Spiel der Teufel
eigene Welt mit hergebracht,
einschließlich ihrer Kultur, ihrer Geschichte und ihres
verdammten Lächelns. Tut mir leid, wenn ich so rede, aber das
ist nun mal so. Ich spreche nur aus jahrelanger Erfahrung.« Er
atmete einmal tief durch und fuhr fort: »Und trotzdem geh ich
gern chinesisch oder vietnamesisch essen. Schmeckt einfach
verteufelt gut und belastet meinen Geldbeutel nicht allzu sehr.
Ich hab nichts gegen die persönlich, ehrlich, aber wenn du in
dieser Abteilung arbeitest, kriegst du manchmal einfach nur
das große Kotzen.«
»Versucht's trotzdem«, sagte Henning.
»Natürlich. Aber mal 'ne andere Frage: War die Kleine tätowiert?
«
Henning machte ein ratloses Gesicht, das Hinrichsen sofort zu
deuten wusste.
»Okay, ich seh schon, du hast keine Ahnung. Wenn sie zum
Organisierten gehört hat, dann war sie garantiert auch tätowiert.
Die Russen protzen mit ihren Tattoos, die haben alle
möglichen Symbole, vor allem, wenn sie im Knast waren. Bei
den Vietnamesen sind's eher kleine, unauffällige Zeichen, die
du nie dahingehend deuten würdest, dass der Träger eines solchen
Tattoos einer kriminellen Vereinigung angehört.«
»Du hast recht, ich kann's dir nicht sagen, weil sie vollständig
bekleidet war, als sie gefunden wurde. Aber Lisa und ich fahren
sowieso nachher in die Rechtsmedizin«, sagte Henning, der
dies eigentlich nicht vorgehabt hatte, nun aber neugierig geworden
war.
»Schaut, ob sie tätowiert ist, und lasst Fotos davon machen.
Wir sind nämlich auf der Suche nach neuen Tattoos, wobei wir
noch längst nicht alle entschlüsselt haben. Wie gesagt, die
halten's Maul, wenn wir Fragen stellen.«
»Und es gibt überhaupt keinen Weg, an die ranzukommen?
Gab es nie einen Informanten aus deren Reihen?«
»Natürlich gab und gibt es Informanten. Aber das Komische
ist, dass die wenigen, mit denen wir bisher gesprochen haben,
nur Bruchstücke von dem wissen, was wirklich abgeht. Keiner
weiß über die gesamte Struktur Bescheid. Die Kleinen, die auf
der unteren Ebene, kennen selbst nicht alle Zeichen, nur die,
die für ihr Betätigungsfeld notwendig sind.« Hinrichsen hob
die Schultern und meinte bedauernd: »Du siehst, wir haben ein
gewaltiges Problem. Aber wenn wir euch irgendwie behilflich
sein können, lasst es uns wissen. Damit meinen wir in erster
Linie Gerd. Er war ein prima Kerl und hat's nicht verdient, so
übern Jordan geschickt zu werden.«
Henning nickte. »Wir hätten euch sowieso mit einbezogen,
deshalb sind wir ja hier. Wann können wir mit den Dienstplänen
rechnen?«, fragte er Ziese.
»Wartet einen Moment, wir bringen das schnell zu Ende, ihr
habt nämlich meinen Einsatzplan für heute gewaltig durcheinandergewürfelt.
Aber was soll's. Männer, macht euch an die
Arbeit und hört euch in der Szene um. Wir sehen uns später.«
Die vier Beamten erhoben sich fast gleichzeitig. Hinrichsen sah
Henning kurz, aber intensiv an, als wollte er ihm etwas mitteilen,
ging dann jedoch an ihm vorbei, ohne sich noch einmal
umzudrehen. Nachdem die Tür ins Schloss gefallen war, sagte
Ziese, der aufgestanden war: »Warum wollt ihr mich unbedingt
allein sprechen?«
»Das haben wir doch schon gesagt.«
»Bitte versucht nicht, einen alten Hasen wie mich zum Trottel
zu machen. Ihr bekommt selbstverständlich seine Dienstpläne
und was immer ihr sonst noch wollt. Ich bitte nur darum, dass
ihr mir nichts vorenthaltet.«
»Hatten wir nicht vor«, sagte Santos schnell. »Wir müssen aber
noch ein paar Details mit dir bereden. Zum Beispiel, woran
Gerd zuletzt gearbeitet hat.«
»Moment, das kann ich euch gleich sagen.« Er holte einen
Hängeordner aus seinem Schreibtisch, schlug ihn auf, blätterte
ein paar Seiten um und schüttelte den Kopf. »Ganz normaler
Kram. Hier, seht selbst.« Er schob den Ordner über den Tisch.
»Ich sehe jedenfalls nichts, was den Mord an ihm erklären
könnte. Der einzige größere Einsatz war zusammen mit ein
paar Kollegen vom LKA, als ein Tipp einging, dass ein Frachter
mit Illegalen an Bord anlegen würde. Die haben das Schiff
sofort nach Andocken mit einem SEK gestürmt und alles
durchsucht, aber Fehlanzeige. Da hat uns jemand ganz offensichtlich
an der Nase rumgeführt.«
»Und wann war das?«, fragte Henning beiläufig, während er
weiter in dem Ordner blätterte, ohne jedoch auf etwas Nennenswertes
zu stoßen.
»Vorletztes Wochenende. Warum?«
»Nur so. Wie es auf den ersten Blick aussieht, hatte sein
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