Spiel des Schicksals
erlauben…«
Ich war drauf und dran, ausfallend zu werden, als sich eine dritte Stimme mit den Worten einmischte: »Vielleicht kann ich hier behilflich sein.« Mein Herz machte einen Satz, als ich sah, wer es war. Mit der übertrieben großen Sonnenbrille, hinter der er seine Augen verbarg, und der Zeitung, die er unter seinem Arm zusammengerollt hatte, war es derselbe dunkelhäutige Mann, den ich morgens am Flughafen und anschließend in der Empfangshalle gesehen hatte. »Ich konnte es nicht vermeiden, Ihr Gespräch mitanzuhören, und fragte mich, ob ich, der ich ebenfalls als Tourist hier bin, nicht irgendwie helfen könnte.«
Ich gaffte den Mann an. Er sprach ausgezeichnet Englisch, und seine Stimme klang weich und näselnd. Er hatte kurzes, lockiges Haar und kupferfarbene Haut und war mittelgroß. Er trug einen schwarzen Anzug, dazu ein weißes Hemd und eine schmale Krawatte. Ich weiß nicht, warum, aber ich faßte auf der Stelle eine Abneigung gegen ihn.
»Es ist schon gut, danke. Ich komme schon allein zurecht.«
»Sie sagen, Sie suchen nach Ihrer Schwester?«
»Sie wohnte hier im Hotel, doch dieser Herr behauptet, es gebe keine Eintragung von ihr. Ich habe aber ganz bestimmt mit jemandem gesprochen…«
Der Fremde sagte etwas auf italienisch zu dem Angestellten, worauf dieser nur mit den Schultern zuckte.
»Dann ist es doch ganz einfach«, fuhr er auf englisch fort. »Wir werden selbst in den Eintragungen nachsehen.«
Als der Angestellte protestieren wollte, hob der Fremde eine Hand und meinte mit größter Liebenswürdigkeit: »Wir versuchen nur, Ihnen Zeit und Ärger zu ersparen. Morgen wird die junge Dame zuerst zur amerikanischen Botschaft und anschließend zur Polizei gehen. Spätestens dann werden wir ins Gästebuch Einsicht nehmen.«
»Sie müssen meine Lage verstehen«, gab der Italiener, ungerührt von der Drohung, zur Antwort. »Unsere Gästeliste muß vertraulich behandelt werden. Ich kann nicht jedem ohne besondere Anweisung Einblick gewähren. Wenn Sie zur Polizei gehen müssen, dann tun Sie das, aber wir müssen auf die Privatsphäre unserer Gäste Rücksicht nehmen.«
»Gewiß«, erwiderte der andere Mann. »Diese junge Frau ist den ganzen Weg von Amerika hierhergekommen, um ihre Schwester zu finden. Und nun muß sie feststellen, daß sie allenfalls von der Polizei Hilfe erwarten kann.«
»Ich würde Ihnen gerne helfen, Signore.«
»Können wir mit dem Geschäftsführer sprechen?«
»Aber selbstverständlich!« Der Angestellte ging weg und war vermutlich froh, von der Verantwortung entbunden zu sein. Als er von der Rezeption wegeilte, musterte ich erneut den Mann, der mir seine Hilfe aufdrängte, und fragte mich, wie er wohl ohne diese Sonnenbrille aussah.
»Sie müssen sich wirklich keine Umstände machen, Mr…«
»Verzeihen Sie mir. Mein Name ist Achmed Raschid.« Ich muß wohl ziemlich die Augen aufgerissen haben. Warum ich eigentlich so überrascht sein sollte, einen Araber in Rom zu treffen, weiß ich nicht, außer, daß mich bei seinem Anblick gleich zu Beginn – am Leonardo-da-Vinci-Flughafen – ein komisches Gefühl beschlichen hatte. Jetzt hatte ich ein ganz und gar absonderliches Gefühl. »Mein Name ist Lydia Harris. Ich werde wirklich alleine damit fertig.«
»Nicht der Rede wert. Das italienische Volk ist äußerst gastfreundlich und entgegenkommend. Und dies hier ist ein sehr feines Hotel. Wir werden Ihre Schwester in Kürze finden.« Wir? wunderte ich mich.
Der Angestellte kam mit einem anderen Mann zurück. Er wurde uns als der stellvertretende Geschäftsführer des Hotels, Mr. Mangifrani, vorgestellt. Der Angestellte hatte ihm den Sachverhalt bereits auseinandergesetzt. Mit einem strahlenden Lächeln und einer freundlichen Handbewegung forderte er uns auf, ihm in sein Büro zu folgen, wo er uns zu einem Tee einlud und uns gestattete, die letzten Gästelisten durchzusehen.
»Es tut mir wirklich furchtbar leid, daß Sie solche Unannehmlichkeiten haben, Miss Harris. Ich wünschte aufrichtig, wir könnten Ihnen weiterhelfen. Doch wie Sie selbst sehen, war Ihre Schwester niemals hier registriert.« Er verhielt sich höflich und entgegenkommend, und hinterher fühlte ich mich wegen meines ungehörigen Benehmens ein wenig schuldig. Es war sonst gar nicht meine Art, quasi in der Öffentlichkeit herumzuschreien. Mr. Mangifrani, seiner Art nach so typisch für das Hotel Palazzo Residenziale, war mehr als hilfsbereit gewesen und hatte sich ehrlich bemüht, uns
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