Spiel des Schicksals
es hier denn eigentlich?« Wilbur Arnes verhielt sich bemerkenswert ruhig, wenn man bedachte, daß er die Entdeckung eines Grabes geheimhielt und mit Schmugglern Geschäfte machte. Das heißt, falls ein solches Grab überhaupt existierte und falls Rossiter der war, für den Achmed ihn ausgab.
Ich zog meine Hand zurück und beobachtete Achmed aus dem Augenwinkel. Schweitzer war am Abend zuvor in Luxor gewesen, und Adele war am Abend zuvor verschwunden, und ich hatte in der Nacht zuvor Achmed mit Schweitzer gesehen. Was für ein Zufall! In dem Zelt war es einigermaßen kühl und ziemlich dunkel. Das Innere wurde nur von einigen schwachen Glühbirnen erhellt. Ich ließ meinen Tee unberührt und saß da und beobachtete. Achmed erklärte nur kurz, daß ein Brief von Adele mich dazu veranlaßt hatte, nach Luxor zu kommen.
»Sie wird irgendwann im Laufe des Tages auftauchen, Miss Harris. Da bin ich ganz sicher. Und sie wird sich unheimlich freuen, Sie hier zu haben. Soviel sie auch für Paul empfindet, Camping ist nicht gerade die Stärke Ihrer Schwester.«
»Für Paul empfindet? Was meinen Sie damit?«
»Oh, das wußten Sie nicht? Ich dachte, sie hätte es vielleicht in ihrem Brief erwähnt. Ihre Schwester hat ein Verhältnis mit Dr. Jelks.«
Mein Blick huschte unwillkürlich zu Achmed hinüber. »Genaugenommen sind sie bereits verlobt.«
So, das war es also. Adele war noch tiefer in das hier verwickelt, als ich angenommen hatte. Dieser betrügerische Ägyptologe, Paul Jelks, bediente sich meiner unschuldigen Schwester, um seine gestohlenen Schätze an einen Hehler zu verkaufen. Auch Wilbur Arnes erschien mir in keinem allzu günstigen Licht. Es würde schwierig, wenn nicht gar unmöglich sein, Adele von alledem wegzubekommen. Ich bezweifelte sogar, daß sie sich von mir überzeugen ließ, wenn ich ihr über Rossiter berichtet hätte.
Ich wollte gerade eine weitere Frage stellen, als das Licht plötzlich ganz ausfiel und ein Schatten im Zelteingang auftauchte. »Hallo!« grüßte eine andere fröhliche Stimme. »Ist Adele schon zurück?«
»O Paul. Wir haben Gäste. Ich möchte dich mit Adeles Schwester Lydia Harris bekannt machen.«
Ein übers ganze Gesicht strahlender junger Mann kam geradewegs auf mich zu und ergriff meine Hand. »Wie schön, Sie kennenzulernen! Ich habe schon viel über Sie gehört!«
»Und dies«, fuhr Dr. Arnes fort, »ist Achmed Raschid von der Behörde für Altertümer.«
Paul Jelks’ Gesichtsausdruck änderte sich nicht, aber sein Händedruck erschlaffte sofort. »Guten Tag. Was kann ich für Sie tun?«
»Ich führe in der Gegend eine Routineinspektion durch. Wie kommen Sie mit der Arbeit voran?«
»Prima! Einfach prima!«
Dr. Jelks ging mit großen Schritten zum Gaskocher, wo er sich Tee einschenkte. Er war genau der Typ, für den Adele schwärmte: groß, muskulös, stattlich und blond. Er war nicht älter als fünfunddreißig und hatte ein sonnengebräuntes Gesicht und schwielige Hände; sein flachsfarbenes Haar war ungewöhnlich kurz geschnitten. Als er sich mit einem unbeschwerten, breiten Lächeln neben mich setzte, wünschte ich fast, er hätte ein wenig finsterer ausgesehen. »Und was führt Sie nun hierher, meine liebe Lydia?«
»Adele schrieb mir, ich solle zu ihr kommen.«
»Ach, wirklich? Das hat sie mir nie erzählt. Und wo ist meine launenhafte Verlobte jetzt? Ohne Zweifel zieht sie wieder von einem Modegeschäft zum nächsten.« Dann erhob er plötzlich die Stimme und rief ein paar Worte in ziemlich perfekt klingendem Arabisch, worauf im offenen Eingang der Kopf eines Mannes erschien, dem er forsche Befehle erteilte.
»Ich habe ihn nach Luxor geschickt, um Adele zu holen. Natürlich hätte sie Sie sicher gern als erste getroffen.«
Ich hörte einen Motor anspringen und danach Reifen sich knirschend über den Sand bewegen. Ich ging natürlich davon aus, daß es das war, was er dem Mann gesagt hatte. Aber da ich kein Arabisch verstand, konnte ich es nicht mit Sicherheit wissen.
»Nun, Mr. Raschid, würden Sie sich gerne in meiner Dunkelkammer umsehen? Ich kann Ihnen die Früchte meiner Arbeit zeigen. Bemerkenswerte Wandgemälde in diesem Sethos-Grab. Und jetzt, da der Sommer fast vorüber ist und wir schon auf November zugehen, können wir mit kühleren Tagen rechnen. Gott, diese verdammte Hitze ist eine Plage!«
Als nächstes sprach Dr. Arnes: »Können wir Sie im Camp herumführen?« Bis dahin schwiegen alle anderen. »Es steht Ihnen frei, alles zu inspizieren,
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