Spiel der Herzen
Neues?«
»Nein«, erwiderte Helga.
»Bei mir auch nicht. War nicht viel los heute, deshalb bin ich schon da.«
»Ich soll dich nur etwas fragen.«
»Was?«
»Wer ist Thekla Bendow?« Ihrem Blick, mit dem Helga dabei ihren Gatten in die Augen sah, ermangelte es nicht an Aufmerksamkeit, ja an ungewollter Schärfe. Und leider mußte dieser Blick eine Reihe höchst verdächtiger Reaktionen auf seiten Franks wahrnehmen.
Frank zuckte zusammen, Röte schoß ihm ins Gesicht, der Zeigefinger war nervös bemüht, drei-, viermal Asche von der Zigarette in den Aschenbecher zu schnippen, obwohl sie erst Sekunden zuvor angezündet worden war. Und heiser klang Franks Stimme, mit der er hervorstieß: »Wer?«
Helga hatte schon zuviel gesehen.
»Thekla Bendow«, antwortete sie kalt.
»Welche Thekla Bendow?«
Helga ging wortlos zum Papierkorb und kam mit dem zusammengeknüllten anonymen Bogen zurück, glättete ihn mit der Hand auf dem Tisch vor Frank, tippte mit dem Zeigefinger auf den Namen und sagte: »Die!«
Frank nahm das Blatt in die Hand und las sehr langsam, sehr sorgfältig den Text. Er sah dies als Gelegenheit zu einer Atempause an, die er sich gönnen konnte. Dann zwang er sich zu einer geringschätzigen Grimasse, mit der er den Bogen auf den Tisch warf, wobei er verächtlich hervorstieß: »Ekelhaft.«
»Ist das alles, was du zu sagen hast?«
»Zu einem anonymen Fetzen hat man nicht mehr zu sagen.« Frank ergriff das Blatt wieder, dessen er sich soeben entledigt hatte, sprang auf und wandte sich zur Tür.
»Wohin willst du?« rief Helga.
Er zeigte ihr mit der ausgestreckten Hand das Blatt.
»Wohin das gehört! Aufs Klosett!«
Im nächsten Augenblick hatte ihm Helga den Bogen entrissen. Dabei blieb die Ecke, an der ihn Frank festgehalten hatte, in seiner Hand zurück.
Im Nu war ein böser Streit, den es zuvor in ihrer Ehe noch nie gegeben hatte, im Gange.
»Bist du denn verrückt?« schrie Frank.
»Nein – aber blind!« gab Helga nicht minder laut und wütend zurück. »Stockblind muß ich die ganze Zeit gewesen sein!«
»Wieso?«
»Weil ich nicht gesehen habe, daß du mich betrügst!«
»Woraus willst du das schließen? Aus diesen lächerlichen vier Zeilen?«
»Ja, daraus – und vor allem aus deinen Reaktionen, seit ich dir den Brief zu lesen gegeben habe! Sieh dich an, aus dir spricht doch das personifizierte schlechte Gewissen!«
»Dazu habe ich nicht die geringste Veranlassung!«
»Dann sag doch, daß das alles aus der Luft gegriffen ist!«
»Das ist es auch!«
Bei Frank hatte der Verstand ausgesetzt. Statt die Vernunft zu Wort kommen zu lassen und in Ruhe das wenige einzugestehen, das es zu bekennen gegeben hätte, stritt er alles ab.
»Diese Frau gibt es also gar nicht in deinem Leben?« fragte Helga lauernd.
»Nein.«
Mit einem Schlag wirkte Helga wieder ganz ruhig.
»Gut«, sagte sie. »Das läßt sich feststellen, es gibt ja ein Einwohnermeldeamt in Heidenohl.«
Damit schien sich das Blatt für Frank wieder gewendet zu haben. Er witterte Morgenluft.
»Sehr richtig«, höhnte er. »Die warten schon auf dich.«
Anschließend verkündete er, die Nase voll zu haben. Der Wahnsinn hier reiche ihm. Er zöge es vor, mit Werner ein Glas zu trinken.
Die Tür knallte wie ein Schuß, als er sie hinter sich zuwarf und eine verunsicherte Helga zurückließ, die nun doch wieder nicht mehr zu wissen glaubte, wie sie dran war. Wenn ich ihm unrecht getan habe, dachte sie, werde ich ihn um Verzeihung bitten. Nichts lieber als das. Aber woher dieser Brief? Woher dieser Name? Kann denn das alles aus der Luft gegriffen worden sein? Ich brauche Sicherheit, und die kann mir nur das Einwohnermeldeamt verschaffen.
Frank stürmte bei Werner herein, verfolgte jedoch dabei nicht den Zweck, mit ihm einen zu heben, sondern ihm den Kopf zu waschen. Er kochte. In seinen Augen konnte bei keinem anderen als bei Werner die Schuld an dem zu suchen sein, was sich so plötzlich, so völlig unvermutet über seinem Kopf entladen hatte.
Werner saß an seinem Schreibtisch in der Redaktion, wo ihn Frank fand, nachdem er zuerst vergeblich versucht hatte, ihn in seiner Wohnung aufzustöbern.
Die Auseinandersetzung begann mit Franks Ausruf: »Mit dir bin ich fertig!«
So unverhüllt die Wut Franks war, so groß war Werners Erstaunen über sie.
»Willst du dich nicht setzen?« antwortete er zuerst einmal.
»Nein!«
»Was ist denn passiert?«
Frank stützte sich mit beiden Fäusten auf die Schreibtischplatte.
»Du
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