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Spiel der Teufel

Titel: Spiel der Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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die finanziell weniger Gutgestellten.
Und je tiefer ich mit der Gabel gehe, desto ärmer werden
die Menschen. Und nun stellen Sie sich vor, Ihre Frau oder
eines Ihrer Kinder würde schwerkrank. Sie lieben Ihre Familie
mehr als sich selbst, aber Sie sind hilflos. Alles, was Sie haben,
ist Ihr Geld. Ich spreche bewusst nicht von Herz. Nehmen wir
an, bei Ihrer Frau wird eine schwere Lebererkrankung diagnostiziert
und ihr wird gesagt, dass sie eine neue Leber benötigt,
weil sie sonst sterben müsse. Das Problem ist nur, Ihre
Frau würde auf der Empfängerliste ganz weit unten stehen,
und die Hoffnung, rechtzeitig ein passendes Spenderorgan zu
finden, ist verschwindend gering. Würden Sie da nicht nach andern
Möglichkeiten suchen, um dem Tod ein Schnippchen zu
schlagen? Seien Sie ganz ehrlich, würden Sie nicht Ihr Geld
nehmen und einen andern Weg suchen, um Ihrer schwerkranken
Frau ein neues Leben zu schenken? Einen Weg, der jenen
unter dem Strich verschlossen bleibt?« Koljakow zog die Stirn
in Falten und sah Loose durchdringend an.
    »Ich kann diese Frage nicht beantworten, ich war glücklicherweise
nie in einer solchen Situation«, sagte Loose mit belegter
Stimme und gesenktem Blick.
    »Ich bitte Sie, ein wenig Phantasie werden Sie doch wohl aufbringen.
Sie würden es genau so tun, wie ich Ihnen sagte. Und
Sie würden eine Lösung finden, denn jeder, der genügend Geld
hat, findet eine Lösung für ein Problem, das mit Geld aus der
Welt zu schaffen ist. Und dabei spielen moralische Bedenken
auf einmal keine Rolle mehr. Sie würden nicht mehr daran denken,
dass Sie vielleicht etwas Unrechtes tun, weil Ihre Gedanken
allein bei Ihrer Frau sind, die Sie über alles lieben. Sie würden
auch nicht fragen, woher die neue Leber stammt, Sie würden
es gar nicht wissen wollen, denn es geht auf einmal nur
noch um das Wohl Ihrer Frau.«
    Koljakow machte eine Pause und registrierte jede Regung in
Looses Gesicht.
    »Was soll das?«, fragte Loose. »Wollen Sie mir hier die moralische
Unbedenklichkeit Ihres Handelns erklären?«
    »Nein, ich will nur, dass Sie sich in die Lage derer versetzen,
die verzweifelt sind. In den Medien wird immer über die verzweifelten
Armen geschrieben, aber dass es auch unter den
Reichen arme und leidende Menschen gibt, darüber berichtet
man nicht. Ständig wird über Hartz IV und die zunehmende
Armut in diesem Land geschrieben, aber das ist der Lauf der
Welt. Es gibt Gewinner und Verlierer. Glauben Sie mir, ich
wünschte mir auch nichts sehnlicher als eine Welt, in der alle
gleich behandelt werden, aber das ist Wunschdenken. So eine
Welt wird es nie geben. Und nun sagen Sie mir, was Sie tun
würden, wenn Sie für eines Ihrer Familienmitglieder ein neues
Organ benötigen würden? Oder für sich selbst? Die Dinge einfach
hinnehmen und es als Schicksal abtun oder als von Gott
gewollt? Niemals. Sie würden kämpfen, und Ihre effektivste
Waffe wäre Ihr Geld. Und was wäre das Resultat?« Koljakow
ließ sich zurückfallen, breitete die Arme aus und fuhr mit ernster
Miene fort: »Sie würden gewinnen. Und Sie hätten keine
Skrupel und kein schlechtes Gewissen, weil Sie nur noch froh
wären, Ihre über alles geliebte Frau wiederzuhaben. Und behaupten
Sie jetzt nicht, dass das nicht stimmt, denn das würde
ich Ihnen nicht abkaufen.«
    »Ich sagte doch schon, ich kann diese Frage nicht beantworten.
Das Einzige, was ich bis jetzt von Ihnen höre, sind Klischees.«
    »Herr Loose, die ganze Welt ist ein einziges Klischee, nur wollen
wir es nicht wahrhaben. Der schwule Friseur, der korrupte
Polizist, die dumme Blondine, die Liste ließe sich beliebig lange
fortführen. Und Sie könnten meine Frage schon beantworten,
Sie wollen es nur nicht. Und warum nicht? Ich sage es Ihnen
- Sie sind wie jeder andere auch, Sie wollen der Wahrheit
nicht ins Gesicht sehen. Denn würden Sie es tun, was würden
Sie sehen? Auch das sage ich Ihnen - sich selbst. Aber gut, ich
respektiere Ihre Haltung, denn ich dachte früher ähnlich wie
Sie, bis ich merkte, dass die Spielregeln des Lebens ganz anders
sind, als ich mir immer vorgaukelte ...«
    »Woher wollen Sie wissen, was ... ?«
    »Lassen Sie mich bitte ausreden«, sagte Koljakow mit sanfter
Stimme und verklärtem Blick. »Ich träumte wie Sie und die
meisten andern von einer besseren Welt und musste irgendwann
ernüchtert feststellen, dass es diese bessere Welt nicht
gibt und auch nie geben wird. Und wenn Sie ganz

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