Spiel der Dämmerung - Feehan, C: Spiel der Dämmerung - Mind Game (Ghost Walkers # 2)
Jesse so brutal misshandelt hatte. Flammen loderten an ihm empor, hüllten ihn ein, riesige orangefarbene und rote Zungen, so hoch wie bei einem Scheiterhaufen, Flammen, die sie wahrscheinlich nicht kontrollieren konnte. Chaos brach aus. Einige Männer feuerten wahllos in alle Richtungen, nicht wissend, woher der Angriff kam. Ein Mann rollte seinen Partner in eine Jacke ein, um die Flammen zu ersticken.
Ein weiterer feuerte noch eine Kugel auf Jesse ab, diesmal in sein anderes Bein. Dahlia hatte noch nie einen Menschen so schreien hören. Sie fühlte sich wie geprügelt, die Energie dieser brutalen Gewalt prallte von allen Seiten auf sie ein, mit einer Wucht, die sie in dem Ausmaß nicht kannte.
»Wir schießen weiter auf ihn. Du kannst nicht alle von uns stoppen«, rief der Mann, der Jesse gerade eine Kugel ins zweite Bein gejagt hatte. Sie gingen weiter, eine geschlossene Truppe jetzt, Jesse in der Mitte, der von zwei Männern geschleppt wurde, während die anderen nach außen hin ihren Weg mit der Waffe im Anschlag sicherten.
Dahlia fühlte sich so schlecht, sie konnte keinen Schritt mehr gehen, konnte nicht mehr denken. Sie verfluchte sich dafür, dass sie nichts anderes tun konnte, als hier zu hocken, sich im Gras zu verstecken wie ein ängstlicher Hase, während die Männer Jesse folterten und einfach fortschleppten. Jesse, der ihr das Schachspielen beigebracht hatte und in dessen Nähe sie sich immer so wohlgefühlt hatte wie nirgends sonst. Jesse mit seinem unbekümmerten, ansteckenden Lächeln. Er war der einzige Mensch, der sie je geneckt hatte. Sie hatte nicht einmal gewusst, was Necken ist, bevor Jesse in ihr Leben getreten war.
Sie hätte eine Waffe mitnehmen sollen. Sie konnte ja
damit umgehen. Und jetzt blieb ihr nichts anderes übrig, als hilflos dazuhocken, bis die Männer außer Sichtweite waren und sie kurz darauf den Bootsmotor starten hörte. Jetzt erst stürmte Dahlia zum Steg hinunter und sah gerade noch zwei Boote auf dem Kanal entschwinden. Der einzige Hinweis auf Jesse war der schreckliche Blutfleck. Die rote Lache glänzte in der Dunkelheit wie Pech.
Dahlia wandte sich ab, drehte sich zu ihrem ehemaligen Refugium um. Aus Fenstern und Türen quollen Rauchwolken und stiegen in den Himmel. Flammen fraßen sich an den Mauern hoch. Jesse war fort. Sie hatten ihn mitgenommen. Ich werde dich finden. Bleib am Leben, Jesse. Ich werde dich suchen. Das war ein Versprechen. Telepathie zu benutzen, ohne dass eine Verbindung zu dem anderen hergestellt war, sandte Glassplitter durch ihr Gehirn, aber das kümmerte sie im Moment kein bisschen.
Das ist genau das, was sie wollen, Dahlia. Ich bin der Köder. Lass nicht zu, dass sie uns beide töten.
Jesses Stimme war schwach, deutlich hörte sie seine unsäglichen Schmerzen heraus. Ihr Herz krampfte sich zusammen. Ich werde dich finden, Jesse . Das gelobte sie mit Inbrunst. Jesse wusste, dass sie stur war und genau das tun würde, was sie gesagt hatte. Sie betete, dass ihm das die nötige Hoffnung geben würde, um auch unter den schlimmsten Umständen am Leben zu bleiben. In dem Wissen, dass sie im Moment nichts anderes für ihn tun konnte, ging sie den Pfad hinauf zum Haus.
Vor dem Eingang begann sie zu schwanken. Hier, wo die Gewalt ihren Ursprung hatte, war die Energie viel stärker. Ihr Körper rebellierte dagegen, und sie merkte, dass ihre Reaktionen immer heftiger wurden, so sehr sie auch versuchte, sie unter Kontrolle zu halten. Ihr blieben nur
wenige Minuten, um herauszufinden, ob Bernadette und Milly den Anschlag überlebt hatten.
Dahlia ballte die Hände zu Fäusten, ihre Nägel gruben sich tief in ihre Handflächen. Sie spürte nur die Energie einer Person aus dem Gebäude dringen. Männlich. Ein Fremder. Orten konnte sie ihn nicht, das Energieniveau war zu niedrig und zu breitgefächert, beinahe so, als könnte die Person die Energie bewusst über eine große Fläche verteilen. Sie hatte die breite Veranda erreicht, ihre weichen Sohlen huschten völlig lautlos über die Holzdielen. »Bitte, seid am Leben.« Das Wispern ihres Atems sagte ihr, dass sie die Worte ausgesprochen hatte, obwohl sie sich an den Gedanken kaum noch erinnerte. Sie wusste es ohnehin besser; ihre Sinne verrieten ihr die Wahrheit, aber ihr Kopf sperrte sich dagegen.
Dicke Rauchwolken quollen ihr aus der offenen Tür entgegen, die zur Eingangshalle und den Büros führte. Die Büros waren so gut wie nie besetzt, sie waren in erster Linie dazu gedacht, einen Bürobetrieb
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