Spiel der Magier
Geist getan hatte, war es aus einem Impuls heraus geschehen, als Reaktion auf eine Krise. Er hatte sich niemals hingesetzt und es bewußt getan. Er mußte fast sofort feststellen, daß die Umstände jetzt völlig anders waren. Die ganze Welt schien ihn plötzlich abzulenken. Vögel sangen. Ein Windhauch strich über sein Gesicht. Eine Ameise kroch über seine Hand. Immer, wenn er seinen Willen sammeln wollte, lenkte ihn etwas anderes ab.
Er wußte, daß ein bestimmtes Gefühl dazu gehörte, eine Art Anspannung im Hinterkopf, als wollte er seine Stirn vorschieben. Er schloß die Augen, das schien zu helfen. Es kam. Langsam, doch er fühlte, wie der Wille sich in ihm aufbaute. Als er sich daran erinnerte, legte er das Mal in seiner Hand auf das Amulett unter seiner Tunika. Die Kraft in ihm, durch diese Berührung verstärkt, schwoll an zu einem dröhnenden Crescendo. Mit geschlossenen Augen stand er auf. Dann öffnete er die Augen und sah den widerspenstigen Stein mit hartem Blick an. »Und du wirst dich bewegen!« murmelte er. Er hielt die rechte Hand weiter auf das Amulett und streckte die linke flach aus, so daß die Handfläche nach oben zeigte.
»Jetzt!« sagte er heftig und hob seine linke Hand langsam an. Die Kraft in ihm brandete hoch, und das Dröhnen in seinem Kopf wurde betäubend.
Langsam hob sich der Felsblock aus dem Gras. Würmer und Maden, die in der sicheren, warmen Dunkelheit unter dem Felsen gelebt hatten, krochen verschreckt davon, als die Morgensonne sie traf. Majestätisch schwebte der Felsen, Garions unerbittlich steigender Hand gehorchend. Er schwankte einen Moment, dann kippte er langsam über.
Die Erschöpfung, nachdem er versucht hatte, den Felsen mit den Händen anzuheben, war nichts im Vergleich zu der entsetzlichen Müdigkeit, die ihn übermannte, als er seinen Willen losließ. Er verschränkte die Arme auf dem Gras und ließ seinen Kopf darauf sinken.
Nach ein, zwei Minuten kam ihm dieser merkwürdige Umstand zum Bewußtsein. Er stand noch immer, aber seine Arme lagen bequem gefaltet vor ihm im Gras. Er hob den Kopf und sah sich verwirrt um. Er hatte den Felsen jedenfalls bewegt. So viel war sicher, denn der Felsen lag nun auf seiner runden Oberseite, und die feuchte Unterseite zeigte nach oben. Also war etwas anderes geschehen. Obwohl er den Felsen nicht berührt hatte, hatte dessen Gewicht nichtsdestoweniger auf ihm gelastet, als er ihn angehoben hatte, und die Kraft, die er auf den Stein gerichtet hatte, war nicht ganz auf ihn übergegangen.
Mit Entsetzen stellte Garion fest, daß er bis zu den Achseln in den Erdboden versunken war.
»Was soll ich denn jetzt tun?« fragte er sich hilflos. Er schauderte vor der Vorstellung zurück, noch einmal seinen Willen einzusetzen, um sich aus dem Boden zu ziehen. Er war zu erschöpft, um das auch nur in Betracht zu ziehen. Er versuchte, sich zu bewegen, um vielleicht die Erde um sich herum zu lockern und sich so langsam nach oben arbeiten zu können, aber er konnte sich nicht rühren.
»Nun sieh, was du getan hast«, sagte er vorwurfsvoll zu dem Felsen.
Aber der Felsen ignorierte ihn.
Ihm kam ein Gedanke. »Bist du da drin?« fragte er das Bewußtsein, das schon immer bei ihm gewesen war.
Das Schweigen in seinem Geist war vollständig.
»Hilfe!« rief er.
Ein Vogel, der von den freigelegten Würmern und Maden herbeigelockt worden war, sah ihn mit schief gelegtem Köpfchen an und wandte sich dann wieder seinem Frühstück zu.
Garion hörte leichte Schritte hinter sich und drehte den Kopf, um etwas sehen zu können. Das Fohlen starrte ihn verwundert an. Zögernd schob das kleine Pferd seine Nase vor und schnupperte an Garions Gesicht.
»Braves Pferd«, sagte Garion schließlich, erleichtert, nicht mehr allein zu sein. Ihm kam eine Idee.
»Du mußt Hettar holen«, befahl er dem Fohlen.
Das Fohlen sprang umher und beschnupperte Garion dann wieder.
»Laß das«, befahl Garion. »Es ist ernst.« Behutsam versuchte er, in die Gedanken des Fohlens einzudringen. Er hatte es auf ein Dutzend verschiedene Arten versucht, bis er schließlich durch reinen Zufall auf die richtige Verbindung stieß. Die Gedanken des Fohlens huschten von hier nach dort ohne Sinn und Ordnung. Es war der Geist eines Babys, keine eigentlichen Gedanken, nur Sinneseindrücke. Garion sah vorbeihuschende Bilder von grünem Gras und Rennen und Wolken am Himmel und warmer Milch. Er verspürte auch die Verwunderung in dem kleinen Geist und die tiefe Liebe, die das Fohlen
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