Spiel der Teufel
als würde sie allmählich
Abschied nehmen, als hätte sie mit allem abgeschlossen. Sie
machte die Tür frei und ließ Santos an sich vorbeitreten.
Henning, der sein Bier ausgetrunken hatte, empfing die beiden
Frauen mit einem mürrischen Gesicht und den Worten: »Und,
habt ihr euch gut unterhalten?«
»Haben wir«, antwortete Santos gelassen. »Wir warten bis
morgen.«
»Aha, und dafür habt ihr über eine halbe Stunde gebraucht?
Kann ich noch ein Bier haben?«
Ivana holte eine Flasche, öffnete sie und reichte sie Henning.
»Bitte. Ich möchte mich entschuldigen, dass wir dich so lange
warten ließen.«
»Ah, das macht nichts, ich bin Warten gewohnt«, erwiderte er
sarkastisch. »Darf ich auch erfahren, was es so Wichtiges zu
besprechen gab?«
»Sören, ich erklär's dir gleich im Auto«, sagte Santos.
»Gut, gut. Prost, auf euer Wohl.« Er trank die halbe Flasche
leer und meinte: »Ich hätte noch ein paar Fragen, vorausgesetzt,
du bist bereit, überhaupt noch mit mir zu sprechen.«
»Ich hab doch nichts gegen dich, im Gegenteil.«
Ohne darauf einzugehen, fragte Henning: »Warum gibt es hier
nichts von dir, kein Duschgel, keine Zahnbürste, nichts? Und
auf dem Bett sind nur ein Kopfkissen und eine Zudecke. Diese
Wohnung sieht aus, als hätte nur Gerd darin gewohnt.«
»Er hat hier nicht gewohnt, wir haben uns hier nur getroffen,
wenn wir zusammen sein wollten. Kommt mit, ich zeig euch
was.« Sie ging ins Bad, machte das Licht an, griff an den Spiegel
und schob ihn zur Seite. Dahinter befanden sich mehrere Ablagefächer,
auf denen Parfumflakons, Make-up, Lippenstifte
und Körperpflegeartikel standen und lagen. »So viel zu deiner
Frage. Es ist ein kleines Bad, aber sehr funktionell. Und was
das Bett betrifft, ich bin es von Kindheit an gewohnt, ohne
Kopfkissen zu schlafen, und die Bettdecke ist groß genug für
zwei. Zufrieden?«
Henning nickte nur und begab sich wieder ins Wohnzimmer.
Die beiden Frauen folgten ihm.
»Was sagt dir der Name Ivanauskas?«
»Ihr habt also doch etwas herausgefunden«, entgegnete Ivana.
»Alle Autos der Firma und der Mitarbeiter werden bei ihm gekauft.
Er ist ein enger Freund von Luschenko, wobei Luschenko
wesentlich mächtiger ist. Aber Ivanauskas ist nicht zu unterschätzen,
er hat es in den letzten fünf Jahren sehr weit gebracht,
sein Einfluss wird ständig größer. Er ist machtbesessen
und geht über Leichen.«
»Als kleine Buchhalterin weißt du ganz schön viel über gewisse
Leute.«
»Ich hatte auch lange genug Zeit zu recherchieren. Gerd hat
seinen BMW auch bei Ivanauskas gekauft, aber das wisst ihr ja,
sonst hättet ihr mich nicht nach ihm gefragt. Hab ich damit
deine Fragen beantwortet? Ich würde jetzt gerne nach Hause
fahren.«
»Eine Frage noch. Wie habt ihr es geschafft, eure Affäre ...«
»Wie oft soll ich es noch betonen - es war keine Affäre!«,
zischte Ivana wütend.
»Gut, wie habt ihr es geschafft, eure Beziehung so lange geheim
zu halten?«
»Wir waren einfach nur vorsichtig.«
»Und wie hattet ihr euch die Zukunft vorgestellt? Sollte es immer
so weitergehen. Wolltet ihr euch für den Rest eures Lebens
heimlich treffen, hier in dieser nicht sehr einladenden Wohnung?
«, fragte Henning mit verächtlicher Miene. Es war seltsam,
in gewissen Momenten hegte er Sympathie für Ivana,
dann wieder wurde er wütend, wenn sie ihn mit einem ganz
bestimmten Blick ansah oder knapp und abweisend auf seine
Fragen antwortete. Sie war für ihn eine Frau voller Widersprüche,
eine Frau, die er nicht einordnen konnte und die wie ein
Aal war, der ihm dauernd aus den Händen glitt. Eine Frau ganz
anders als Lisa.
»Wir hatten Pläne geschmiedet. In spätestens zwei Jahren
wollten wir abhauen und untertauchen, vielleicht sogar schon
früher.«
»Im brasilianischen Urwald?«
»Warum bist du so zynisch? Weil du nicht begreifen willst,
dass dein Freund Gerd eine andere Frau geliebt hat? Kein
Mensch kann bestimmen, wen er liebt. Ich kann nichts dafür,
dass er für Nina nichts mehr empfunden hat, ich habe mich
nicht zwischen beide gestellt. Als ich kam, war seine Ehe schon
kaputt, das ist die Wahrheit.«
»Wer kann schon Wahrheit von Lüge unterscheiden? Es ist
deine Version und ...«
»Warum hat er wohl diese Wohnung gemietet? Das hier war sein
Refugium, hierher hat er sich zurückgezogen, wenn ihm zu
Hause die Decke auf den Kopf gefallen ist. Und das war in letzter
Zeit immer häufiger. Er war oft allein
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