Spiel der Herzen
Bad?«
Er wußte, warum sie das wissen wollte, und zeigte ihr den Weg. Dann setzte er sich abermals auf die Couch und wartete ungeduldig auf ihre Rückkehr. Als sie wieder ins Zimmer trat, übersprang sie eine Station, indem sie sich nicht mehr auf die Couch setzte, sondern gleich auf sie legte. Dabei sagte sie in der frivolen Art, die ihr eigen war: »Komm, laß uns den Grund nachliefern, der den Schwierigkeiten, die sie dir macht, die Berechtigung gibt.«
Sie hatte gar keinen Schlüpfer mehr an. Der lag im Bad. Werners unbeherrschte, gierige Hand traf diese Feststellung nicht erst nach sich mehr und mehr steigernden Präliminarien, sondern sofort. Und Gertis Hand, die es nicht weniger eilig hatte, stieß dort, wo sie sich zu schaffen machte, auf Verhältnisse, denen der Ausruf entsprang: »Nein! Der tötet mich!«
Dieses ›Nein‹ war ein absolutes ›Ja‹. In solchen Situationen dürfen Frauen nicht mißverstanden werden.
Der ›Tod‹ für Gerti, erlitten auf Werners Couch, dauerte bis zum einbrechenden Abend dieses Tages. Umgekehrt entsagte zusammen mit ihr und auf dieselbe Weise auch er ein halbes dutzendmal dem Leben. Zuletzt lagen die beiden ermattet nebeneinander, nachdem sich Werner eine Zigarette geholt hatte.
Plötzlich kicherte Gerti und sagte: »Direkt unter einem echten Spitzweg hat man das zum erstenmal mit mir gemacht.«
Auf sie eingehend, meinte er: »Wie fühlt man sich da als Frau?«
»Man fragt sich dabei: Wie mag's erst unter einem echten Rembrandt sein?«
»Leider wirst du auf diese Frage bei mir nie eine Antwort finden können.«
»Aber unterm Spitzweg schon noch des öfteren, hoffe ich.«
Beide lachten. Sie waren zwei, die zusammenpaßten.
»Du sagtest«, fuhr dann Gerti fort, »daß du dir bei meinem Anruf das Richtige gedacht hättest …«
»Ja.«
»Was denn?«
»Genau das, was kam«, entgegnete Werner. »Und du?«
»Ich auch.«
»Du wolltest also in deinem Leben gar nicht Journalistin werden?«
»Habe ich das nicht schlau eingefädelt?«
»Warum warst du scharf auf mich?«
»Warum du auf mich?«
»Weil ich spürte, daß du scharf auf mich bist.«
»Und du auf mich.«
»Einfache Sache, nicht?« grinste er. »Hast du noch keinen Hunger?«
»Nein.«
»Ich schon.«
Ihr schien das egal zu sein. Sie fragte: »Was wird nun mit deiner Freundin?«
Er zuckte im Liegen die Achseln.
»Sag mir lieber, was mit dir wird.«
»Ich fahre morgen wieder zurück nach Düsseldorf. Ich war aber nicht zum letztenmal hier.«
Überrascht fragte er: »Morgen schon?«
»Ja.«
»Mit der Bahn?«
»Ja.«
»Dann bringe ich dich zum Bahnhof.«
Gerti war ein bißchen enttäuscht. Sie hatte damit gerechnet, daß er versuchen würde, sie umzustimmen. Er schwieg aber.
»Kommst du manchmal nach Düsseldorf?« fragte sie ihn.
»Manchmal ja.«
»Wirst du mich dann besuchen?«
»Sicher.«
»Ruf mich aber vorher an, damit's auch klappt. Laß mich nicht vergessen, daß ich dir noch meine Nummer gebe, ehe wir auseinandergehen.«
»Wann gehen wir denn auseinander?«
»Ich schlage vor: morgen früh.«
»Wollen wir hierbleiben?«
»Jede Minute.«
Mit einem Ruck setzte er sich auf.
»Dann muß ich aber rasch doch noch was zu essen besorgen. Oder hast du immer noch keinen Hunger?«
»Auf Thunfisch?«
»Sag mir, auf was«, grinste er, die Couch verlassend und sich hastig anziehend.
»Auf Hummer und Kaviar«, lachte sie.
»Nichts leichter als das«, lachte auch er. »In Heidenohl kriege ich Hummer und Kaviar an jeder Ecke.«
»Soll ich mich in der Zwischenzeit in mein Dirndl werfen, dessen du mich beraubt hast?«
»Untersteh dich. Wir werden beide nackt speisen wie im Paradies.«
»Beeil dich.«
Als Werner die Treppe hinunterlief, kam ihm jemand von unten entgegen. Er blieb stehen und war gleich darauf versucht, kehrtzumachen und die Treppe wieder hinaufzulaufen. Es war nämlich Clara, die er entdeckte. Clara hatte den ganzen Nachmittag in ihrem Geschäft mit sich gekämpft. Der Besuch des jungen Culldorf ging ihr nicht aus dem Kopf. Der Gedanke, darüber mit Werner zu sprechen, war immer stärker, verlockender geworden. Das Zerwürfnis zwischen ihnen hatte Clara ja schon zermürbt. Ehrlich gesagt, sah sie deshalb jetzt einen willkommenen Anlaß, zu Werner zu gehen und die Aussöhnung mit ihm in die Wege zu leiten, ohne sich allzuviel zu vergeben. Als sie nun mit ihm auf der Treppe zusammentraf, lächelte sie. Sie ahnte nicht, daß es eine kurze, eine vernichtende Begegnung für sie
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