Spiel der Magier
und sahen mit gräßlichem Hunger zu ihnen herüber. Man konnte auch andere Wesen undeutlich zwischen den Bäumen auf der anderen Seite erkennen. Eines von ihnen, groß und zottig, schien sogar einen menschlichen Körper zu haben, aber sein Kopf war der Kopf eines wilden Tieres. Eine Herde sich flink bewegender Tiere galoppierte am Abhang entlang, ihre Mähnen und Schweife flatterten im Wind.
»Seht mal!« rief Ce’Nedra und zeigte hinüber. »Wilde Pferde.«
»Das sind keine Pferde«, erwiderte Hettar grimmig.
»Sie sehen aber wie Pferde aus.«
»Sie sehen vielleicht so aus, aber es sind keine.«
»Hrulgin«, sagte Meister Wolf knapp.
»Was ist das?«
»Ein Hrulga ist ein vierbeiniges Tier – wie ein Pferd –, aber es hat Fänge statt Zähnen, und klauenbewehrte Füße statt Hufen.«
»Aber das würde bedeuten…« Die Prinzessin hielt mit weitaufgerissenen Augen inne.
»Ganz recht. Es sind Fleischfresser.«
Sie schauderte. »Wie gräßlich.«
»Die Schlucht wird immer schmaler, Belgarath«, grollte Barak. »Ich möchte nicht unbedingt eins der Wesen hier auf unserer Seite haben.«
»Es wird uns schon nichts geschehen. Wenn ich mich recht erinnere, verengt sich die Schlucht auf etwa hundert Meter und wird dann wieder breiter. Sie können nicht herüber.«
»Hoffentlich täuscht dich deine Erinnerung nicht.«
Die Wolken jagten vor einem unangenehmen Wind daher. Geier stiegen empor und kreisten über der Schlucht. Raben flatterten von Baum zu Baum und krächzten miteinander. Tante Pol beobachtete die Vögel mit tiefer Mißbilligung, sagte jedoch nichts.
Sie ritten weiter. Die Schlucht wurde tatsächlich schmaler, und bald konnten sie die brutalen Gesichter der Algroths auf der anderen Seite deutlich sehen. Als die Hrulgin, mit wehenden Mähnen, ihre Mäuler zum Wiehern aufrissen, konnten sie die langen, spitzen Zähne gut erkennen. Dann, am schmälsten Punkt der Schlucht, kam eine Gruppe gepanzerter Murgos auf den Abhang zu. Ihre Pferde dampften von dem harten Ritt, und die Murgos selbst hatten eingefallene Wangen und trugen alle Spuren einer anstrengenden Reise. Sie hielten an und warteten, bis Garion und seine Freunde sich genau ihnen gegenüber befanden. Ganz vorn stand Brill, der erst zu ihnen herüber und dann in die Schlucht hinunter blickte.
»Was hat dich aufgehalten?« rief Silk neckend in einem Ton, der unter der Oberfläche einen harten Klang hatte. »Wir dachten schon, du wärst verlorengegangen.«
»Das ist sehr unwahrscheinlich, Kheldar«, antwortete Brill. »Wie seid Ihr auf die andere Seite gekommen?«
»Ihr müßt ungefähr vier Tagesritte zurück«, rief Silk und deutete in die Richtung, aus der sie gekommen waren. »Wenn du gründlich suchst, müßtest du die Schlucht finden, die hier heraufführt. Du solltest das in ein, zwei Tagen schaffen können.«
Einer der Murgos zog einen kurzen Bogen unter seinem linken Bein vor und legte einen Pfeil an. Er zielte auf Silk, spannte den Bogen und schoß. Silk beobachtete gelassen, wie der Pfeil langsam in einer langen Spirale in die Schlucht trudelte. »Netter Schuß«, rief er.
»Sei kein Narr«, fuhr Brill den Murgo mit dem Bogen an. Dann wandte er sich wieder an Silk. »Ich habe viel von dir gehört, Kheldar.«
»Man erwirbt sich halt einen gewissen Ruf«, antwortete Silk bescheiden.
»Eines Tages muß ich herausfinden, ob du wirklich so gut bist, wie es heißt.«
»Diese Neugier könnte der Beginn einer tödlichen Krankheit sein.«
»Zumindest für einen von uns.«
»Ich freue mich dann also auf unsere nächste Begegnung«, sagte Silk. »Ich hoffe, du entschuldigst uns, mein Freund – dringende Geschäfte, wie du weißt.«
»Sieh dich vor, Kheldar«, drohte Brill. »Eines Tages werde ich da sein.«
»Ich sehe mich immer vor, Kordoch«, rief Silk zurück, »also wundere dich nicht, wenn ich auf dich warte. Es war herrlich, mit dir zu plaudern. Wir müssen das bald einmal wiederholen.«
Der Murgo mit dem Bogen schoß einen weiteren Pfeil ab. Er folgte dem ersten in den Abgrund.
Silk lachte und führte die Gruppe vom Rand der Schlucht weg. »Was für ein außergewöhnlicher Bursche«, sagte er beim Reiten. Er blickte zu dem trüben Himmel hinauf. »Und was für ein ausgesprochen reizender Tag.«
Die Wolken wurden dichter und schwärzer, je weiter sie kamen. Der Wind frischte auf und heulte zwischen den Bäumen. Meister Wolf ritt von der Schlucht, die zwischen ihnen und Brill mit seinen Murgos lag, stetig nach Nordosten.
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