Spiel der Teufel
wir kaum mehr als drei Stunden zur Verfügung
haben, aber vielleicht ergibt sich ja ein andermal die Gelegenheit,
uns ausführlicher kennenzulernen.«
»Ja, vielleicht«, erwiderte Elena ebenfalls lächelnd und sah ihm
direkt in die Augen.
»Nun, wie sieht unser Plan aus?«, fragte Luschenko, ein großgewachsener,
schlanker und muskulös wirkender Mann mit
kurzgeschnittenen blonden Haaren, grünen Augen und einem
Mund, der kaum mehr als ein Strich war. Er hatte schlanke,
aber große Hände, seine Stimme war angenehm tief, doch sein
Blick verriet in gewissen Momenten die Verschlagenheit, die
ihm innewohnte. Er hatte es zu etwas gebracht, galt als einer
der reichsten und mächtigsten Oligarchen Russlands, ein linientreuer
Anhänger der regierenden Partei. Er selbst war Gouverneur
einer kleinen Provinz im Kaukasus, wo es niemanden
gab, der ihn nicht wählte, da er dort etwa hundert Millionen
Euro in soziale Projekte investiert hatte, aber auch in Betriebe,
die in Windeseile aus dem Boden gestampft worden waren und
Beschäftigung für fast alle Arbeitnehmer boten.
»Wir wollten dir als Erstes die Klinik zeigen, und danach gibt
es ein Essen. Ich hoffe, du hast Hunger mitgebracht«, antwortete
Koljakow, der, seit Luschenko aus dem Aufzug getreten
war, eine devote Haltung einnahm.
»Aber nur, wenn es Rouladen mit Kartoffeln und Rotkohl
gibt«, entgegnete Luschenko lachend.
»Als hätte ich deine Vorliebe für die traditionelle deutsche Küche
erraten«, sagte Koljakow, dessen Nervosität mit jeder Minute
mehr schwand. »Natürlich war mir dein Wunsch Befehl.
Möchtest du ein Wässerchen mit uns trinken, bevor wir unsere
Führung beginnen?«
»Nun, ich denke, der Nachmittag ist fortgeschritten und wir
können uns einen genehmigen. Dann mal eine Runde für
alle.«
Koljakow gab der jungen Dame, die für die Bewirtung zuständig
war, ein Zeichen, woraufhin sie ein Tablett mit sieben großen
Wodkagläsern brachte.
Sie hoben die Gläser, und Luschenko sagte: »Auf weitere gute
Zusammenarbeit, auf Mütterchen Russland, auf die Freiheit
und auf unsere deutschen Freunde, die uns so viel Gastfreundschaft
entgegenbringen.«
Sie tranken, selbst Elena, die Wodka verabscheute, doch sie
wollte Luschenko nicht verärgern, wusste sie doch aus Berichten,
dass er leicht reizbar war und zu Jähzorn neigte.
»So, und jetzt will ich meine Klinik sehen«, sagte Luschenko.
»Wir fahren wieder nach unten«, erklärte Elena, »dort befinden
sich die Operationssäle.«
»Ich weiß, liebe Elena, ich weiß, ich war schon einmal hier, als
die neue Station eingeweiht wurde. Da warst du aber noch
nicht hier, denn an ein Gesicht wie deines hätte ich mich erinnert.
«
»Doch, ich war hier, aber noch nicht die rechte Hand von Ilja«,
korrigierte sie ihn. »Deshalb sind wir uns damals nicht begegnet.
«
»Ah, ich verstehe. Aber sag, wie sind die Sicherheitsvorkehrungen?
Wer weiß alles, dass ich hier bin?«
»Niemand außer Ilja, Igor und mir. Die andern werden denken,
dass du ein potenzieller Patient bist.«
»Sehr gut, sehr, sehr gut. Nicht, dass ich das Licht der Öffentlichkeit
scheue, aber in manchen Situationen ist es besser, im
Hintergrund zu bleiben.«
Luschenko wurde durch die Station geführt, warf einen Blick
in jeden Raum, außer in jenen, in dem gerade operiert wurde,
ließ es sich jedoch nicht nehmen, für eine ganze Weile stehenzubleiben
und die Operation durch eine Glasscheibe zu verfolgen.
»Was wird hier gerade operiert?«, fragte er.
»Leber und Bauchspeicheldrüse. Eine sehr komplizierte und
zeitaufwendige Operation. Aber wenn du auf den Monitor
schaust, siehst du, dass die Patientin wohlauf ist.«
In den folgenden zehn Minuten wurde kein Wort gewechselt,
doch Luschenkos Gesichtsausdruck verriet seine Gedanken -
er schien äußerst zufrieden mit dem Gesehenen. Schließlich,
nachdem er genug gesehen hatte, drehte er sich um und sagte
zu Koljakow: »Es gefällt mir, aber ich wusste die ganze Zeit,
dass ich mich auf dich verlassen kann.«
Koljakows Miene hellte sich auf. Ein Kompliment von Luschenko
war mehr wert als ein dicker Scheck, doch mit einem
Kompliment würde auch sein Konto weiter gefüllt werden.
»Wie ausgelastet seid ihr in der nächsten Zeit?«, wollte Luschenko
wissen.
»Ich habe dir eine Liste vorbereitet, darauf kannst du sehen,
dass allein in den kommenden zwei Monaten knapp über
zweihundert Operationen anstehen, wobei die Nachfrage
steigt.
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