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Spiel des Schicksals

Spiel des Schicksals

Titel: Spiel des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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Karnak und wieder zurück fahren. Oder um Luxor herum. Würde Ihnen das gefallen?«
    »Ja, das wäre sehr schön.«
    Wir mußten nicht lange warten, bis eine leere Kutsche vorbeikam und Achmed Raschid sie herbeiwinkte. Er half mir in den Wagen und wies den Kutscher an, zum Karnak-Tempel zu fahren. Dann setzte er sich zu mir auf den Rücksitz und begann, mir ein wenig über ägyptische Geschichte zu erzählen.
    Doch ich hörte nicht recht zu. Meine eigenen Gedanken schweiften ab, schwangen sich empor über den graublauen Fluß und schauten hinunter auf die Welt. Wer auch immer diese Lydia Harris einst gewesen war, sie hatte sich verändert. Sie hatte sich in diesen letzten zehn Tagen so sehr verändert, daß es schwerfiel, sich daran zu erinnern, wie sie einst war.
    Nein, es war mehr als eine Veränderung… es war fast, als ob ich erwacht sei. Auf dieser Fahrt in der Kutsche mit Achmed Raschid erkannte ich, daß ich es mein ganzes Leben lang vermieden hatte, mich in einen Mann zu verlieben. Man konnte natürlich darüber spekulieren und Theorien aufstellen, doch die Tatsache blieb, daß ich der Liebe den Rücken gekehrt hatte.
    Wie lächerlich, daß ich mich immer für eine mutige Frau gehalten hatte, die jeder Herausforderung unerschrocken die Stirn bot und sich ihr stellte. Ich hatte in meinem Leben unzähligen Herausforderungen getrotzt und hatte große Mühen auf mich genommen, um sie zu bewältigen. Aber eigentlich war ich gar nicht mutig gewesen und hatte es auch nicht mit wirklichen Herausforderungen zu tun gehabt. Denn die größte Herausforderung von allen war, sich zu verlieben, und davor hatte ich Angst.
    Als ich meine Blicke über die Landschaft um uns her schweifen ließ, musterte ich beiläufig den Mann an meiner Seite. Mein ganzes Leben war von Gegenständen und Sachen bestimmt gewesen. Ich hatte mich von Menschen ferngehalten und enge Beziehungen vermieden. Aber jetzt machte ich einen Wandel durch. Ich hatte es zuerst in Kairo bemerkt und fühlte, wie es in mir anwuchs. Eine Stärke, vielleicht sogar ein Mut, den ich nie zuvor gekannt hatte. Achmed Raschid war längst verstummt. Ich hatte nichts von dem mitbekommen, was er mir über ägyptische Geschichte zu vermitteln versuchte. Er starrte mit seinen ausdrucksvollen Augen hinüber zum Straßenrand. Auch er war tief in Gedanken versunken. Ich fragte mich, was er wohl von mir dachte. Und ich fragte mich auch, was mit uns geschehen würde, wenn das alles vorüber war. Er ist so fremdartig, dachte ich bei mir, und Welten liegen zwischen uns. Ist es möglich, daß ich mich in diesen Mann verliebe? »Die Widderallee«, hörte ich seine Stimme. Ich sah Achmed an. »Wie bitte?«
    »Sie haben mich gefragt, was das für Statuen sind.«
    »Tatsächlich?«
    »Es sind kauernde Widder, die zu den Pylonen der Tempelanlage von Karnak führen. Große pharaonische Prozessionen zogen einst zwischen ihnen hindurch.«
    Ich fuhr fort, Achmed Raschid anzustarren. »Ich sollte alles darüber lesen«, hörte ich mich selbst sagen. »Es gibt so viel, was man darüber wissen muß.«
    Er lachte leise. »Sie haben mir nicht zugehört.«
    »Was meinen Sie?«
    »Es ist in Ihren Augen. Aber Sie sind höflich. Sie müssen jetzt nicht an Ihre Schwester denken…«
    »Ich habe gar nicht an sie gedacht. Wirklich nicht. Ich dachte an… an jemanden zu Hause.«
    »Ich verstehe. Ein Freund?«
    »Nun, ja. Er ist ein sehr guter Freund. Und er ist der einzige, der weiß, warum ich herkam. Ich versuchte, ihn von Kairo aus anzurufen…«
    »Und er arbeitet in Ihrem Krankenhaus?«
    »Das kann man wohl sagen. Er ist ein Chirurg.«
    »Ich verstehe«, antwortete Achmed Raschid wieder, obwohl ich nicht glaubte, daß er verstand. So erinnerte ich mich wieder an Dr. Kellerman, und gleichzeitig saß ich neben diesem dunkelhäutigen Mann, der mit einem fremdartigen, näselnden Akzent sprach. War es möglich, zwei Männer auf einmal zu lieben?
    Achmed Raschid schaute mir aufmerksam ins Gesicht. Als er fragte: »Warum sind Sie nicht verheiratet?« war ich nicht sonderlich überrascht.
    Und als ich mit einem Achselzucken antwortete, schien ihn das auch nicht zu verblüffen. »Warum sind Sie es nicht?« stellte ich die Gegenfrage.
    »Ich war es einmal. Meine Frau starb vor vier Jahren an etwas, das Sie Diabetes nennen. Es ging alles sehr schnell. Sie konnte nicht mehr gerettet werden.«
    »Diabetes! Das tut mir schrecklich leid.« In meiner modernen Denk weise erschien es mir unbegreiflich, daß Leute in

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