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Spiel des Lebens 1

Spiel des Lebens 1

Titel: Spiel des Lebens 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Etzold Veit
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Vater, etwas jünger und schmaler als er jetzt war, die Augen tief in den Höhlen, die Wangen eingefallen, so wie ein Mann halt aussieht, der seit Jahren nicht geschlafen hatte.
    Untreue …
    Sie las weiter.
    Offenbar hatte ihr Daddy damals so viel zu tun gehabt, dass er Mary Lawrence mehr und mehr Aufgaben übertragen hatte. Am Ende hatte er ihr sogar die Vollmacht für sein Bankkonto und später die Codes fürs Online-Banking seines Kontos gegeben, damit sie Überweisungen für ihn durchführen konnte und er sich damit nicht abgeben musste. Anscheinend hatte sie ihren Job gut gemacht. Auf einer Kopie war ein Brief an das Führungsgremium der Investmentbank, bei der er arbeitete, mit der Unterschrift ihres Vaters. In dem Brief setzte er sich für einen besonders hohen Bonus für Mary wegen besonderer Leistungen ein. Ihr Dad hatte oft davon erzählt, wie wichtig es war, eine gute Sekretärin zu haben, die einem den Rücken freihielt. Am Ende hatte Mary offenbar fast alles für Thomas Waters erledigt. Ihre Mum hatte von der Zeit erzählt, damals in den Neunzigern, als Daddy gerade Partner in der Bank geworden war und fast vierundzwanzig Stunden am Tag gearbeitet hatte. Offenbar war er so beschäftigt gewesen, dass er alles, aber auch wirklich alles, an Mary delegiert hatte. Restaurantbestellungen, geschäftlich und privat, Buchen von Urlaubsreisen für die Familie, Überweisung aller Rechnungen, den Gärtner für die Villa bestellen, Handwerker, Sicherheitsfirmen und so weiter, und so weiter. Manchmal fragte sie sich, was ihre Mum eigentlich die ganze Zeit gemacht hatte? Wahrscheinlich war es ihre Aufgabe gewesen, Bilder zu malen, die keiner kaufen wollte und sich ansonsten unnötige Sorgen um Emily zu machen.
    Sie blätterte weiter.
    Jetzt kamen wieder Dokumente mit dem Briefkopf des Anwalts der Bank, mit einem roten Ausrufezeichen versehen und mit Post-its markiert. Darauf waren Kontobewegungen abgebildet. Geldbeträge, die von Thomas Waters’ Konto überwiesen wurden. Die Geldbeträge waren zunächst noch überschaubar. Fünfhundert Pfund. Tausend Pfund. Doch einmal stiegen sie auf 20 000 Pfund. Na ja, ihr Vater war kein armer Mann, das wusste sie schließlich.
    Dann stutzte Emily plötzlich. Das Konto, auf die die Zahlungen gingen, war kein Konto von irgendeiner Servicefirma oder dem Gärtner.
    Es war das Konto von Mary Lawrence.
    Emily schüttelte den Kopf, blickte kurz aus dem Fenster und blinzelte in die untergehende Sonne, die sich in den Zweigen des Apfelbaums vor dem Fenster brach. Diese Mary hatte Geld vom Konto ihres Vaters auf ihr eigenes Konto überwiesen.
    Darum der Prozess.
    Jetzt wurde es spannend. Sie blätterte weiter.
    Anzeige vonseiten der Bank wegen Untreue. Stellungnahmen ihres Vaters.
    Insgesamt hatte Mary Lawrence über die Jahre hinweg mehr als zweihunderttausend Pfund vom Konto ihres Vaters auf ihr eigenes Konto überwiesen!
    Und dann stutzte sie noch einmal.
    Denn normalerweise wäre jeder bei einem solchen Vertrauensbruch vollkommen empört gewesen, hätte sich dafür ausgesprochen, dass Mary fristlos gekündigt würde und das Geld sofort zurückzahlt.
    Ihr Vater offenbar nicht.
    Sie las die Stellungnahme ihres Vaters, die er wohl während des Prozesses gegen Mary vorgetragen hatte.
    Ja, verdammt noch mal, 200 000 Pfund sind weg, na und? Ich hab’s nicht mal gemerkt, also kann es so schlimm nicht gewesen sein. Ich konnte es auch gar nicht merken! Ich habe in dieser Zeit mehr als hundert Stunden die Woche gearbeitet, Tag und Nacht, Wochenenden, Urlaub, immer. Ich habe im Büro und im Flugzeug gelebt und überhaupt nicht mehr geschlafen. Wie soll mir das da aufgefallen sein, verdammt noch mal?
    Ja, ich würde mich freuen, wenn Mary das nicht wieder tut. Aber sie jetzt zu kündigen, wisst ihr, was das für mich bedeutet? Sie mir einfach wegzunehmen? Wisst ihr, wie selten gute Sekretärinnen sind? Ich muss dann wieder so ein neues, blödes Blondchen einarbeiten und kann mich nicht um meine Deals kümmern. Und auch wenn Mary mir noch mal 200 000 Pfund wegnimmt, sie weiß genau, was ich brauche, wie ich es brauche, sie macht alles perfekt. Ich muss mich nicht um Kleinkram kümmern, sondern kann mich ganz meinen Deals widmen. Dadurch habe ich den Kopf frei! Gegen den Bonus, den ich dadurch mehr bekomme, sind die 200 000 ein absoluter Witz! Selbst wenn sie mir das jedes Jahr wegnehmen würde. Was stellt ihr euch so an? Von mir aus belegt Mary mit einem Bußgeld, schimpft sie aus oder nehmt ihr

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