wieder auf ihr Handy.
    Auf das Foto von Mary Barnville.
    War sie tot?
    War sie lebendig?
    Und darunter nur sechs Worte.
    DAS SPIEL DER ANGST GEHT WEITER!
    Er war wieder da, es gab keinen Zweifel mehr.
    Lisa schaute sie mit großen Augen an. »Du siehst aus, als hättest du ein Gespenst gesehen«, sagte sie. »Ist er es?«
    »Wenn es nur ein Gespenst wäre …«
    Was sollte das Bild von Mary? Würde er sie umbringen? Würde jetzt wieder eine grausame Schnitzeljagd beginnen? Würde er …
    In dem Moment klingelte ihr Telefon.

18
    Eine unbekannte Nummer.
    Sie

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