Spiel des Schicksals
meine linke Hand plötzlich unter seinen Arm schnellen und schmetterte ihn hoch, während ich mit meiner Rechten blindlings losschlug. Der Hieb mit dem Schakal hatte gesessen. Die Pistole flog durch die Luft, und Schweitzer faßte sich verblüfft an seine verletzte Schulter.
Dann drehte ich mich blitzschnell um und rannte was das Zeug hielt Richtung Ausgang. Ich stolperte über Tische, stieß Statuen beiseite und bahnte mir wie rasend einen Weg durch das wirre Durcheinander, bis ich die Tür erreichte. Ich riß sie auf, stürzte Hals über Kopf in die Menge und rannte, ohne nach links und rechts zu schauen, weiter, bis ich Achmed Raschids Arme um mich fühlte und seinen Körper an meinem spürte. »Lydia!«
»Schnell…« keuchte ich. »Lauf…«
Wir schoben und drängten uns blind durch die Menge, ohne daß uns jemand auch nur die geringste Beachtung schenkte, bis wir fern von Lichtern und Menschen eine ruhige Toreinfahrt fanden.
Ich brachte nur einzelne Worte heraus, unterbrochen von heftigem Schluchzen, als ich in Achmeds schützender Umarmung dastand. Er fragte mehrmals: »Was ist passiert?« bevor er mir den Schakal entwand und sah, daß er mit Blut bedeckt war. »Der dicke Mann…«, stieß ich hervor. »Er hatte eine Pistole…«
»Sprich nicht.« Wir beeilten uns, die Gegend um den Basar herum zu verlassen, und hasteten auf unserer Flucht durch einsame, dunkle Straßen. Wir eilten durch enge Gassen, über glitschiges Kopfsteinpflaster und durch menschenleere Seitenstraßen. Achmed schien die Gegend wie seine Westentasche zu kennen und führte mich, ohne zu zögern, weg von Lichtern und Leuten, behielt dabei jedoch stets die Richtung bei, in der das Hotel lag.
Als wir uns schließlich dem New Winter Palace näherten und uns wieder unter Fußgängern befanden, nahm er mich beiseite und sah mich an. Mein Gesicht war kreidebleich, und an meiner Bluse klebte Blut.
»Möchtest du jetzt gleich in dein Zimmer hinaufgehen?« fragte er. »Ja.«
»In der Eingangshalle werden Leute sein…«
»Das ist mir egal. Ich will hinaufgehen. Jetzt gleich.« Wir liefen durch den Garten und rannten die Stufen zum Haupteingang hinauf, wo der Türsteher glücklicherweise mit einem Taxi beschäftigt war und uns nicht bemerkte. Wir stießen selbst die Glastür auf und eilten durch die Lobby zu den Aufzügen. Wir hatten Glück, daß sich gerade, als wir ankamen, einer davon öffnete und sich unmittelbar hinter uns wieder schloß. Achmed und ich fuhren allein im Aufzug nach oben.
Sobald wir uns in meinem Zimmer befanden, sackte ich auf einem der beiden Betten zusammen, denn ich fühlte mich schrecklich schwach. Nachdem Achmed die Vorhänge zugezogen und die Tür zweimal abgeschlossen hatte, setzte er sich neben mich und öffnete seine Hand, um den Schakal zu betrachten. Blut war von seinem Schaft auf seine Finger getropft.
»Kannst du mir jetzt erzählen, was passiert ist?«
»Ja.« Ich holte tief Luft und berichtete ihm alles, was sich in Khouris Laden zugetragen hatte, und ließ auch nicht unerwähnt, daß ich gleich zu Anfang den Eindruck gehabt hatte, in eine Falle gegangen zu sein, und daß sich hinter dem Vorhang etwas geregt hatte.
»So…«, sagte er, nachdem wir eine Weile geschwiegen hatten. »Der dicke Mann, dieser Schweitzer, muß also schon dort gewesen sein, bevor du das Geschäft betreten hast. Das würde bedeuten, daß er entweder wußte, daß du dorthin kommen würdest, oder daß er mit Mr. Khouri eigene Geschäfte tätigte.«
»Woher sollte er gewußt haben, daß ich dorthin gehen würde?«
»Vielleicht von den anderen Händlern, die ihn benachrichtigt haben könnten, daß du von Geschäft zu Geschäft gingst. Daraus wird er logisch gefolgert haben, daß du möglicherweise auch Khouri aufsuchen würdest – einen bekannten Antiquitätenhändler.« Ich dachte einen Moment darüber nach. Dann schauderte ich. »Ich habe richtig zugestochen!« Die Erinnerung an das Gefühl, das ich gehabt hatte, als der Schakal sich in die fleischige Schulter des Dicken bohrte, ließ sich einfach nicht abschütteln.
Wortlos stand Achmed auf und ging ins Bad. Ich hörte das Rauschen von fließendem Wasser. Als er einen Moment später wieder herauskam und sich neben mich aufs Bett setzte, waren sowohl seine Hände als auch der Schakal sauber.
Dann schaute ich auf meine eigenen Hände – rot von Blut. »Das ist es nicht, was mich stört, Achmed. Ich bin von meiner Arbeit weiß Gott an Blut gewöhnt. Aber das hier ist
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