Spiel der Magier
Mutter ist an sich sehr tolerant, aber ab und zu war sie sehr verärgert über dich.«
Belgarath hüstelte unbehaglich.
»Es ist jetzt Zeit, dich zusammenzureißen und dich nicht länger selbst zu bemitleiden«, fuhr sie fort.
Seine Augen wurden schmal. »Das ist nicht ganz gerecht, Pol.«
»Ich habe keine Zeit, gerecht zu sein, Vater.«
»Warum hast du ausgerechnet diese Form gewählt?« fragte er mit einer Spur von Bitterkeit.
»Das war ich nicht, Vater. Sie war es. Schließlich ist es ihre natürliche Gestalt.«
»Das hatte ich fast vergessen«, murmelte er.
»Sie nicht.«
Der alte Mann richtete sich auf. »Gibt es hier etwas zu essen?« fragte er plötzlich. »Die Prinzessin hat gekocht«, warnte Garion. »Vielleicht überlegst du es dir lieber noch mal, bevor du etwas ißt.«
Am nächsten Morgen brachen sie die Zelte ab, packten ihre Sachen zusammen und ritten unter einem noch immer unheildrohenden Himmel an dem kleinen Bach entlang zurück in das Flußtal.
»Hast du dich bei den Bäumen bedankt, Liebes?« fragte Tante Pol die Prinzessin.
»Ja, Dame Polgara«, antwortete Ce’Nedra. »Bevor wir aufbrachen.«
»Das ist recht.«
Das Wetter blieb in den nächsten beiden Tagen drohend, und schließlich brach der Schneesturm mit ganzer Heftigkeit los, als sie sich einem seltsam pyramidenförmigen Gipfel näherten. Die Hänge des Gipfels waren steil und ragten finster in dem Schneetreiben empor. Der Gipfel schien nicht die zufälligen Unregelmäßigkeiten der umgebenden Berge aufzuweisen. Obwohl er die Idee sogleich wieder verwarf, konnte Garion sich nicht ganz des Eindrucks erwehren, daß der merkwürdig winklige Gipfel künstlich war – und seine Form das Ergebnis einer bewußten Überlegung.
»Prolgu«, sagte Belgarath und deutete mit einer Hand auf den Gipfel, während er mit der anderen seinen Mantel festhielt.
»Wie kommen wir da hinauf?« fragte Silk und starrte auf die steilen Felswände, die in dem Schneetreiben nur undeutlich zu erkennen waren.
»Es gibt eine Straße«, antwortete der alte Mann. »Sie beginnt dort drüben.« Er wies mit der Hand auf einen großen Steinhaufen auf einer Seite des Gipfels.
»Wir sollten uns beeilen, Belgarath«, sagte Barak. »Dieser Sturm wird sich nicht so bald legen.«
Der alte Mann nickte und setzte sich an die Spitze. »Wenn wir oben sind«, rief er über die Schulter zurück gegen den Wind, »werden wir die Stadt vorfinden. Sie ist verlassen, aber vielleicht seht ihr einiges herumliegen – zerbrochene Krüge oder ähnliches. Berührt nichts. Die Ulgoner glauben seltsame Dinge über Prolgu. Für sie ist es ein heiliger Ort, und alles soll genauso bleiben, wie es ist.«
»Wie kommen wir in die Höhlen?« fragte Barak.
»Die Ulgoner werden uns einlassen«, beruhigte ihn Belgarath. »Sie wissen bereits, daß wir da sind.«
Die Straße, die auf den Berg führte, war ein schmaler Sims, der sich steil um den Gipfel wand. Ehe sie den Aufstieg begannen, stiegen sie ab und führten die Pferde am Zügel. Der Wind zerrte an ihnen, und der eisige Schnee stach wie mit Nadeln in ihre Haut.
Sie brauchten zwei Stunden, um den Gipfel zu erreichen, und Garion war taub vor Kälte.
Der Wind schien an ihm zu reißen und ihn von dem Sims ziehen zu wollen, daher bemühte er sich, so dicht wie möglich an der Felswand zu bleiben.
Wo der Wind unterhalb des eigentlichen Gipfels schon brutal gewesen war, traf er sie auf der Spitze wie ein Keulenschlag. Während der Schnee um sie herumwirbelte und der Wind betäubend in ihren Ohren heulte, gingen sie durch einen breiten Torbogen in die verlassene Stadt Prolgu.
Säulen säumten die leeren Straßen, hohe, dicke Säulen, die in den Himmel ragten. Die meisten Gebäude waren von der Zeit und dem ewigen Wechsel der Jahreszeiten abgedeckt und wirkten seltsam fremdartig. An die strikte Rechteckigkeit der Gebäude in den anderen Städten gewöhnt, war Garion auf die gewölbten Oberflächen der Ulgo-Architektur nicht vorbereitet. Nichts schien wirklich eckig zu sein. Die Vielfalt der Winkel zerrte an seinen Nerven, sprach von einer subtilen Kultiviertheit. Die Bauweise wies eine Stabilität auf, die der Zeit trotzte; die verwitterten Steine lagen noch genauso aufeinander, wie sie vor Jahrtausenden aufgeschichtet worden waren.
Durnik schien die seltsamen Formen der Gebäude ebenfalls bemerkt zu haben, auf seinem Gesicht malte sich Mißbilligung ab. Als sie hinter einem Gebäude Schutz vor dem Wind suchten, um einen Moment von der
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