Spiel der Magier
hundert Meter an dem Bach entlang, bis sie auf eine kleine Lichtung mitten in dem Gehölz kamen. Die Kiefern am Rand der Lichtung beugten sich unter dem Druck der weiter außen stehenden nach innen und berührten sich fast an den Spitzen. »Ein guter Ort.« Hettar sah sich anerkennend um. »Wie hast du ihn gefunden?«
»Sie hat ihn gefunden.« Silk deutete mit dem Kopf zu Ce’Nedra hinüber.
»Die Bäume haben mir davon erzählt«, sagte sie. »Junge Kiefern plappern viel.« Sie betrachtete die Lichtung nachdenklich. »Wir machen unser Feuer dort drüben«, entschied sie und zeigte auf einen Fleck dicht am Bach auf der anderen Seite der Lichtung, »und schlagen unsere Zelte direkt dahinter auf, mit dem Rücken zu den Bäumen. Ihr müßt Steine um das Feuer herumlegen und davor alle Zweige von der Erde auflesen. Die Bäume fürchten sich vor dem Feuer. Sie haben versprochen, uns vor dem Wind zu schützen, aber nur, wenn wir unser Feuer streng unter Kontrolle halten. Ich habe ihnen mein Wort gegeben.«
Ein leises Lächeln huschte über Hettars Habichtgesicht.
»Ich meine es ernst«, rief sie und stampfte mit dem Fuß auf.
»Aber natürlich, Eure Hoheit«, sagte er mit einer Verbeugung.
Da die anderen angeschlagen waren, fiel die Arbeit des Zeltaufschlagens und Feuermachens weitgehend Silk und Hettar zu. Ce’Nedra kommandierte sie herum wie ein kleiner General und feuerte mit klarer, fester Stimme ihre Befehle ab. Es schien ihr einen Riesenspaß zu machen. Garion war sicher, daß es nur eine optische Täuschung in dem nachlassenden Tageslicht war, aber die Bäume schienen geradezu zurückzuzucken, als das Feuer aufflammte, und sich erst nach einer Weile wieder vorzulehnen und ein schützendes Dach über die Lichtung zu bilden. Müde rappelte er sich auf und sammelte Aststücke und tote Zweige für das Feuer.
»Nun«, sagte Ce’Nedra, die sich geschäftig am Feuer zu schaffen machte, »was wollt ihr zum Abendessen?«
Sie blieben drei Tage auf ihrer geschützten kleinen Lichtung, während sich ihre drei angeschlagenen Krieger und Mandorallens Schlachtroß von der Begegnung mit dem Eldrak erholten. Die Erschöpfung, die Garion befallen hatte, nachdem Tante Pol all seine Kräfte beansprucht hatte, um den Geist ihrer Mutter zu rufen, war nach einer Nacht tiefen Schlafs weitgehend gewichen, wenn er auch am nächsten Tag noch müde war. Er fand Ce’Nedras übertriebenen Eifer am Feuer fast unerträglich und half deshalb Durnik dabei, den Knick aus Mandorallens Harnisch herauszuhämmern. Danach verbrachte er soviel Zeit wie möglich bei den Pferden. Er brachte dem Fohlen ein paar einfache Tricks bei, obwohl er vorher noch nie versucht hatte, ein Tier zu dressieren. Dem Fohlen schien es Spaß zu machen, aber lange konnte es sich nicht konzentrieren.
Durniks, Baraks und Mandorallens Unpäßlichkeit war leicht zu verstehen, aber Belgaraths tiefes Schweigen und seine scheinbare Gleichgültigkeit gegen alles um ihn herum beunruhigte Garion. Der alte Mann schien in eine melancholische Stimmung versunken zu sein, die er nicht abschütteln konnte oder wollte.
»Tante Pol«, sagte Garion schließlich am Nachmittag des dritten Tages, »du mußt etwas unternehmen. Wir wollen bald weiter, und Großvater muß uns den Weg zeigen. Aber ich glaube, im Augenblick ist es ihm völlig egal, wo er ist.«
Tante Pol sah zu dem alten Zauberer hinüber, der auf einem Stein hockte und ins Feuer starrte. »Du hast vermutlich recht. Komm mit.« Sie ging um das Feuer und blieb unmittelbar vor dem alten Mann stehen. »Also, Vater«, sagte sie entschieden, »ich denke, es reicht jetzt.«
»Geh weg, Polgara«, bat er.
»Nein, Vater. Es ist Zeit, daß du damit aufhörst und wieder in die wirkliche Welt zurückkehrst.«
»Das war grausam, Pol«, sagte er vorwurfsvoll.
»Mutter gegenüber? Ihr hat es nichts ausgemacht.«
»Woher weißt du das? Du hast sie nie gekannt. Sie starb, als ihr geboren wurdet.«
»Was hat das damit zu tun?« Sie sah ihn direkt an. »Vater«, erklärte sie nachdrücklich, »gerade du solltest wissen, daß Mutter sehr stark war. Sie war immer bei mir, und wir kennen uns sehr gut.«
Er sah sie zweifelnd an.
»Sie hat genauso ihre Rolle in dem Spiel wie wir anderen auch. Wenn du in all den Jahren besser aufgepaßt hättest, wüßtest du, daß sie nie wirklich fort war.«
Der alte Mann sah sich etwas schuldbewußt um.
»Genau«, sagte sie mit leichter Schärfe. »Du hättest dich wirklich benehmen sollen, weißt du.
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