Spiel der Dämmerung - Feehan, C: Spiel der Dämmerung - Mind Game (Ghost Walkers # 2)
Schwester und Freundin und Krankenschwester für sie, Frauen, die darauf bestanden, dass sie Dinge lernte, von denen sie stets behauptete, dass sie sie verabscheute. Immer wieder hatte sie sie ausgelacht und gesagt, dass Häkeln und Stricken etwas für alte Frauen sei, dass sie vom Nähen kleine, faltige Augen bekämen.
Niemand wusste von ihr oder ihrem Zuhause. Sie war ein Mensch, aber kein gewöhnlicher Mensch, so anders,
dass sie niemals in der normalen Welt akzeptiert werden könnte. Sie würde auch gar nicht hineinpassen und ein zufriedenes Leben führen können. Sie hatte eine vage Erinnerung an ihre Kindheit, doch im Großen und Ganzen dominierte der Schmerz. Er lebte und atmete in ihrem Körper wie ein lebendiges Wesen. Die einzige Möglichkeit, den Schmerz abzustellen, bestand darin, sich in ihr Sanatorium zurückzuziehen, ihr Zuhause. Doch jemand jagte sie, benutzte ihr Zuhause als Falle.
Diese aufkeimende Erkenntnis füllte bald ihr ganzes Denken aus, eine erschreckende Realität, der sie sich nicht entziehen konnte. Bei ihrer Mission hatten sich unerwartete Komplikationen ergeben, aber sie hatte sie erfolgreich zu Ende geführt und wusste, dass niemand ihr folgte. Hatten sie eine andere Möglichkeit gefunden, ihr Zuhause ausfindig zu machen? Alles, was hätte schiefgehen können, war schiefgegangen, aber sie wusste mit Sicherheit, dass niemand ihr gefolgt war. Jesse Calhoun, ihr Führungsoffizier, wartete auf sie. Er war tödlich und blitzschnell, wenn es erforderlich war. Jesse interessierte sie, weil er das einzige andere menschliche Wesen war, das sie kannte, das ähnliche übersinnliche Fähigkeiten besaß wie sie selbst. Und er war überdies ein Telepath. Aber warum warnte er sie dann nicht vor dieser Gefahr?
Dahlia hatte gelernt, sich in Geduld zu üben. Sie blendete die Schmerzen aus, harrte dort draußen im Bayou aus und sog dabei die Luft tief in ihre Lungen, um verdächtige Gerüche aufzuschnappen. Lauschte aufmerksam auf jedes Geräusch. Gelegentlich vernahm sie ein leises Platschen, wenn sich eine Schlange von einem Ast ins schlammige Wasser fallen ließ. Geduldig hockte sie da und wartete, wissend, dass jede Bewegung nur Aufmerksamkeit
erregen würde. Ein schwacher Rauchgeruch wehte ihr in die Nase.
Unwillkürlich hielt sie die Luft an. Hier gab es nur ein Gebäude, das brennen konnte. Sie brauchte ihr Zuhause. Ohne das konnte sie nicht überleben. Wenn sie ihr ihr Zuhause nahmen, konnten sie ihr ebenso gut eine Kugel in den Kopf jagen.
Dahlia machte zwei Schritte nach rechts. Sie bezweifelte, dass irgendjemand den Weg durch den Sumpf kannte. Jeder, der auf sie wartete, würde vermuten, dass sie mit einem Boot ankäme. Sehr wahrscheinlich würden sie den Anlegesteg beobachten.
Sehr vorsichtig und sich der Gefahren eines falschen Schrittes bewusst, trat sie wieder auf den Pfad. Irgendwo in der Nähe knurrte ein Alligator. Dahlia wandte flüchtig den Kopf in die Richtung, aus der der Laut kam, als wollte sie dem Tier zu verstehen geben, dass sie sich seiner Anwesenheit bewusst war.
Noch ein vorsichtiger Schritt. Sie zählte zehn Schritte ab und scherte wieder nach rechts aus. Die Durchquerung des Sumpfes ging beinahe automatisch vor sich. Sie zählte zwar im Kopf die Schritte mit, doch ihre Konzentration galt allein den Gerüchen, die die schwache Brise heranwehte. Dahlia spähte durch die Nacht, alle ihre Instinkte in Alarmbereitschaft. Etwas lauerte ihr auf, etwas Schreckliches. Eine dunkle Angst ergriff sie.
Dahlia näherte sich dem Sanatorium von Norden her, auf dem einzigen sicheren Weg durch den Sumpf. Zweimal musste sie knietief durch das schwarze Wasser waten und orientierte sich dabei an den Zypressen. Sie vermied jegliches Geräusch, passte sich den nächtlichen Kreaturen an, schwang sich auf deren Laute ein, so dass die Insekten
harmonisch weiterzirpten und die Frösche ihr enervierendes Quakkonzert fortsetzten. Unter keinen Umständen wollte sie ihre Position dadurch preisgeben, dass die Tiere abrupt verstummten. Es erforderte List und Ausdauer, sich in ihrer Welt zu bewegen und sie nicht zu stören. Dahlia war darin geübt, doch jetzt, da ihr Herz wilde Alarmsignale trommelte, musste sie ihre ganze Konzentration aufbringen.
Der Geruch von etwas Schwelendem brachte sie beinahe zum Würgen, als sie sich dem Sanatorium näherte. Sie sah eine schwarze Rauchsäule und orangerote Flammen, die aus dem Inneren des Gebäudes züngelten. Das Sanatorium war in der Mitte der kleinen
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